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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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besten Einvernehmen. Und ja, es war ein Verlust. Ich bin der Meinung, dass Slawa sehr nützlich war, er war ein Ass in seinem Bereich, und ich stand ihm immer sehr positiv gegenüber und hatte großen Respekt vor ihm. Doch diese Geschichte steht zwischen uns, und ich vermute, er hat sie nicht vergessen. Ich denke immer noch sehr herzlich an ihn, wie an einen jüngeren Freund. Andererseits tut es mir leid, dass ein Mann, der Chodorkowskis Schule durchlaufen hat, sich jetzt mit so unerfreulichen Dingen befasst – ich meine die Innenpolitik, die er für Putin und Medwedew umsetzt. Er ist zweifellos ein Teil all der Prozesse zur Beschränkung der Wahlen, zum Aufbau des vertikalen Modells. Ein effizienter Vollstrecker dieses Modells. Ich denke, dass Slawa eine ziemlich zynische Einstellung zu dem hat, was er tut – sowohl zum Projekt als auch zum Ergebnis. Ich glaube nicht, dass er wirklich so denkt, wie er sagt, dass er denkt. Ungefähr wie ein lyrischer Held und sein Autor – das ist ja auch nicht dasselbe.«
    Surkow ist begabt und ehrgeizig. Er ist kreativ und gleichzeitig gewissenhaft und loyal gegenüber der Führung. Sein Wechsel zur Präsidialadministration im Jahre 1999 ist die logische Fortsetzung der Karriere dieses ehrgeizigen Mannes. Vorangegangen war eine Arbeit im Bereich Public Relations beim Direktorium von ORT , dem ersten Sender des russischen Fernsehens, wo er die politischen Schlüsselfiguren jener Zeit kennenlernte: Beresowski, Abramowitsch, Jelzins Tochter Tatjana Djatschenko, Walentin Jumaschew und Alexander Woloschin, die beide nacheinander der Administration des Präsidenten Jelzin vorstanden – später leitete Woloschin Putins Administration, bis er 2001 in diesem Amt von Dmitri Medwedew abgelöst wurde.
    Ich nehme an, die Tatsache, dass Surkow in den Kreml ging, dürfte Chodorkowski und seine Partner zumindest nicht betrübt haben. In einem Land, in dem so viel, wenn nicht alles, auf persönlichen Beziehungen beruht, kann es überhaupt nicht schaden, einen Mann »aus den eigenen Reihen« in der Präsidialadministration zu haben. Übrigens, inwieweit Surkow tatsächlich ein Mann »aus ihren Reihen« war, wird gegen Ende dieser Geschichte noch deutlicher werden.
    Meinen Informationen zufolge hat Slawa Surkow seine ehemaligen Kollegen weder vor der Verhaftung Platon Lebedews noch vor der Verhaftung Michail Chodorkowskis gewarnt. Nach Meinung einiger gut informierter Quellen im Kreml wusste er höchstwahrscheinlich darüber Bescheid und war an den Diskussionen der jeweiligen Lage beteiligt gewesen. Andererseits war Wassili Schachnowski, wie er mir selbst berichtete, in Surkows Arbeitszimmer im Kreml anwesend, als dieser telefonisch über Platon Lebedews Verhaftung informiert wurde. Schachnowski sagt, Surkow sei blass geworden.
    Bei Surkow arbeiteten in der Folgezeit offene Widersacher von Yukos, die ihren Beitrag zu den Anschuldigungen gegen die Gruppe und ihre Mitglieder leisteten. Um der Gerechtigkeit die Ehre zu geben, kann ich gleichwohl sagen, dass Surkow kein einziges Mal öffentlich schlecht über Chodorkowski gesprochen hat, auch nach dessen Verhaftung nicht.
    Bis unmittelbar vor der Verhaftung hatte er viel und aktiv Kontakt mit Chodorkowski: Man traf sich, und Surkow kam auch dann noch nach Jablonewy Sad, als die Gruppe schon in Schwierigkeiten steckte. Soweit ich informiert bin, geschah damals, Anfang der 2000er Jahre, was Mitte der neunziger Jahre nicht geschehen war: Chodorkowski bot Surkow doch noch eine Partnerschaft an – und Surkow nahm das Angebot an. Doch wegen der Verhaftung Chodorkowskis und der Zerschlagung des Unternehmens wurde nichts daraus.
    Inna Chodorkowskaja erzählte mir im Winter 2010, als der zweite Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew noch im Gang war, dass es ihr ohne Slawas Hilfe nicht gelungen wäre, für die beiden kleineren Kinder einen Platz an einer Schule zu bekommen. Sie war nach Nowaja Riga 87 umgezogen und musste eine Schule für die Jungen finden. Und jedes Mal, wenn eine Schule ihren Namen erfahren hatte, wurden die Jungs abgelehnt. Nicht in Moskau, sondern im Umland! Das Schuljahr hatte bereits angefangen, und die Kinder konnten immer noch nicht zur Schule. Da griff sie zum Hörer und rief Surkow an. Irgendwann hatte er ihr einmal gesagt: Wenn es irgendwelche Alltagsprobleme geben sollte, ruf an. Also rief sie ihn an, und Slawa half. Leute, die Chodorkowski nahestehen, sagen, es sei nicht das letzte Mal gewesen.
    »Ich habe jede Gesetzeslücke

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