Mein Weg
Aguiada
Hier traf ich Mandy, eine Pilgerin aus Thüringen. Insgesamt waren wir nur neun Pilger und es war beim Essen wie bei einer großen Familie. Selbst die Kinder der Familie des Hospitalieros sprangen umher und vermittelten noch mehr das familiäre Flair. Die beiden kleinen Mädchen babbelten in Spanisch und malten für uns Bilder. Vor lauter Eifer wollten Sie dann auch gleich noch ein paar lustige Bilder in mein Tagebuch malen, worauf ich aber lieber verzichtete.
So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt. Das war heute ein echter Glücksgriff. Diese Herberge bekam auf meiner eigenen Punkteliste jedenfalls volle 10 Punkte. Beim Essen saß Martin aus Rosenheim neben mir, den ich noch öfters treffen sollte. Der gemütliche Abend am Kamin wird mir in besonderer Erinnerung bleiben.
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24. Tag: San Mamede – Gonzar
(34 km)
Bei einer guten Tasse Kaffee im „Kaminzimmer“ ließ ich den Tag heute etwas ruhiger beginnen. Kurz vor 8:00 Uhr brach ich auf. Nach gut vier Kilometern hatte ich Sarria erreicht. Bis dahin hielt sich das Wetter noch ganz gut.
In Sarria beginnt das meist begangene Stück des Jakobsweges. Von hier an sind es noch ca. 100 Kilometer bis Santiago de Compostela. Um die Pilgerurkunde zu bekommen, muss man spätestens ab hier den Weg zu Fuß gelaufen sein. Daher ist Sarria für viele „Urkundenjäger“ der Startpunkt. Von den wahren Pilgern werden diese Sonntagspilger nur „Tourigrinos“ oder „Dominigrinos“ genannt, weil sie zudem ihr Gepäck meist mit dem Bus oder Taxi vorwegschicken und selbst mit leichtem Rucksack hinterher laufen und meinen, das Pilgern erfunden zu haben. Natürlich gibt es auch Pilger, die sich eine weitere Strecke einfach nicht zutrauen. Man erkennt aber schnell den Unterschied, ob es sich um Menschen handelt, die erschöpft vom Wandern sind, oder die andere Mitpilger kaum respektieren.
Ab hier trifft man auch zusehends mehr und mehr spanische Jugendliche. Ich hörte von anderen Pilgern, dass es für den Erfolg einer Berufsbewerbung von Vorteil sei, wenn man die „Compostela-Urkunde“ sein Eigen nennen kann.
Auf dem Weg nach Gonza
Nach Sarria sollte das Wetter nicht mehr so angenehm bleiben. Es begann wieder zu regnen und ich war kurze Zeit später durch und durch nass. Mein Regenponcho konnte da nicht viel aufhalten. Bis zum Gürtel war ich total durchnässt und meine Hose klebte förmlich auf der Haut. Also gab es nur eines, weiterlaufen und hoffen, dass der Regen bald aufhört und die Sachen wieder trocknen. Das sollte aber noch lange dauern.
Nach geraumer Zeit machte ich bei der bisher einzigen Unterstellmöglichkeit am Weg Halt und wechselte meine Strümpfe, da mittlerweile auch meine Schuhe total durchnässt waren. Als ich dort so saß und auf meine feuchte Klamotten schaute, kam auch Mandy vorbei, die ich gestern in der Herberge kennengelernt hatte. Auch sie musste erstmal halten, um ihre Strümpfe zu wechseln. Nach einer kurzen Pause gingen wir weiter.
Gegen Mittag hörte der Regen auf und meine Hose und meine Schuhe trockneten langsam wieder. Endlich schien die Sonne und die Lust am Laufen war wieder da. In einer kleinen, gemütlichen Herberge in Moimentos ließen wir uns kurze Zeit später in der Sonne nieder und gönnten uns einen Kaffee. Im Hintergrund erklang Musik von Enya. Nach all dem Regen verspürte ich einen Hauch von Urlaubsgefühl und wäre am liebsten dort sitzen geblieben.
Unser geplantes Ziel, Portomarin, lag aber noch einige Kilometer vor uns. Den aufgestauten Fluss Minó überquert man über eine lange Brücke, ehe man in den neuen Ort Portomarin kommt. Der alte Ort ist dem Staudamm zum Opfer gefallen und im Wasser versunken.
Da wir noch genügend Zeit hatten setzten wir uns in einer Café-Bar in die Sonne. Wie wir so gemütlich da saßen und jeden Sonnenstrahl in uns aufsogen, erzählten uns vorbeiziehende Pilger, dass die Herbergen hier alle schon ziemlich voll seien. So beschlossen wir, doch noch bis Gonzar zu gehen. Das waren noch mal acht Kilometer, aber bei dem schönen Wetter eine gut zu laufende Strecke.
Gegen 18:00 Uhr kamen wir in der privaten Herberge von Gonzar an. Es stellte sich schnell heraus, dass diese Unterkunft genau wie gestern Abend ein echter Glücksgriff war. Es war eine kleine gemütliche Herberge, wo abends auch wieder für uns gekocht wurde. Während des Essens kam dann auch noch Martin, vollkommen durchnässt, denn es hatte wieder zu regnen begonnen, bei uns in der Herberge an. Er hatte heute auch
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