Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Chodorkowski habe aber, so Browne, seine eigene Machtposition allzu sehr betont:
»Jacob Rothschild hatte uns miteinander bekannt gemacht, und nach einigen kurzen Begegnungen in meinem Büro lud ich Chodorkowski ein, einen Tag bei mir zu Hause in Cambridge zu verbringen.
Am 17. Februar 2002 fuhren mehrere große schwarze gepanzerte Fahrzeuge vor dem Haus vor, und eine ganze Schar hünenhafter Leibwächter stieg aus. Wie viele andere Oligarchen auch lebte Chodorkowski in einer geschlossenen Wohnanlage außerhalb von Moskau, mit hohen Mauern und Sicherheitsbeleuchtung. Er war sicherheitsbesessen. Mein eigenes Haus war viel bescheidener und nicht so gut geschützt, gleichwohl aber durchaus sicher.
Wir aßen in angenehmer Atmosphäre zu Mittag und besprachen die Möglichkeit eines Kaufs von 25 Prozent der Yukos-Anteile plus einer Aktie durch die BP . Aus meiner Sicht war das zu wenig. Als ich mehr ins Spiel brachte, sagte er: ›Sie können 25 Prozent haben, nicht mehr – und keinerlei Kontrolle. Wenn Sie mit mir kooperieren, können Sie ganz unbesorgt sein.‹
Mit seiner Brille und der leisen Stimme konnte Chodorkowski den falschen Eindruck von Bescheidenheit erwecken. Aber je länger wir miteinander sprachen, desto nervöser wurde ich.
Er sprach nun davon, wie man Leute in die Staatsduma bringt, wie er eine Verringerung der Steuersätze für die Erdölgesellschaften durchsetzen würde und von den vielen einflussreichen Leuten, die er kontrollierte. Für meinen Geschmack wirkte er zu großspurig. Im Nachhinein ist es natürlich leicht das zu sagen, aber ich spürte schon damals, dass etwas daran unangemessen war.
Meine Einschätzung sollte sich als richtig erweisen. Im Oktober 2003 wurde Chodorkowski plötzlich zum Held der Nachrichtensendungen überall auf der Welt. Er wurde wegen Betrugs, Unterschlagung und Steuerhinterziehung verhaftet. Heute sitzt er in Sibirien in Haft. Die Vermögenswerte seines Unternehmens wurden verkauft, 2006 wurde Yukos für zahlungsunfähig erklärt. Kurz vor Chodorkowskis Verhaftung hatte mir Putin in einem privaten Gespräch beiläufig, aber in sehr schroffem Ton, gesagt, er habe sich von Chodorkowski schon mehr als genug bieten lassen. (›I have eaten more dirt than I need to from that man.‹)
Chodorkowski hatte etwas getan, was aus Putins Sicht unverzeihlich war. Er hatte sich in die Politik eingemischt, obwohl er nur ein Unternehmer war. Er hatte gegen Putins Gebot verstoßen, sich aus der Politik herauszuhalten, sich nur ums Geschäft zu kümmern – dann wäre alles in bester Ordnung gewesen. Chodorkowski hatte die Grenze überschritten. Und wenn man das in Russland tut, führt kein Weg mehr zurück.« 178
Die Begegnung zwischen Putin und Browne fand im September 2003 statt, also einen Monat vor Chodorkowskis Verhaftung.
Michail Chodorkowski: »An das Treffen mit Browne kann ich mich natürlich erinnern. Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hatte ich Steve Lang, meinen Dolmetscher, dabei. Sir Browne wollte eine Garantie für die Kontrolle über Yukos, ich sagte ihm nur, ich könne ihm nicht garantieren, dass man mir die Genehmigung für den Verkauf von mehr als 25 Prozent geben würde. Alles andere ist reine Lyrik. Was die gepanzerten Begleitfahrzeuge angeht, verwechselt Lord Browne mich wohl mit irgendwelchen anderen seiner damaligen russischen Geschäftsfreunde, die später mehr Glück hatten als ich.
Man muss wissen, dass sie 1997, glaube ich, als die BP AMOCO kaufte, für das Priobskoje-Ölfeld einen Entwurf für ein Production Sharing Agreement mit Yukos hatten. Dieses PSA sah unglaubliche Bedingungen vor: Yukos sollte für 500 Millionen Dollar Kredit 50 Prozent der Lagerstätte mit Vorräten von über 500 Millionen Tonnen weggeben! Für einen Kredit von der Weltbank! Das Ölfeld war in dem Dokument als eines mit ›schwer ausbringbaren‹ Vorräten bezeichnet (mit einem Fördersoll von weniger als 10 Tonnen pro Tag). Ich fiel aus allen Wolken! Ich ließ ein Gutachten anfertigen, anschließend beauftragte ich unsere Juristen damit, sich unsere Verpflichtungen genau anzusehen. Sie sagten mir, das Agreement beinhalte faktisch keine Verpflichtungen, da die übermäßig vorsichtige AMOCO in jedes Dokument eine Sonderklausel aufgenommen habe, wonach das Dokument nicht verbindlich war. Sie hatten Angst, dass man sie festnageln könnte!
Jedenfalls unterbreiteten wir der BP damals ein Angebot: Entweder sie zahlen die 500 Millionen ohne jeden Kredit oder wir sind
Weitere Kostenlose Bücher