Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Augustputsch von 1991. Chodorkowski lernte Jelzin 1990 kennen, als dieser bereits in Ungnade gefallen war – im KPdSU -Stadtbezirksausschuss des Swerdlowski-Bezirks.
Der bekannte russische Ökonom Jewgeni Jassin, der von 1994 bis 1997 den Posten des Wirtschaftsministers innehatte, sagte mir in einem Interview, für kurze Zeit hätten die NTTM -Zentren gewisse Privilegien gehabt. »Und wer einigermaßen geschäftstüchtig war, konnte dabei verdienen. So viel nun auch nicht, aber wenn man bedenkt, dass es vertraglich festgelegte Preise gab und damals in ziemlichem Umfang Geld gedruckt wurde, konnte man bestimmte Einnahmen für sich abzweigen. Nach meiner Einschätzung war diese Phase der Bereicherung über die NTTM -Zentren nicht lang, sie endete um 1989 – bis dahin hatten sie ein mehr oder weniger anständiges Kapital zusammengetragen und Mittel und Wege gefunden, wie sich diese Gelder als Einnahmen verbuchen ließen.« Gleichzeitig bezweifelt Jassin die Theorie, es habe irgendeinen schlauen Plan zur Schaffung eines besonderen Geschäftszweigs beim Komsomol gegeben, den die Kommunisten für sich hochgezogen hätten. Vielmehr habe das Erscheinen der Kooperativen die Privilegien der NTTM -Zentren aufgeweicht, da die Kooperativen als Unternehmer auftraten und viel aggressiver auf dem Markt agierten.
Das sowjetische Gesetz über die Kooperativen war 1988 beschlossen worden. Kooperativen durften alles, was nicht explizit gesetzlich verboten war. Sie konnten auch im Bereich der Elektronik, Rechentechnik und Automatisierung arbeiten – also auf Newslins und Brudnos Fachgebiet. Chodorkowski stellte fest, man müsste eine Kooperative gründen. Newslin meldete sie unter dem Namen Nigma an, weil eine Genossenschaft mit dem Namen Sigma bereits registriert war und er, wie er lachend berichtet, das Wort Enigma damals noch nicht kannte. In dieser Phase verließ auch Brudno Sarubeshgeologija und schloss sich Chodorkowski und Newslin an. Das Team setzte seine gemeinsame Arbeit fort.
Sie sollten nicht die einzigen »Verdächtigen« der Forbes -Liste sein, deren Weg ins Big Business über die Kooperativen führte. Michail Prochorow »kochte« Jeans in der Kooperative Regina und verkaufte sie auf Textilmärkten; Roman Abramowitsch, Juniorpartner in der Kooperative Ujut, produzierte und verkaufte Gummispielzeug; Michail Fridman und die zukünftige Alfa Group lieferten im Rahmen der Kooperative Kurjer Lebensmittel aus und putzten Fenster, später handelten sie über die Kooperative AlfaFoto mit Computern und Bürotechnik; Alexander Smolenski gründete eine der ersten Baukooperativen; Wladimir Gussinski bot über die Kooperative Infeks Finanz- und Rechtsberatung an. Die Führung der Moskauer Kommission für kooperative und individuelle Erwerbstätigkeit übernahm just in dieser Zeit der spätere langjährige Moskauer Oberbürgermeister Juri Lushkow. So ergaben sich neue Kontakte, die in der Zukunft noch ihre ganz eigene Rolle spielen sollten.
Um Chodorkowskis NTTM herum entstanden auch andere Kooperativen, unter anderem in der Baubranche. Das Zentrum und die Kooperativen waren vertraglich miteinander verbunden, ein Teil der Aufträge wurde nun schon über die Kooperativen abgewickelt. Ende 1987 taucht erstmals der Name Menatep auf, dabei handelte es sich um eine Vereinigung, die von Chodorkowskis Zentrum unter dem Namen » Me shotraslewye na utschno- te chnitscheskije p rogrammy« (»Branchenübergreifende wissenschaftlich-technische Programme«) gegründet wurde. Chodorkowskis Kollegen behaupten, in der Wahl dieses Namens zeige sich, wie schlau er war: Die extrem langweilige Firmenbezeichnung rief bei den Direktoren der diversen geschlossenen Unternehmen, 53 mit denen man vertragliche Beziehungen eingehen wollte, keinerlei allergische Reaktion hervor. Im Unterschied zu so klangvollen Namen wie Ingenieur, Spektr und ähnlichen schreckte das unscheinbare Menatep niemanden ab. Und die Abkürzung ist bis heute aktuell – denn genauso sollte in der Folgezeit eine Bank heißen, und unter demselben Namen wurde exakt zehn Jahre später auf Gibraltar die Gruppe Menatep Limited registriert, die indirekt zum Hauptaktionär des Ölkonzerns Yukos wurde.
Nigma begann mit Computern und Computerzubehör zu handeln.
Michail Brudno: »Als Chodorkowski das erste Mal sagte: Lasst uns bei einem Privatmann einen PC kaufen und ihn an ein Unternehmen weiterverkaufen, schien das ja noch unmöglich. Den Computer musste man für, sagen wir mal, 24000
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