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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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konnte. Da ein Jurist von Menatep die Verfügungsgewalt über die Aktien hatte, konnte ich sie nicht selbst verkaufen, das Verfahren machte das nicht erforderlich. Sie wurden ohne mein Zutun und auch nicht von mir direkt eingezogen.«
    Leonid Newslin: »Soweit ich mich erinnere, war die Situation folgende: Mischa sagte, wir wären alle in Gefahr. Alle, die in der Gruppe mehr als fünf Prozent der Aktien hielten, würden als Inhaber veröffentlicht. Golubowitsch wollte nicht. Daraufhin sagte Mischa, es gäbe die Variante, seinen Anteil auf unter fünf Prozent zu drücken, dann müsste man ihn nicht öffentlich machen. Er sagte: Ja, so machen wir das.
    Golubowitsch blieb bis 2006 Gesellschafter. Wir hatten ein Interesse daran, dass er seinen Nominalwert nehmen und aus der Gruppe ausscheiden würde, nachdem er sich als Verräter entpuppt hatte. Er wollte wohl auch selbst nicht so gern bleiben. Er bekam sein Geld und ging damit weg. Er hat verhandelt, wir haben auch verhandelt, und dann haben wir ihn abgelöst. Aber wir haben nur um den Preis verhandelt. Andere Gespräche hat niemand ohne ihn geführt. Er hat natürlich mit unserem Vertreter verhandelt, wie sich das gehört. Er hatte nach unserer internen Vereinbarung tatsächlich nicht allzu viele Rechte. Er konnte die Aktien nicht einfach irgendjemandem verkaufen, aber er hatte die Wahl, ob er überhaupt verkaufen wollte oder nicht. Wenn er nicht gegangen wäre, hätte er absolut proportional zu dem, was er in der Gruppe hatte, einen Besitzanteil, Geld, Dividenden und so weiter erhalten. Wir wollten, dass er geht. Die Gruppe blieb bestehen, aber ohne ihn.«
    Parteigeld
    Bis heute hält sich hartnäckig die Legende, die Menatep-Bank sei dank Parteigeld groß geworden. Und nicht nur sie. Einige Beobachter tendieren generell zu der Auffassung, das Geld der Partei sei das Startkapital des neu entstandenen russischen Business gewesen. Genau genommen ist dies Teil einer großen Legende über das Geld der Partei, das bekanntlich zwar gesucht, aber nie gefunden wurde – auch dann nicht, als Jegor Gaidar nach seiner faktischen Regierungsübernahme die internationale Kroll-Gruppe ins Boot holte. Irgendwann tauchten diese Leute bei Menatep auf und fragten: »Wo sind die Parteigelder? Legen Sie Ihre Konten offen!« Chodorkowskis Position lief auf Folgendes hinaus: »Ein Bankier, der seine Kunden preisgibt, ist wie ein Priester, der das Beichtgeheimnis verletzt. Wir werden überhaupt nichts über unsere Kunden sagen.« Ein Gespräch kam nicht zustande. Den Abgesandten Gaidars sagte man, sie sollten mit einer gerichtlichen Anordnung wiederkommen. Was sie denn ein Jahr später auch taten: Sie brachten eine gerichtliche Anordnung. Sie öffneten die Bank und stellten fest, dass es keine Parteigelder gab.
    Wladimir Dubow: »Sie waren erstaunt: ›Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?‹ ›Weil wir mit Leuten, die eine andere Einstellung zu ihren Kunden für richtig halten, nichts gemein haben wollen‹, antworteten wir. Übrigens konnten wir im Zuge dieser Geschichte Roskontrakt als Kunden der Bank gewinnen. 80 Und dann Nefteexport. Überhaupt haben wir von dieser Geschichte sehr profitiert. Auf dem Markt hatte sie sich ja herumgesprochen. Bei Roskontrakt saß zum Beispiel ein Mensch, der den Kommunisten nahestand, und der wusste unsere Position zu schätzen. Wir haben niemandes Konto verheimlicht, wir haben uns lediglich geweigert, in diesem Punkt freiwillig mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Was sie suchten, war einzig und allein ein Konto des ZK der KPdSU . Und das hatten wir nicht. Überprüfen ließ sich das in weniger als fünf Minuten, aber nur mit einem Gerichtsbeschluss. Ohne Beschluss haben wir uns schlichtweg geweigert, die Frage zu beantworten. Das waren doch nichts als Hirngespinste! Das ZK der KPdSU brauchte keine solchen Konten. Ja, bei der Avtobank gab es wirklich ein Konto, das haben sie selbst bekannt gegeben. Das war aber Kleingeld, für den Betrieb von Sanatorien zum Beispiel. Wozu brauchte das ZK der KPdSU Konten, wenn es doch von Gesetzes wegen die ganze Zentralbank kontrollierte? Es brauchte nur eine Zahlungsanweisung an die Bank auszugeben und den KGB mit der Sicherstellung der Buchung zu beauftragen. Mehr nicht! Parteigeld – das waren die Fantasien von Leuten, die keine Ahnung hatten, wie das System funktionierte.«
    Devisenlizenz
    Eine der wichtigsten Einnahmequellen der Banken zu Beginn der neunziger Jahre war die Beteiligung an Devisengeschäften.

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