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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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nicht weiter mitspielen, nichts weiter riskieren, sich nicht weiterentwickeln. Einige gingen, durchaus im Guten. Manche machen heute noch in Moskau Geschäfte, manche in Israel, manche in Amerika. In unserem System wollten sie jedoch nicht mehr arbeiten. Wir aber blieben. Und das war faktisch das erste Partnerschaftsabkommen derer, die mit Mischa weitermachten.«
    Michail Brudno: »Wir haben ja auch etwas gekauft. Nur keine Datscha und kein Haus auf Zypern, wie viele andere. Wir haben eine Bank gekauft. Manche waren verrückt nach Geld. Sie sagten: Wir haben so viel verdient, lasst uns das aufteilen. Da haben wir ihnen ihr Geld ausgezahlt und uns von ihnen getrennt. Es gab so eine Art Kern um Chodorkowski. Das waren aber nicht nur wir drei. Es waren unterschiedlich viele zu verschiedenen Zeiten. Mal fünf, mal sieben. Und jedes Mal, wenn irgendwelche Investitionsentscheidungen zu treffen waren, sprang jemand ab. Dazu kam niemand. Dabei musst du wissen, dass wir nie so redeten, nach dem Motto ›Das hier ist dein Anteil – und das ist meiner.‹ Wir arbeiten zusammen und das hier ist unser Ergebnis. Was genau ›unser‹ heißt? Keine Ahnung! Uns war damals nicht einmal klar, dass man das vereinbaren muss. Das hat uns wenig Kopfzerbrechen bereitet. Und tatsächlich waren auch wir darauf vorbereitet, dass das alles nicht lange anhält, dass plötzlich die Sowjetmacht kommt und alles dichtmacht. Aber Chodorkowski … Ich dachte, er wäre so ein Träumer. Er hatte ständig etwas Neues vor … Kaum hatten wir uns irgendwo eingearbeitet, kaum ging es uns gut, kaum hatten wir angefangen zu verstehen, was wir taten und wie es weiterging, kam er an: Wir lassen das Ganze und gehen weiter. Wohin? Warum? Egal, lasst alles liegen, weiter geht’s. Und so ging das mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Wir machten die Bank, gerade hatten wir alles raus und begriffen, wie so etwas geht (und das war nicht auf Anhieb so), da fing die Privatisierung an. Das war ’s dann! Wir ließen die Bank Bank sein und gingen zur Privatsierung, Unternehmen kaufen. Was für Unternehmen? Was wollen wir damit weiter machen? Ist doch egal, ob das Geld kostet. Sei’s drum, pfeif auf das Geld – Gott hat’s gegeben, Gott hat’s genommen. Aber weiter? Vorher war alles eingerichtet, eingesessen, ausgetreten. Warum soll man das aufgeben? Aber nein, Schluss damit, gehen wir weiter! Und wir gingen mit. Uns war es egal – wir hatten keine Angst zu verlieren, was wir erarbeitet hatten. Warum nicht? Keine Ahnung. Wir waren bereit, alles zu riskieren. Chodorkowski hat ja immer alles riskiert, beim Geld. Immer alles. An seine Ideen glaubte niemand sonderlich. Aber erstens hatten wir auch an seine früheren Ideen nicht geglaubt, und sie hatten trotzdem funktioniert. Zweitens sagten wir: Na gut, wenn irgendwas nicht so läuft, dann verlieren wir eben, dann fangen wir eben von vorn an. Hol’s der Teufel … Der Drive war uns wichtiger als all dieses Geld. Und Mischa war ein absolut unabdingbarer und wichtiger Bestandteil dieses Drives. Außerdem hatten wir immer das Gefühl, Rückendeckung zu haben. Jeder hatte Qualitäten, die die anderen anerkannten und schätzten. Wir rechneten innerlich nie damit, dass uns jemand in den Rücken fällt.«
    Wladimir Dubow: »Plötzlich sagt Chodorkowski: ›Fahren wir Mittagessen!‹ Also fuhren wir. Es gab so ein Restaurant namens Trenmos, auf dem Komsomolski-Prospekt. Ein echt teures Restaurant. Seltsam, denke ich. Chodorkowski war ja ein notorischer Geizkragen. Niemand von uns lebte auf großem Fuß. Wir waren solche Lokale nicht gewöhnt. Er sagte, wir müssten unsere Struktur privatisieren, mit einem bestimmten Personenkreis als Eigentümer. Ich sprach mich aus vollem Herzen dafür aus, mich freute das, sagte ich. Aber innerlich war mir absolut klar: Wenn du versagst, werden dich deine ganzen Zinsen, Anteile und Rechte auch nicht schützen. Und dieses Gefühl hat mich wohl bis zum Schluss nicht verlassen. Ich kann nicht sagen, dass irgendwann eine Phase eingetreten wäre, in der sich jemand hätte zurücklehnen und sich sagen können: Schluss, ich habe genug getan. Es gab Leute, die schon länger dabei waren als ich – Tanja Anissimowa, Sergej Monachow und Jura Mizkewitsch. Diese Leute waren jetzt nicht mehr mit von der Partie. Mit von der Partie waren die, die du kennst. Er wählte sie nach irgendeinem Prinzip aus, das nur er verstand.«
    Die Bank wurde am 29. Dezember 1988 registriert. Bis März 1989 hatte

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