Mein ungezähmter Highlander
ganzen Haltung konnte man ihre Weigerung erkennen, ihre Position als Pflegerin an jemand anders abzutreten.
Rory wusste, dass sie sich die Schuld an dem ganzen Vorfall gab und sich schwere Vorwürfe wegen Alex’ Verletzung
machte. Aber er wollte auf keinen Fall, dass sie sich weiter in ihren Schuldgefühlen suhlte. »Isabel, wir müssen miteinander reden. Margaret wird eine Weile auf ihn aufpassen. Er braucht Ruhe, um sich zu erholen. Im Moment kannst du nichts für ihn tun. Komm mit.«
»Aber ich kann ihn noch nicht allein lassen. Ich muss hier sein, wenn er aufwacht und irgendetwas braucht. Bitte, ich möchte nur noch ein kleines bisschen länger bleiben.«
»Isabel, dadurch kannst du einem Gespräch nicht ausweichen. Wir werden miteinander reden. Heute Abend, nicht später. Ich habe bereits nach Margaret geschickt. Sie ist ganz erpicht darauf, bei der Pflege von Alex zu helfen. Sie gibt sich einen großen Teil der Schuld daran, was geschehen ist, und brennt darauf, es irgendwie wiedergutzumachen. Wir werden uns unterhalten. Aber zuerst nimmst du ein Bad, ruhst dich aus und isst etwas, sonst wirst du noch krank. Geh in unser Zimmer. Jetzt.« Sein klarer Tonfall ließ keinen Raum für Diskussionen.
Ihr wunderschönes kupfergoldenes Haar fiel ihr schlaff auf die Schultern und verbarg ihre Gesichtszüge, während sie so tat, als würde sie über seine Bitte nachdenken. Eine Bitte, von der beide wussten, dass es im Grunde ein Befehl war. Unruhig strich sie über Alex’ Decke, doch es dauerte nicht lange, und sie stieß einen resignierten Seufzer aus.
Sie warf das Haar nach hinten, hob das Kinn energisch und erwiderte: »Wie Ihr wünscht, Chief . Wir werden heute Abend miteinander sprechen. Ich werde jetzt in unser Zimmer gehen und tun, was du mir befohlen hast.« Sie betonte das Ende ihres Satzes, erhob sich von ihrem Platz neben Alex’ Bett, legte ihm das kühle Tuch noch einmal auf die Stirn, um ihm dann den Rücken zuzukehren und hoheitsvoll aus dem Raum zu schweben.
Um Rorys Lippen zuckte es. Der versteckte Verweis amüsierte ihn. Aber er war nun einmal der Chief, ein Mann, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen. Um die Wahrheit zu sagen, hatte er eigentlich keine Erfahrung damit, wie man einer Dame gegenüber einen höflichen Wunsch äußerte. Und er hatte schon zu lange darauf gewartet zu erfahren, was sich eigentlich in den Wäldern von Dunvegan zugetragen hatte.
Das Entsetzen wegen des Angriffs war verblasst und war durch mühsam zurückgehaltene Wut abgelöst worden. Aber erst einmal würde er sie anhören. Eines war sonnenklar: Sein Befehl, die Festung nicht zu verlassen, war komplett ignoriert worden.
Er setzte sich neben dem Bett auf den zierlichen Stuhl, dessen weiches Samtpolster immer noch warm war, und musterte nachdenklich seinen schlafenden Bruder. Dessen hageres Gesicht, das ihm so vertraut war. Die leicht gerunzelte Stirn verriet seine Gedanken. Alex’ Verletzungen hatten ihn mehr erschüttert, als er sich hatte anmerken lassen. Außer dem Schlag auf den Kopf hatten ihn die Mackenzies auch sonst schlimm zugerichtet. Es war offensichtlich, dass Isabel sich die Schuld für Alex’ Zustand gab. Geistesabwesend fuhr er sich mit der Hand durchs Haar und strich es sich aus der Stirn. Dabei schüttelte er den Kopf, als versuche er, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Rory wusste nicht, wer die Schuld an allem trug.
Seine Mundwinkel hoben sich zu einem amüsierten Lächeln. Offensichtlich stritten mehrere um diese ganz spezielle Ehre. Außer Isabel und Margaret meinte natürlich auch Colin, die Schuld dafür auf sich nehmen zu müssen, dass Alex verletzt und Isabel beinahe vergewaltigt worden war. Und wie er seinen Bruder kannte, würde natürlich auch Alex – wenn er erst einmal lange genug wach war, um zusammenhängend denken zu können, die volle Verantwortung für die Geschehnisse
jenes Tages auf sich nehmen. Jener schreckliche Tag. Allein wenn er daran dachte, drehte sich ihm schon der Magen um und er sah wieder, wie Isabel sich heftig wehrend unter dem Mackenzie lag, die Röcke bis zum Hals hochgeschoben, mit Prellungen im Gesicht und mit vor Entsetzen ganz dunklen Augen. Doch er wusste, dass es noch schlimmer hätte kommen können. Viel schlimmer. Wenn er und seine Männer nicht gerade dann gekommen wären, wenn Margaret und Colin nicht hätten flüchten können, um sie zu warnen …
Sie hatten Glück gehabt.
Rory tauchte ein Tuch in die Schüssel mit kühlem Wasser, wrang es
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