Mein ungezähmtes Herz
und bis das matte Tageslicht versiegte, würde es nicht mehr allzu lang dauern. Eine Suche bei Kerzenlicht war sicher wesentlich schwieriger; mit diesem Gedanken im Sinn machten sie sich daran, gründlich, aber so schnell wie möglich, sämtliche Zimmer zu kontrollieren.
Sie hatten sich darauf geeinigt, dass jede Etage für »sauber« erklärt werden musste, ehe sie sich die nächste vornahmen. Del begleitete Deliah, die dem mittleren Teil des Erdgeschossflügels zustrebte, der ihnen zugeteilt worden war. Hinter ihnen gingen Richard und Catriona, die die Räume weiter hinten, am Ende des Flügels, überprüfen sollten, während Vane und Patience bereits in dem Zimmer verschwunden waren, das der Eingangshalle am nächsten lag.
Die anderen Paare waren ähnlich im Haus verteilt, in den verschiedenen Flügeln und im zentralen Bereich rund um die große Treppe.
Viele Kammerdiener, sämtliche Zimmer- und Hausmädchen, die Zofen und persönlichen Diener – alle, die mit den Räumlichkeiten oben vertraut waren – halfen mit und durchkämmten die Kammern, die Arbeits- und Vorratsräume, sowie die Schränke, die hinter Holzverkleidungen oder zwischen größeren Zimmer verborgen waren. Unterdessen wurden an allen Treppen Pferdeknechte und Stallburschen aufgestellt.
Als sie ihren Flügelabschnitt erreicht hatten, verabschiedete Del sich mit einem kurzen Winken von Richard und Catriona, ehe er Deliah ins Billardzimmer folgte.
Sie war neben dem massiven Tisch, der den Raum beherrschte, stehengeblieben und sah sich prüfend um.
»Hier scheint es nicht viele Ecken zu geben, in denen man sich verstecken könnte.«
»An den Seitenwänden sind Schränke.« Del deutete auf die Türen, die in die Holztäfelung eingelassen waren.
»Für ein dürres Bürschchen wären sie groß genug.«
Deliah nickte.
»Ich nehme diese Seite.«
Del ging zur gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Auch wenn augenblicklich der Billardtisch den Ehrenplatz einnahm, schien das Zimmer ursprünglich anderen häuslichen Vergnügungen gedient zu haben. In den Schränken lagen Brett- und Kartenspiele und zahlreiche andere Utensilien für verschiedene Zeitvertreibe, die in adligen Kreisen im Laufe der … letzten hundert Jahre populär gewesen waren. Das jedenfalls ließ die dicke Staubschicht vermuten, die sich in manchen Schränken angesammelt hatte.
Deliah auf der anderen Seite nieste, dann schimpfte sie:
»Bäh – hier gibt’s Spinnen.«
Kurz darauf war sie am Ende ihrer Schrankreihe angelangt. Als sie sich aufrichtete, fiel ihr Blick auf die von Kordeln gehaltenen schweren Samtvorhänge, die sämtliche Fenster rahmten. Jeder der gerafften Schals war breit genug, um einen Jungen zu verbergen.
Deliah ging zu den Fenstern und begann, die Vorhänge abzuklopfen.
»Nichts zu finden.« Sie drehte sich zu Del um und hob eine Braue.
»Sollen wir weitergehen?«
Ehe er zustimmte, schaute Del noch unter dem Billardtisch nach, dann nickte er und richtete sich auf.
»Hier ist er definitiv nicht.«
Auf dieser Etage hatte man ihnen nur zwei Räume zugeteilt. Der nächste entpuppte sich als ein kleiner Salon neben dem Wintergarten. Das Zimmer war relativ klein und enthielt keine versteckten Schränke. Die beiden Kommoden, die dort standen, waren schnell durchsucht und auch vor, hinter und unter den wenigen Möbeln war rasch nachgesehen.
»Hier ist er auch nicht.« Durch das Fenster konnte Deliah Vane und Patience sehen, die die Wege im gut bestückten Wintergarten abliefen. Hin und wieder schaute einer von ihnen unter einer Palme oder hinter einer Pflanze nach, und irgendwann, als Patience sich wieder aufrichtete, sah Deliah, dass sie ihrem Gatten einen missbilligenden Blick über die Schulter zuwarf.
»Vielleicht sollten wir im Wintergarten aushelfen.«
Del trat an ihre Seite und schaute in den glasbedeckten Raum. Dann verzog er die Lippen.
»Ich denke, Vane hat alles im Griff.«
Deliah hob die Brauen und wandte sich ab.
»Wenn das so ist, sollten wir lieber im Flur warten.«
Nach Erledigung ihrer Aufgaben kehrten alle in den zentralen Bereich zurück, und als die anderen ihnen fragend entgegensahen, schüttelten sie den Kopf. Deliah betrachtete die Menschengruppen, die sich vor den Flügeln zu versammeln
begannen. Richard und Catriona kehrten auch gerade zum Eingang des Flügels zurück.
Deliah schaute nach oben und dachte an die Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bäder und Ankleidezimmer über ihnen.
»Wenn ich Sangay wäre, würde ich mich in eine
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