Mein verruchter Marquess
alles arrangieren, ohne mich dazu zu hören, dann kann ich nur vermuten, dass Sie für den Rest unseres Lebens über mich hinwegschreiten."
„Das stimmt nicht. Ich achte Sie sehr, Miss Starling."
„Nun, es fühlt sich an, als wollten Sie die Kontrolle über mein Leben übernehmen, und das schätze ich nicht sehr."
Max sagte nichts. Er dachte über ihre Worte nach. Warum war Kontrolle so wichtig für sie? fragte er sich. War das der wahre Grund, warum sie bisher jeden Bewerber abgelehnt hatte?
Wagte sie es nicht, sich selbst und ihre Zukunft in die Hand eines Mannes zu legen?
Er begann, sich in dem Zimmer umzusehen, es einzuschätzen, als würde er das Zuhause eines Prometheusianers begutachten. Was mochte dieses Zimmer über sie verraten?
„Wonach suchen Sie, Daphne? Perfektion?", fragte er.
„Natürlich nicht!", wehrte sie ab.
„Gut. Andernfalls würden Sie sehr einsam enden." Sein Blick fiel auf eine kleine Stickarbeit, die an der gegenüberliegenden Wand hing.
Sie war von unordentlicher Kinderhand gearbeitet, mit einer rosafarbenen Blume in der Mitte, einer Inschrift darüber und einer gestickten Unterschrift. Ein einfaches Geschenk, das nichts gekostet hatte, aber so liebevoll gearbeitet war.
Für Mutter. In Liebe, Daphne.
Kaum hatte er es gesehen, wusste er, was es bedeutete. Er verstand sie. Während er ein kleiner Junge in einem weit entfernt gelegenen Schloss gewesen war, dem die Regeln der Geheimhaltung eingeprügelt worden waren als Teil seiner brutalen Ausbildung, war hier in England auch ihre kleine Welt zerstört worden. Mein armes, liebes Mädchen.
Er senkte den Blick und unterdrückte den Impuls, sie in die Arme zu ziehen und festzuhalten. Jetzt begann er zumindest zu erahnen, was hinter ihrer Furcht lag.
Kaum hörbar sprach er weiter, wollte ganz plötzlich unbedingt, dass sie ihn verstand. „Ich wette, ich kann erraten, wann Sie zum ersten Mal das Gefühl hatten, dass alles außer Kontrolle gerät", flüsterte er.
„Wie bitte?", fragte sie tonlos und starrte ihn an. Er bemerkte eine Spur von Unbehagen in ihrer leisen Stimme.
„Ihr Vater hat mir erzählt, dass Sie zehn Jahre alt waren, als Ihre Mutter erkrankte. Sie konnten ihr nicht helfen.
Konnten nichts tun. Sie waren nur ein kleines Mädchen. Sicher haben Sie Angst gehabt vor der Vorstellung, was ohne Ihre Mutter aus Ihnen werden sollte."
Er drehte sich herum und sah, dass sie ihn entsetzt anstarrte. „Daphne", sagte er ruhig. „Ich werde immer dafür sorgen, dass Ihnen kein Leid geschieht."
Sie schien wütend zu werden, als hätte er sie gekränkt. „Nein." Entschieden schüttelte sie den Kopf und sah ihn vorwurfsvoll an. „So etwas kann niemand versprechen."
„Oh, ich kann sehr entschlossen sein", flüsterte er, aber mit einem zärtlichen Lächeln, als er erkannte, dass er sie nicht bedrängen sollte. Es war offensichtlich, dass er einen wunden Punkt berührt hatte. „Wie ich schon sagte, meine Liebe, ich bin nicht perfekt. Tatsächlich bin ich weit davon entfernt. Aber niemand auf dieser Welt sollte allein sein, und wenn Sie mir gehören", fügte er hinzu, „werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie glücklich zu machen."
„Wie denn?", fragte sie. In ihren blauen Augen funkelte der erlittene Schmerz, und, so schien es ihm, ihre Abscheu, weil er ihr heimliches Leid aufgedeckt hatte. „Wie können Sie behaupten, mich glücklich machen zu wollen? Sie kennen mich doch gar nicht."
„Ich weiß mehr über Sie, als Sie ahnen."
„Zum Beispiel?", fragte sie herausfordernd.
„Ich weiß, dass Sie freundlich sind zu Fremden. Sie sind geistreich. Und klug genug, um einen Dummkopf zu erkennen, wenn Sie einen sehen." Er streckte die Hand aus und schob sehr behutsam eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
Es ermutigte ihn, dass sie nicht zurückwich.
„Ihre Ehrlichkeit gefällt mir. Ihr Sinn für Humor entzückt mich. Und Ihr Herz - das Mitgefühl, das Sie diesen Kindern entgegenbringen, erweckt in mir Bewunderung und Respekt."
Zitternd sah sie ihn an.
„Sie sind tapfer", fuhr er fort, als sie sich abrupt umwandte. „Die Tatsache, dass Sie in der Bucket Lane zögerten, um sicher sein zu können, dass es mir gut geht - und dann die Geistesgegenwart zu besitzen, den Konstabier zu holen -, das alles spricht für Ihren Mut und Ihren wachen Verstand."
Sie stand ganz still und lauschte, wie ein Reh im Wald, bereit, vor ihm zu fliehen. So wie sie vor allen anderen geflohen war.
„Das gibt mir das Gefühl, dass
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