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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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einen Vorschlag: Um den Deal zu sichern und YukosSibneft zu erhalten, sagten sie, lasst uns doch das Management des Konzerns übernehmen. Also nicht Chodorkowski und sein Team, sondern Abramowitsch und sein Team. Als Vorsitzenden des Direktoriums schlug er Woloschin vor, als Präsidenten des Unternehmens Schwidler. Auf diese Weise hätte der Konzern in Russland einen sichereren Stand. Ich fragte, wie das mit Mischas Haftentlassung zusammenhänge. Roman sagte, gar nicht. Wir sollten das jetzt einfach so machen, und später, wenn sich nach und nach alles beruhigt hätte, könnte man ganz vorsichtig anfangen, mit Putin zu reden. Irgendwann würden wir die Jungs dann vielleicht freibekommen. Aber nicht sofort.
    Wir tauschten einen Blick. Auf diesen Handel hätten wir uns wohl eingelassen, wenn wir die Garantie gehabt hätten, dass wir damit unsere Leute freibekommen. Ihre Position war aber genau umgekehrt: Fürs Erste kommen sie sowieso nicht raus, höchstens irgendwann einmal … Wir erbaten Bedenkzeit, um über die Anwälte mit Mischa darüber zu reden.
    Dann kam ein Anruf von Schwidler, glaube ich, er sagte, er hätte ein Gespräch mit dem Leiter der Präsidialadministration gehabt, was damals Medwedew war, und es sei darum gegangen, dass die Duma-Wahlen vor der Tür stünden und man deshalb die Aussetzung des YukosSibneft-Abkommens bekanntgeben müsse. Das hat mich ziemlich auf die Palme gebracht. Bei uns sitzen Leute im Gefängnis, und sie haben keine anderen Sorgen als ihre Wahlen und die Aussetzung des Abkommens …
    Dann haben wir uns im Dezember noch einmal getroffen. Wir erklärten, wir seien nicht damit einverstanden, dass sie ganz ohne eigene Verpflichtungen die Führung des Konzerns übernähmen.«
    Michail Chodorkowski wurde am frühen Morgen des 25. Oktober auf dem Flughafen Tolmatschewo in Nowosibirsk verhaftet. Das Datum war klug gewählt: Es war ein Samstag, die übliche Informationsflaute am Wochenende. Am Tag davor hatte er spät abends noch Newslin angerufen. Es war ein seltsames Gespräch. Er sagte, er sei in Nishni Nowgorod und wolle nach Nowosibirsk weiterreisen, aber der Abflug würde immer wieder verschoben. Newslin spürte, dass in diesen Worten etwas Unausgesprochenes mitschwang, und fing an nachzufragen. Chodorkowski deutete an, ihr Gespräch würde abgehört. Es war, als wollte er etwas sagen und könne nicht. Als würde er sagen: Du musst von allein darauf kommen. Newslin meint, Chodorkowski habe gewusst, was ihm bevorstand, er habe angerufen, um sich zu verabschieden.
    Am ersten Börsentag nach der Verhaftung brachen die Yukos-Aktien um über 14 Prozent ein, in den ersten drei Handelsminuten verlor der zusammengesetzte MMVB -Index 11,83 Prozentpunkte. Gegen elf Uhr vormittags hatten die Yukos-Aktien bereits 20 Prozent an Wert eingebüßt, das Unternehmen kostete nun sechs Milliarden Dollar weniger. Die Aktien von UES of Russia und Lukoil fielen um elf Prozent. Infolge der Kursstürze hatte sich der Börsenwert des russischen Wertpapiermarkts zum 27. Oktober um insgesamt 15 Milliarden Dollar verringert. Die Verhandlungen von Yukos mit den Amerikanern wurden ausgesetzt.
    Alle spekulierten, wie lange Chodorkowski brauchen würde, um handelseinig zu werden: ein paar Wochen, einen Monat vielleicht? Jedermann weiß, wie man so was in Russland macht, wie man es mit Geld macht, mit viel Geld. Und jedermann rechnete mit der Standardvariante. Aber Chodorkowski ging hinter Gitter.
    Michail Brudno verließ Russland am 5. Juli 2003. Er lebt heute als Unternehmer in Israel.
    Leonid Newslin reiste am 31. Juli 2003 aus. Er lebt in Israel. Über Büros in New York und London betreibt er Investitionsprojekte. Ihm gehören 20 Prozent der Aktien der israelischen Zeitung Ha’Aretz . Er investiert in gemeinnützige Projekte zur jüdischen Identität. Derzeit sind er und einige andere Gesellschafter der Menatep-Gruppe zusammen mit ihren Anwälten mit einem anstehenden Verfahren in Den Haag beschäftigt, bei dem im Rahmen der Energiecharta eine Klage der Gesellschafter gegen Russland mit einem Klagewert von 100 Milliarden Dollar verhandelt werden soll.
    Wladimir Dubow flog am 28. Oktober 2003 nach Israel und brachte das Archiv der Menatep-Gruppe außer Landes. Von der Liste mit den Kandidaten der Regierungspartei Einiges Russland, die ein Mandat als Parlamentsabgeordnete anstrebten, wurde er gestrichen, was, wie er scherzhaft bekennt, seinen guten Ruf gerettet hat. Er ist Geschäftsmann mit einer besonderen

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