Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
junger Star, er war Stellvertretender Leiter der Abteilung für Wirtschaftsplanung. Am Ende seiner Karriere bei der Sarubeshgeologija, also 1989, war Platon gerade einmal 33 Jahre alt, für einen nach sowjetischen Maßstäben so jungen Mann hatte er bereits eine großartige Karriere hingelegt. Als Prüfer war er in Afrika, Osteuropa und Asien gewesen, wo die Sarubeshgeologija tätig war. Es heißt, er habe auch ohne Beziehungen Erfolg gehabt, allein aufgrund seiner Fähigkeiten. Er sei ein ausgezeichneter Mitarbeiter und bei Frauen sehr beliebt gewesen, erinnern sich frühere Kollegen.
Einige Zeit, nachdem Newslin und Brudno mit Chodorkowski zusammenzuarbeiten begonnen hatten, war dieser auf der Suche nach einem starken Wirtschaftsfachmann als Stellvertreter. Er wollte jemanden mit Berufserfahrung, der aber auch jung und offen für Neues sein sollte, jemanden, der ein Gespür für Entwicklungen hatte und sich auf eine wandelbare Realität einstellen konnte. Brudno und Newslin beschlossen, Platon zu überreden. Lebedew kam zu Chodorkowski, um bei ihm und unter ihm zu arbeiten, obwohl er selbst schon einige Erfahrung hatte und zudem älter als Chodorkowski war.
Leonid Newslin: »Mischa baut vernünftige vertikale Beziehungen auf: respektvoll, professionell, und er fördert die Entwicklung seiner Untergebenen. Jeder, der etwas Neues will, braucht nur in seinem Bereich Chodorkowski zu folgen, und er wird sich weiterentwickeln. Das galt für uns alle, die Mitglieder des Teams. Platon fiel es absolut nicht schwer, sich ihm unterzuordnen. Dabei hatte er immer seine eigene Meinung, äußerte diese Meinung auch und vertrat sie vehement. Er ist ein schroffer, selbstbewusster Mensch. Er kann die Beherrschung verlieren, einen Skandal anzetteln oder zu schreien anfangen, selbst zu Kränkungen ist er im Eifer fähig, aber eines muss man ihm lassen: Man kann ihm auch widersprechen, ohne dass er gleich beleidigt ist. Chodorkowski ließ allen die Freiheit, zu opponieren. Im Privatleben ist Platon ein sehr geselliger, gastfreundlicher Mensch, besonders gern hat er Schaschlik gegrillt und alle eingeladen. Ich habe ihn immer als engen Freund wahrgenommen, obwohl das mit ihm angeblich nicht so leicht ist.«
Lebedew wurde 1991 Präsident der Bank und behielt diesen Posten bis 1995. Ab 1995 gehörte die Bank der Gruppe, die sie aber nicht verwaltete. Es war Lebedew, der die Situation nach der Krise von 1998 und der Pleite der Bank klärte. Er galt als der zweite Mann in der Gruppe nach Chodorkowski. Auch formal sah es so aus – selbst später, bei Rosprom, und noch später bei Yukos. Tatsächlich neige ich der Auffassung von Christian Michel zu, wonach sich alle Mitglieder der Gruppe ergänzten, was das Team auch stark machte.
Interessanterweise erklärten viele meiner Gesprächspartner die Tatsache, dass ausgerechnet Platon – und nicht irgendein anderes Mitglied des Teams, das zu der Zeit gerade im Land war – verhaftet wurde, damit, dass die Drahtzieher des Falls Yukos ihn irrtümlich wohl für das schwächste Glied in der Kette hielten. Natürlich wurde er buchstäblich als Geisel genommen. Mir wurde berichtet, dass Platon bei Yukos den Spitznamen »der Pädagoge« hatte. Vielleicht hatten sie geglaubt, ein »Pädagoge« wäre kein Kämpfer, er wäre leicht zu brechen und würde sich auf eine Zusammenarbeit mit den Ermittlern einlassen. Wenn das stimmt, dann hatten sie sich gründlich geirrt.
Mir fällt es schwer nachzuvollziehen, welcher Logik die Staatsmacht bei ihrer Wahl einer Geisel folgte. Als der Mensch, der Chodorkowski in der Gruppe am nächsten stand, galt stets Leonid Newslin. Newslin war damals noch im Land, er reiste erst am 31. Juli 2003 aus, also fast einen Monat nach Lebedews Verhaftung (am 2. Juli 2003).
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung arbeitete Platon nicht mehr direkt bei Yukos. Er war Vorsitzender des Direktoriums der internationalen Finanzgruppe Menatep, die die Aktien der Erdölgesellschaft Yukos verwaltete. Vielleicht war das ja der Grund … Lebedew war schließlich derjenige, der auch die persönlichen Aktienpakete der Topmanager von Yukos betreute (61 Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft). Interessant ist, dass die Episode, die formal zum Anlass für seine Verhaftung genommen wurde, nämlich die Unterschlagung von 20 Prozent der Anteile der Aktiengesellschaft Apatit, schließlich wegen Verjährung aus der Anklage ausgeklammert wurde.
Alle meine Gesprächspartner konzedieren Lebedew finanzielles
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