Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Weg zum Herzkind

Mein Weg zum Herzkind

Titel: Mein Weg zum Herzkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Jolig
Vom Netzwerk:
mit den Vorstellungen des anderen. Sie erklärte uns, wie einflussreich ein anderer Kulturkreis tatsächlich sein kann, wie wichtig die Herkunft des Kindes für sein ganzes Leben war. Dass bei der Identitätsfindung das Kind natürlich auch seine Wurzeln aufspüren wollen würde. Dass allein durch den optischen Vergleich ein farbiges oder südländisches Kind bei blonden Eltern immer ein Anderssein empfinden kann oder eben Mitschüler, Freunde und Bekannte es zu einem Fremden machen. Gedanken, die ich mir als Frau vorher nicht gemacht hatte. Ich glaube, ich wollte einfach meine Chancen erhöhen Mutter zu werden. Die Folgen waren mir damals noch egal. Mein Mann spürte diesen Kinderwunsch nicht so stark. Er begleitete mich und sagte aufmunternd: »Du machst das schon.« Aber seine Bedenken und Wünsche hat er dann doch angemeldet. Für eine kurze Weile haben wir sogar überlegt das Unternehmen »Adoption« vorzeitig zu beenden. Wir haben diskutiert und gestritten und waren uns nicht mehr sicher das Richtige zu tun.

    Der Kurs hielt viele Fragen bereit. Natürlich gab es auch Antworten, aber letztlich ging es darum, sich selbst die richtigen Antworten geben zu können. Mein Mann und ich haben uns dann gemeinsam an den Fragebogen des Jugendamtes gesetzt. Nach einer Empfehlung von Frau Schanz füllten wir den Bogen erst nach Beendigung des Seminars aus. Und das war gut so. Wir haben die Fragen mit ganz anderen Augen betrachtet, wir konnten viel tiefer blicken und wir konnten gemeinsam eine Antwort finden, die uns beiden entsprach. Schließlich ging es um unser Kind.
    Rückblickend tat uns die Aufregung gut. Alles einmal durchgeschüttelt. Im Kopf, im Herzen. Wir haben viel gelernt, über unsere Wünsche, über unseren gemeinsamen Weg mit einem Kind und natürlich über das ganze Prozedere. Wir sind nun auch gerüstet für die Zukunft, denn leben mit einem Adoptivkind hört nicht nach der Annahme des Kindes auf.

    Wir leben jetzt seit zwei Jahren mit unserer kleinen Tochter Leila zusammen. Sie ist als Säugling zu uns gekommen und hat deutsche Eltern. Ich habe doch auf die Bedenken meines Mannes gehört und bin froh, dass wir gemeinsam entschieden haben. Wir sind sehr glücklich und wissen, dass das, was wir im Kurs gelernt haben, noch lange nachwirken wird.
    Auf den Spuren der Wahrheit – Frau Michalski berichtet
    Mir hat es gutgetan, mich mit Gleichgesinnten zu treffen. Der Vorbereitungskurs zur Adoption war wie ein Befreiungsschlag für mich. Endlich konnte ich laut aussprechen, was mich all die Jahre bedrückt hatte. »Ich bin unfruchtbar und kann keine Kinder bekommen.« Ein Tabuthema. Ich genierte mich jedes Mal, wenn Freunde oder Bekannte fragten, warum ich noch nicht Mutter war. Schließlich würde ich immer so herzlich mit allen Kindern spielen. Oft wurde gewitzelt, mein Mann sei zu viel beruflich unterwegs und er würde den richtigen Zeitpunkt nicht erwischen. Über den Kurs und über die Auseinandersetzung mit dem Kinderwunsch und der Unfruchtbarkeit konnte ich mich endlich befreien. Erst sagte ich es leise, dann immer lauter. Heute wissen es natürlich auch meine Freunde. Ich bin unfruchtbar.
    Die, die ihre Witze gemacht haben, sind ganz still geworden. Es war gut zu wissen, dass es anderen Frauen ging wie mir. Und die Hoffnung auf ein Leben mit Kind habe ich im Kurs ebenfalls gewonnen. Ziemlich unsicher bin ich gestartet. Ich hatte geglaubt, dass ich heimlich, still und leise diesen Kurs belegen kann. Mein Mann wollte mich bei meinem Vorhaben, ein Kind zu adoptieren, unterstützen, aber sich nicht besonders engagieren. Für mich war das okay. Ich wollte einfach alle Formalitäten hinter mich bringen und überlegte, wie ich am geschicktesten eine Schwangerschaft vortäuschen könnte. Oder ich brauchte eine andere plausible Erklärung für einen Säugling, der von einem auf den anderen Tag als
unser Kind bei uns lebte. In Gedanken zog ich nach dem Adoptionspflegejahr schon in eine fremde Stadt. Ich wollte in der Anonymität untergehen und einfach eine ganz normale Familie haben.
    Im Kurs wurde ich eines Besseren belehrt. Mir wurde nicht nur klar, wie wichtig es ist, zu sich selbst zu stehen, mir wurde auch klar, wie wichtig einem Kind seine Wurzeln sind. Mein Mann, der bisher kaum Interesse am Thema Adoption zeigte entdeckte eine ganz neue Seite an sich. Durch die gemeinsamen Aufgaben dort hatten wir auf einmal ein Ziel. Ein gemeinsames Ziel. Und zu wissen, wie schön es sich anfühlt, ehrlich mit seinem

Weitere Kostenlose Bücher