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Mein ungezähmtes Herz

Mein ungezähmtes Herz

Titel: Mein ungezähmtes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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schob die Rolle in den Ärmel seiner Tunika, über die er die Pagenjacke gezogen hatte, huschte mucksmäuschenstill aus dem Zimmer und schloss die Tür.
    Schon nach wenigen Minuten war er wieder unten. Im Gang, der zur Hintertür führte, blieb er kurz stehen, um seine
Jacke bis obenhin zuzuknöpfen. Draußen würde es kalt sein – eiskalt. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, nach der großen Kirche Ausschau zu halten, doch der böse Sahib hatte ihm befohlen, über die Zufahrt zurückzugehen, und wo die war, wusste Sangay. Er wollte gleich aufbrechen, damit er schon ein gutes Stück entfernt war, wenn die anderen Diener erwachten. Wenn der Tag dämmerte, würde der Kirchturm sicher zu sehen sein.
    Sangay fragte sich, wie lange es wohl dauerte, dorthin zu kommen. Selbst wenn er auf der Straße bleiben musste, war es in diesem Land sicher nicht weit bis zu nächsten Kirche. Ein paar Stunden vielleicht?
    Er machte sich Mut – bald hatte er die Wünsche des bösen Sahib erfüllt –, griff nach den Metallstangen, die vor die Hintertür geschoben waren, und zog sie fast geräuschlos zurück. Vorsichtig hob er den Riegel, öffnete die Tür – und schaute vor eine weiße Wand.
    Sangay war überrascht. Er konnte kaum über das Hindernis hinwegsehen. Zögernd berührte er es mit einer Hand. Weißer Sand, aber kalt, und er schmolz, wenn man ihn berührte.
    Plötzlich geriet die weiße Wand in Bewegung und begann, ins Haus zu rieseln. Schnell machte Sangay die Tür wieder zu, stemmte sich fest dagegen und schaffte es, sie wieder zu schließen.
    Schnee! Das Weiße war Schnee. Er hatte nicht geahnt, dass die kleinen Flocken sich so hoch auftürmen konnten.
    Dass sie ihn mitsamt der Rolle im Haus gefangen halten konnten.
    Verblüfft schob er die Stangen wieder vor und ging ein
Fenster suchen. Über dem eisernen Becken im nächsten Raum wurde er fündig. Hastig stieg Sangay auf den Beckenrand und stellte sich auf die Zehenspitzen, um hindurchzuschauen. Da der Schnee auch vor dem Fenster lag, konnte er es nicht aufdrücken. Draußen war es erstaunlicherweise sehr hell, obwohl der Tag erst in einigen Stunden anbrechen würde.
    Die Landschaft badete in einem weichen, perlgrauen Glanz; dem Licht des Mondes und der Sterne, das vom Schnee reflektiert wurde. Sangay hatte nicht gewusst, dass die Welt so aussehen konnte – so unberührt und kalt. Als gäbe es keine Menschen und Tiere, nur nackte Bäume und Häuser … und in der Ferne, im Osten, einen riesigen Kirchturm aus dunkelgrauem Stein, der aus der grauweißen Szenerie herausragte und sich vor dem helleren Himmel abzeichnete.
    Höchstens drei Stunden weit entfernt, schätzte Sangay, doch durch so tiefen Schnee konnte er nicht gehen.
    Er betrachtete die weißen Dünen, die den Küchenhof füllten. Vielleicht war an den anderen Seiten des Hauses weniger Schnee gefallen.
    Die nächste Stunde verbrachte er damit, hektisch von einem Zimmer zum anderen zu laufen und aus jedem Fenster zu spähen, aber anscheinend lag der Schnee überall gleich hoch. Er fand kein Fenster, das zu öffnen war, keine Tür, durch die er hätte schlüpfen können. Wo er auch hinsah, der Schnee versperrte ihm jeden Weg.
    Schließlich hörte er, dass die ersten Dienstmädchen sich regten.
    Streng ermahnte er sich, nicht zu schniefen und zu heulen, denn das Leben seiner Maataa hing davon ab, dass er dem bösen Sahib die Rolle brachte.

    Sangay betrachtete den hölzernen Zylinder, der aus seinem Ärmel lugte. Er konnte es sich nicht leisten, damit entdeckt zu werden, doch wenn er ihn wieder ins Zimmer des Colonels brachte, kam er vielleicht später nicht mehr an die Rolle heran.
    Spontan lief er zurück zur Küche, huschte über den rückwärtigen Flur und schlüpfte in eine große Vorratskammer. Sie lag nah bei der Hintertür, und er hatte Fässer darin stehen sehen. Eins davon war hinter mehreren Säcken verborgen und zur Hälfte mit Weizen gefüllt. Sangay steckte die Rolle tief in das Getreide und atmete erleichtert auf; es kam ihm so vor, als wäre seine Brust von einem eisernen Ring befreit. Dann ging er zurück in die Küche und hockte sich in der Nähe des Feuers in eine Ecke.
    Er musste nicht lange warten. Bald kamen drei Küchenmädchen gähnend und kichernd die Dienstbotentreppe herunter. Als sie ihn sahen, wünschten sie ihm lächelnd einen guten Morgen und begannen, den Tisch zu decken.
    Sangay erwiderte ihren Gruß und stand auf. Dann knipste er sein freundlichstes Lächeln an und gesellte sich

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