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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Infrastruktur) zu sehen.
    Das Erste und Wichtigste, wenn wir von der Zukunft Russlands sprechen, ist jedoch, uns selbst klarzumachen, was für eine Zukunft wir für unser Land, für unsere Kinder wollen.
    Zweitens müssen wir einsehen, dass unsere Zukunft nicht nur von den innerrussischen Bedingungen, sondern auch von den objektiv gegebenen weltweiten Entwicklungstendenzen abhängt.
    Wir erleben die zunehmende Globalisierung der Welt, und dieser Prozess wird sich fortsetzen, ungeachtet aller Probleme und vorübergehender Abweichungen von diesem Trend – weil die Globalisierung unvermeidliche Folge der Existenz moderner Technologien und notwendige Voraussetzung für die weitere Steigerung der Arbeitsproduktivität ist. Ohne Letztere wird man wiederum die wachsende Bevölkerung des Planeten nicht ernähren und die gewünschte Angleichung der Lebensstandards rückständiger Regionen nicht gewährleisten und folglich auch heftige und weltumspannende Konflikte nicht vermeiden können.
    Wenn aber die Globalisierung unumgänglich ist, so lautet die nächste Frage zwangsläufig, ob wir unsere nationale Identität wahren und die Integrität unseres Staates sichern wollen, oder ob wir eher bereit sind, uns »aufzulösen«, wie schon viele Völker vor uns sich »aufgelöst« haben und verschwunden sind.
    Auf diese Frage gibt es keine logisch begründbare Antwort: Ja, die russische Kultur, das russische Volk sind ein wichtiger Bestandteil des Welterbes, aber solche gab es auch vor uns schon, und es wird sie nach uns geben. Und es wird nicht das Ende der Welt bedeuten, wenn sie ein weiteres Element hinter sich lässt.
    Im Hinblick auf die individuellen Strategien und das Streben nach einem besseren Leben ist noch längst nicht gesagt, dass eine »Auflösung« für die Mehrzahl derer, die heute dieses Land bewohnen, eine Verschlechterung bedeuten würde. Noch ein paar Jahrzehnte wie jetzt, und selbst China wird einen höheren Lebensstandard haben. Zumindest hätte eine erfolgreiche Strategie der »Auflösung« bereits jetzt eine Anhebung des Lebensstandards für die meisten Bewohner Russlands ermöglicht. Die Mehrheit wird das schon bald erkennen, und in welche Richtung sich diese Mehrheit angesichts einer unklaren Ideologie orientiert, kann man nur vermuten.
    Daher hat längst nicht die gesamte russische Gesellschaft ein begründetes und bewusstes Interesse an der Wahrung der »nationalen Identität« im Rahmen des russischen Staates, sondern nur der Teil der Gesellschaft, der seine Zukunft mit Russland verknüpft, der sich für die Erhaltung und Mehrung des von unseren Vorfahren ererbten Reichtums verantwortlich fühlt; der Teil, dem es wichtig ist, nicht einfach nur »gut zu leben«, sondern für den »gut leben« gleichbedeutend ist mit »etwas aufbauen«: das heißt, entweder konkret eine nationale Kultur aufzubauen oder aber die nationale Kultur, die nationale Identität als Stütze für die eigene, global angelegte Aufbauarbeit zu nutzen.
    Wozu aber Aufbauarbeit leisten? Wenn es nur um ein gutes Leben ginge, könnte man das mit einer Reihe anderer Strategien besser und schneller erreichen, was wir bei Hunderttausenden unserer Mitbürger auch beobachten können.
    Ich persönlich befürworte die Wahrung und Entwicklung der nationalen Identität und Staatlichkeit, und ich denke, dass die Bevölkerung diese Aufgabe auch bewusst mittragen kann, sofern dahinter eine nachvollziehbare nationale Politik und Ideologie stehen, eine Führungsrolle erkennbar wird und sich in puncto Lebensstandard gegenüber den Nachbarn eine Reihe von Vorteilen (und sei es auch nur in begrenztem Umfang) aufrechterhalten lässt. Nicht unbedingt in allen Bereichen, das wäre auch gar nicht möglich. Aber in einigen gerade für Menschen mit unseren kulturellen Traditionen wesentlichen Aspekten.
    Nachdem wir nun diese eher emotionale als logische Frage beleuchtet haben, kehren wir wieder auf den »Pfad der Logik« zurück.
    Die Wahrung der nationalen Identität bedeutet in der Praxis vor allem eine Absage an die imperiale Idee und den Übergang zum bewussten Aufbau eines Nationalstaats.
    Diese logische Prämisse ist leicht zu erklären. In der globalisierten Welt verschwinden allmählich auch die Hindernisse für die Freizügigkeit von Ideen, Menschen, Waren und Geld. Physische Grenzen und Zollschranken werden immer durchlässiger, Armeen büßen ihre frühere Bedeutung ein. Die Grundlage für die Einheit eines Landes bildet nunmehr die Kultur: Sprache,

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