Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
Vom Netzwerk:
Anteil an die nächste Person in der Gruppe über. Wenn aber die Gruppe zum Beispiel einen Teil der Yukos-Aktien verkauft, geht die Hälfte des Erlöses in einen Sonderfonds, der zu meinen Gunsten gehalten wird. Das heißt, ich kann dieses Geld nutzen. Aber das alles gilt nur, solange ich am Leben und geschäftsfähig bin. Begünstigter der Treuhandgesellschaft wird nach mir ein von mir benanntes Mitglied der Gruppe. Das 50-Prozent-Paket mit Aktien der Gruppe, das die Treuhandgesellschaft hält, kann nicht verkleinert werden – es wird dafür benötigt, die Machtkontinuität innerhalb der Gruppe zu sichern.« 174
    Für die Zeit ihrer Tätigkeit bei Yukos hatten die Mitglieder der Gruppe ihr Stimmrecht für Fragen der Übertragung und Verwaltung von Yukos-Aktien an Platon Lebedew abgetreten.
    Wladimir Dubow: »Ich war zu diesem Zeitpunkt übrigens Abgeordneter der Staatsduma. 175 Eines Morgens saß ich also im Auto auf dem Weg zum Parlament und stellte mir die Szene vor, wie ich den Saal betrete, und alle haben den Kommersant aufgeschlagen, wo schwarz auf weiß steht, wie viel Geld ich habe. Das war schon ein sehr eigentümliches Gefühl, kann ich dir sagen. Mischa hatte eine Weile gebraucht, um meine Frau zu diesem Schritt zu überreden …«
    Olga Dubowa: »An ein Gespräch, bei dem ich geradezu überredet werden musste, erinnere ich mich nicht. Für mich gab es mehrere kritische Punkte: den Umzug an die Uspenskoje-Chaussee, 176 als ich einen Chauffeur bekam, als wir auf einmal Personenschutz hatten, und als Wolodja Duma-Abgeordneter wurde. Und jedes Mal dachte ich, vorher war es besser. Wovon Chodorkowski mich aber wirklich überzeugt hat, war, dass es bei dieser Geschichte um Transparenz und Gesetzestreue ging. Weißt du, ich habe eigentlich erst hier in Israel angefangen, sie und ihre Arbeit zu begreifen. In Moskau? Da sah man nicht viel mehr als einen erschöpften Mann, der von der Arbeit nach Hause kam. Bei Ljudmila Ulitzkaja habe ich einmal gelesen, in Russland sei ein gutes Leben etwas Unanständiges. Das war genau, was ich damals auch dachte. Es war mir peinlich.«
    Leonid Newslin: »Mag sein, dass das ein riskanter Schritt war, weil er gegen den Strom ging: Eine Zeitlang blieben wir das einzige russische Unternehmen, das sich ›geöffnet‹ hatte. Aber hätten wir das nicht getan, dann wären unsere Gelder im Ausland de facto illegal gewesen. Der Schritt war richtig. Wir hatten mit legalem Geld angefangen, und so machten wir auch weiter. Und obwohl es in Russland all diese Verfahren gibt und wir unter anderem der Geldwäsche und Legalisierung von kriminellen Einnahmen bezichtigt werden, können wir alle unsere Einnahmen aus Dividenden oder dem Verkauf von Vermögenswerten so transparent und klar zurückverfolgen, dass wir im Ausland keinerlei derartige Anschuldigungen befürchten müssen. Sämtliches Geld der Teilhaber der Menatep-Gruppe ist legal. Das war ein entschlossener Zug, und ich bin Mischa dankbar dafür.«
    Ich habe mehrmals die Meinung gehört, der wahre Grund für den Angriff auf Yukos seien nicht die offiziell vorgelegten Forderungen gewesen, sondern Chodorkowskis politische Ambitionen und die Offenlegung der Angaben, die den hohen Wert seines Unternehmens bezeugten. Ob Transparenz in der Wirtschaft mit jedem Regime vereinbar ist, ist in der Tat eine offene Frage.
    Sergej Gurijew, Rektor der New Economic School in Moskau: »Ich denke, dass die ›Öffnung‹ des Unternehmens im Kontext weiterer Schritte im Jahr 2002 ein Fehler war. Dass hier mehr Transparenz geschaffen wurde, hätte 2002 an sich noch keine Probleme verursachen dürfen. Wie Artjom Durnew und ich in einem gemeinsamen Artikel 177 dargelegt haben, ist Transparenz für Erdölgesellschaften in Ländern mit autoritären Regimen von Nachteil, wenn die Ölpreise hoch sind. Bei einem niedrigen Ölpreis ist es ja selbst für ein autoritäres Regime völlig sinnlos, ein Unternehmen zu enteignen. 2002 lag der Ölpreis gerade mal bei 25 Dollar pro Barrel (zum heutigen Kurs wären das 30 Dollar pro Barrel). Damals konnte sich einfach niemand vorstellen, dass er auf das Niveau von heute ansteigen würde.
    Die Enteignung kam deshalb, weil die Steigerung der Transparenz mit eigenständigen gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten einherging – und mit dem Versuch, mit führenden internationalen Konzernen eine Partnerschaft zu etablieren. Soweit ich das beurteilen kann, ging Michail Chodorkowski dieses Risiko durchaus bewusst ein. Er

Weitere Kostenlose Bücher