Mein Wahlkampf (German Edition)
nicht zu kennen scheint, nein, es kann dieser wohl schamloseste u. böseste aller Affen […] seinem betrübten Schöpfer im Sinne eines gemeinsamen ewigkeitlichen Hausstands gleich noch weniger gefallen als uns – zerknirschten Herzens möge auch er in die Hölle rauschen, Gott sei seiner armen Seele gnädig.»
Und noch während ich vor dem Bonobo-Gehege stehend diese letzten Worte vorlas, ereilte mich das große Gelächter meiner Inspektionsgruppe – denn gerade als ich diese schweren Anschuldigungen Henscheids referierte, hatten die Bonobos, anstatt betroffen und vielleicht sogar reuig zuzuhören, nichts Besseres zu tun, als zur allgemeinen Belustigung zähnefletschend zu masturbieren, Haufen zu setzen und dabei die Bäuche aneinanderzureiben, dass es nun aber schon ganz aus war. So durften sie, völlig überraschend und trotz ihrer stark aufgeblähten, ja schon wuchernd aufgedunsenen Geschlechtsorgane bleiben. Die versprengten Bonobo-Bumsgruppen nahmen die freudige Nachricht nahezu ungerührt hin und rammelten wie selbstvergessen weiter.
Auf der Suche nach den raren Erdferkeln kamen wir endlich ins Nachttierhaus, das so dunkel war, dass wir uns nur mühsam und mit Hilfe unserer Handy-Taschenlampen einen Weg bahnen konnten. Durch eine Sicherheitsscheibe starrten uns zwei Wüstenspringmäuse feindselig an. Das war wohl schon Tiervater Brehm so ergangen, als er «dieses leiblich recht hübsche, geistig aber umso hässlichere, boshafte und bissige Geschöpf» erforschte: «Die geistigen Eigenschaften sind nicht gerade geeignet, sie zu einem Lieblinge des Menschen zu machen. Der Zorn beherrscht ihr ganzes Wesen in einem Grade wie bei kaum einem andern Nager von so geringer Größe. Daß ein so jähzorniges Thier nicht verträglich sein kann, ist erklärlich.»
Der Platzverweis war gerade einstimmig ausgesprochen, da gellte der Schrei eines Kindes durch die düsteren Gänge: «Die Erdferkel! Hier sind die Erdferkel, ihr Honks, die sind voll süß!» Tatsächlich! Da rannten die extrem putzigen und einzigartigen Erdferkelchen wie außer sich vor Freude, dass wir endlich gekommen waren, hin und her! Dass sie mit keiner anderen Tierart nähere Verwandtschaftsbeziehungen pflegten, schien sie nicht im geringsten zu stören. Adrett schnüffelten sie mit der Röhrenschnauze im Sand und zeigten sich munter und niedlich wie nie. Das Bleiberecht wurde einstimmig erteilt, verbunden mit der freundlichen Aufforderung, sie sollten sich mal nicht so anstellen und sich nachhaltig vermehren.
Wieder draußen im Hellen, wurde ich plötzlich von zwei uniformierten Kindern begleitet: Abgesandte der Hintner-Jugend, in Tarnkleidung und roten Baretts. Ich war mir nicht sicher, wie meine neue Eskorte in der Öffentlichkeit rüberkommen würde. Vielleicht war ihr Aufzug eine Spur zu martialisch? Die Kindersoldaten verhielten sich jedoch sehr friedlich und stellten mir, als gerade die Fernsehkameras liefen, vorbildlich devote Fragen:
«Onkel, dürfen die Eulen bleiben?»
«Welche Eulen denn?»
«Na, die hier, Onkel.»
Wir standen direkt vor dem Eulengehege, wo einige Eulen auf Ästen herumsaßen und nur bedingt weise in die Gegend starrten. Von mir aus konnte man auf diese Tiere gut verzichten. Sie tragen zu einem geselligen Miteinander wenig bei, und selbst Brehm befand, dass die Eule «ihrem ganzen Wesen nach zu sehr auf den Eindruck erpicht zu sein scheint, den sie nach außen hin macht». Um vor den Medien aber einigermaßen menschlich rüberzukommen, sagte ich: «Natürlich dürfen die Eulen bleiben, du kleines Dummerchen», nahm dem Kind das Barett ab und strich mit der Hand besonders gönnerhaft durch seine hartgegelte Irokesenfrisur.
Die Paviane schlussendlich zeigten sich, wie man es von ihnen kennt: mürrisch, ja regelrecht launisch bis großkotzig. In ihnen erkannte Brehm untrüglich «die hässlichsten, rüdesten, flegelhaftesten und deshalb widerwärtigsten Mitglieder der ganzen Ordnung; wir sehen in ihnen den Affen gleichsam auf der tiefsten Stufe, welche er einnehmen kann. Jede edlere Form ist hier verwischt und jede edlere Geistesfähigkeit in der Unbändigkeit der scheußlichsten Leidenschaften untergegangen.» Einmal in Rage, verging sich der gute Tiervater Brehm fast schon in seinem Hass auf die letztlich ja auch irgendwie bedauernswert primitiven Viecher: «In ihrer sinnlichen Liebe sind die Paviane wahrhaft scheußlich. […] Geilheit und Frechheit zeigt sich bei keinem anderen Thiere in so abschreckender Weise
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