Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
Vom Netzwerk:
seine Firma nicht wegen irgendwelcher Differenzen in Geldfragen. Ich verdiente ja wirklich nicht schlecht. Und zum Schluss bot er mir in dem Versuch, mich zu halten, dann noch die Realisierung eines großen und sehr kostspieligen Investitionsprogramms im Medienbusiness an. Es ist nur, dass ich früher oder später immer in Konflikt mit dem System gerate, in dem ich mich befinde, selbst wenn ich an dessen Entstehung mitgewirkt habe. Ich kann mich einfach nicht allzu lange mit ein und derselben Sache beschäftigen. Das ist so eine existenzielle Angst vor der Bestimmtheit, die anfängt, mir als Ausweglosigkeit zu erscheinen. Ich werde nervös, lege mich mit den Chefs an, beginne, nach einem Vorwand zu suchen, um zu gehen. So war das überall, wo ich gelernt oder gearbeitet habe. Wir trennten uns absolut friedlich.
    Er hat mir sehr viel gegeben. Erstens hat er mich in seine Dimensionen mitgenommen und mir die Welt aus seiner Höhe gezeigt. Zweitens ist mir in der Zusammenarbeit mit ihm klar geworden, wozu und worin ich gut war. Er hat nicht versucht, mich zu ändern, sondern mich dahin geschickt, wo meine Eigenheiten Wirkung entfalten konnten. Ich habe begriffen, dass selbst einige meiner negativen Seiten rentabel sein können. Und einzelne vermeintliche Vorzüge überhaupt nicht produktiv. Das heißt, ich habe aus mir ein Werkzeug, das einzige mir gehörende Produktionsmittel gemacht. Ich habe verstanden, wozu ich tauge und wozu nicht. Das hat er mir beigebracht.
    Ich sagte schon, dass er kühl und zurückhaltend wirkt. Und vorsichtig. Aber der Eindruck trügt! Wenn er ein Krebs ist, dann ein völlig abgebrühter, der niemals zurückweicht. Unter seinem Panzer steckt unendlich viel Stolz, Geltungsdrang, Sturheit, Großmut, Verstand und Kraft. Wie bei vielen genialen Menschen ist es auch bei ihm nicht etwa so, dass er juristische und moralische Grenzen nicht anerkennen würde – er hat nur Mühe, sie zu erkennen. In Wahrheit ist er ein sehr unvorsichtiger, verwegener Mensch.«
    Leonid Newslin: »Slawa war sehr effizient. Auf Beschluss der Gruppe war er bald dafür zuständig, über Leute in der Regierung die Umsetzung von Projekten sicherzustellen, und das tat er erfolgreich. Es ging dabei um kommerzielle Projekte, deren Realisierung von Beamten abhing. Er gewährleistete, dass die Beschlüsse der Beamten umgesetzt wurden. Das ist Business plus Government Relations. So eine russische Art von Lobbyarbeit. So war es beispielsweise Slawa, der für die Menatep-Bank ein System von Beziehungen zur Zentralbank aufgebaut hatte. Und das war sehr gut für uns.«
    So paradox es auch ist, Chodorkowski hat Surkow, der beinah zehn Jahre lang bei ihm gearbeitet hat, in jenen Jahren nie eine Partnerschaft angeboten. Sie führten zwar ein Gespräch zu diesem Thema, kamen aber nicht überein. Höchstwahrscheinlich war das der Grund, warum Wladislaw die Gruppe 1997 verließ. Er wechselte zur Alfa-Bank. Mit dem Inhaber der Alfa-Bank, Michail Fridman, soll er zur selben Zeit am Institut für Stahl und Legierungen studiert haben. Es heißt übrigens, Fridman habe später Surkows 1999 erfolgte Berufung in den Kreml betrieben. Anderen Aussagen zufolge ging sein Wechsel in die Präsidialadministration auf eine Anregung von Roman Abramowitsch zurück. Abramowitsch stand den Aktionären des Ersten Kanals beim russischen Fernsehen nahe, wo Surkow arbeitete, bevor er zum Kreml ging.
    Newslin gibt zu, dass der Fortgang Surkows ihn sehr getroffen habe, er habe »viel Unschönes über ihn gesagt, auch laut«.
    Leonid Newslin: »Ich glaube, er war gekränkt. Und ich fühlte mich auch gekränkt. Wir trennten uns nicht im Guten. Ich spreche hier von meinem persönlichen Verhältnis zu ihm. Ich hatte einen loyalen Abschied von ihm erwartet. Als mir klar wurde, dass dieser Abschied kein loyaler sein würde, bin ich explodiert, meine Gefühle gingen mit mir durch. Mir gefiel nicht, dass er das eine sagte und das andere tat. Er sagte, er gehe zur Alfa, aber dann stellte sich heraus, dass er Stellvertretender PR -Chef bei der Sberbank werden wollte. Das war gegen die Abmachungen. Ich habe mich ihm in den Weg gestellt. Ich war gekränkt und wahrscheinlich nicht objektiv. Vielleicht ja, weil ich ein sehr gutes Verhältnis zu ihm hatte und er mir nahestand. Sein Betrug war mir unangenehm. Ich fand, dass er sich nicht korrekt verhielt. Ich muss aber zugeben, dass auch ich zu emotional und teilweise auch nicht im Recht war. Wir trennten uns jedenfalls nicht im

Weitere Kostenlose Bücher