Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
kann das Unternehmen seine Positionen auf dem heimischen und dem internationalen Markt nicht nur halten, sondern auch weiter ausbauen«, zitierte Woloschin den Präsidenten. Doch schon zwei Monate später wurde der Leiter der Abteilung für interne Wirtschaftssicherheit bei Yukos, Alexej Pitschugin, festgenommen. Im Juli wurde einer der Hauptgesellschafter von Yukos, Platon Lebedew, verhaftet. Niemand zweifelte nun mehr daran, dass dies ein echter »Angriff« war, wie man in Russland sagt. Im Oktober 2003 kam Chodorkowski in Haft.
Bis dahin war Chodorkowski nicht interessanter gewesen als jeder andere der sieben führenden Oligarchen, die mit der Welle des Jahres 1996 hochgespült worden waren – damals hatten sie, nach dem Motto »alles oder nichts«, trotz des unübersehbaren Vorsprungs der Kommunisten unter Gennadi Sjuganow in allen Umfragen bei den Präsidentschaftswahlen auf Boris Jelzin gesetzt. Im weiteren Verlauf gestaltete sich das Schicksal dieser Geschäftsleute mehr als glücklich. Jelzin blieb als Präsident im Amt, und den Unternehmern wurde zum Zeichen der Dankbarkeit die Möglichkeit eingeräumt, überaus vielversprechende Stücke vom Kuchen des staatlichen Eigentums zu privatisieren, das nun, unter anderem im Rohstoffbereich, zum Verkauf stand. Die Oligarchen schienen die Macht in Händen zu halten, bis sie sich 1997, ein Jahr nach der Wahl, wegen unterschiedlicher Interessen zerstritten und zerstreuten. Dieses effektive Bündnis der Oligarchen, die bereit waren, zugunsten einer gemeinsamen politischen Richtungsentscheidung alles, selbst ihr Leben und ihren gesamten Besitz, aufs Spiel zu setzen, sollte in der Geschichte des Landes einmalig bleiben. Als Chodorkowski verhaftet wurde, war von einem gemeinsamen Willen der Oligarchen, ihm beizuspringen, nichts mehr zu spüren.
Wer nach seiner Verhaftung zu verstehen versuchte, warum gerade er zum Vorzeigeopfer der nachjelzinschen Machthaber gekürt worden war, und sich etwas mehr in die Details vertiefte, der erkannte, dass Chodorkowski trotz aller nach außen bezeigten Loyalität der neuen Macht gegenüber anders als die anderen war. Aus irgendeinem Grund hatte er die Eigentumsstruktur des Unternehmens transparent gemacht, was in Russland unüblich war. Aus irgendeinem Grund bemühte er sich im Ausland ernsthaft und durchaus erfolgreich um sein eigenes Image und das des Konzerns. Er begann, gemeinnützige Organisationen zu gründen. Er kümmerte sich um einen verbesserten Zugang der Menschen zu Computern, um die Modernisierung des Landes. Aus irgendeinem Grund lag ihm die Bildung und der Erhalt des geistigen Potenzials in Russland am Herzen. Und aus irgendeinem Grund hatte er sich in den Kopf gesetzt, eine Pipeline nach China zu bauen. Er stand in Verhandlungen mit einem großen westlichen Partner und hatte damit faktisch die Expansion des russischen Business gen Westen eingeleitet.
Michail Chodorkowski: »Nachdem die Krise vom August 1998 wie ein Wirbelwind vorübergezogen war, richteten sich in der ersten Zeit all unsere Gedanken darauf, Yukos zu retten und die Unternehmen, mit denen die Menatep-Gruppe zu tun hatte, noch einmal aus dem Abgrund zu holen.
Dann kam der 31. Dezember 1998, und es wurde klar, dass unsere Schulden zwar nicht beglichen waren, doch der Horizont war immerhin schon zu sehen. Heute wird das wohl niemand glauben wollen, aber damals war die gemeinsame Menatep-Kasse leer. Hätte sich also die Frage gestellt, was unter den Teilhabern aufgeteilt werden sollte, wäre lediglich die Verantwortung für die Schulden zu teilen gewesen. Trotzdem waren wir grundsätzlich optimistisch, und es zeichnete sich ab, dass wir durchkommen würden, obwohl wir buchstäblich an allem sparen mussten. Alle Investitionsanträge, die nicht vorher schon ordnungsgemäß genehmigt worden waren, wurden nun abgewiesen.
Just zu diesem Zeitpunkt schafften es ein paar junge Leute, trotz Sekretariat, Stellvertretern und Assistenten zu mir durchzudringen – Leute, die weder äußerlich noch innerlich viel mit denen gemeinsam hatten, mit denen wir Yukos aus Ruinen auferstehen lassen und eine neue russische Industrie aufbauen wollten. In einer großen bürokratischen Struktur das Spalier der ›Sperrverbände‹ zu durchbrechen, war sehr schwer, aber diese Leute waren durchgekommen. Heute sind sie bekannte Journalisten, Top-Blogger, Politiker und einige sogar Duma-Abgeordnete …
Es gab mehrere Vorschläge, alle voneinander unabhängig: die Gründung einer
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