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Mein wildes Herz

Mein wildes Herz

Titel: Mein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kat
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Tatsache, dass alle Männer in ihrem Bekanntenkreis kleiner waren als sie. „Deine Mutter konnte ihre Ahnenreihe bis zu den Dänen zurückverfolgen. Du solltest stolz auf dein Erbe sein.“
    Aber Krista wünschte sich eigentlich nur, dass ihr Aussehen sich nicht gar zu sehr von dem anderer Frauen unterscheiden würde.
    Ihr Vater schob einige der Papiere zusammen, die auf seinem Schreibtisch herumlagen, schloss das Buch, in dem er gelesen hatte, und sah auf. „Wie ich höre, gehst du mit Coralee am Sonntag in den Zirkus?“
    „Möchten Sie gerne mit uns kommen?“, fragte sie, erstaunt über sein Interesse.
    Ihr Vater lachte in sich hinein. „Tatsächlich habe ich ernsthaft daran gedacht. Ich denke, du hast schon von der Hauptattraktion gehört, dem Mann, den sie ‚den letzten Barbaren‘ nennen.“
    Krista lachte. „Ja, wahrscheinlich ist er Teil des Begleitprogramms.“ Jetzt verstand sie. „Man hält ihn für einen Wikinger.“ Alles, was mit Wikingern zu tun hatte, weckte das Interesse ihres Vaters. „Man sagt, er sei über sieben Fuß groß und von Kopf bis Fuß mit blonden Haaren bedeckt.“
    Lachend schüttelte der Professor den Kopf. „Natürlich ist das alles Unsinn, den man nur verbreitet, um noch mehr Zuschauer anzulocken. Trotzdem könnte es interessant werden. Er soll ein entsetzliches Untier sein, und schon ein Blick auf ihn in seiner ungeheuren Wut sei das Eintrittsgeld wert. Ich wette, es ist irgendeine bedauernswerte Kreatur, die aus Bedlam ausgebrochen ist, sicher ein armer Verrückter.“
    „Wahrscheinlich. Doch da er Sie zu interessieren scheint, verspreche ich, ihm einen Besuch abzustatten. Er könnte gut in Corries Artikel passen.“
    Ihr Vater nickte. „In der Zwischenzeit versuche bitte nicht, die ganze Londoner Männerwelt in Aufruhr zu versetzen.“
    Krista lächelte. „Ich vermute, meine Artikel haben genauso viele Befürworter wie Gegner, Vater. Vielleicht sogar mehr.“
    „Vielleicht. Doch die meisten der Befürworter sind in einer weit weniger einflussreichen Position.“
    Das stimmte leider. Es waren die Männer und Frauen der armen Arbeiterklasse, welche sich die Verbesserungen wünschten, nicht die reichen Fabrikbesitzer, die sie würden bezahlen müssen.
    Krista verließ das Studierzimmer ihres Vaters und hatte ein schlechtes Gefühl, wenn sie an die Botschaft dachte. Wie weit Menschen wohl gehen würden, um eine Stimme zum Schweigen zu bringen, die sich für die Kanalisation und eine Verbesserung der entsetzlichen Bedingungen einsetzte, unter denen die Arbeiterklasse leiden musste?
    Doch im Grunde war es ihr egal, denn sie würde ihren Weg gehen. Außerdem hatten die Artikel die Auflage der Zeitung um mehr als zwanzig Prozent in die Höhe getrieben.
    Heart to Heart würde diesen Weg auch weiterhin beschreiten und daneben seinen Leserinnen natürlich auch den Fortsetzungsroman und die Nachrichten aus der feinen Gesellschaft bieten, die ebenfalls gerne gelesen wurden.
    Während Krista hinunterging, um die letzten Handgriffe für die Ausgabe dieser Woche zu erledigen, spürte sie, dass sie sich auf den Tag, den sie mit ihrer Freundin im Zirkus verbringen würde, freute.

3. KAPITEL
    Am Sonntag stand Coralee Whitmore pünktlich zur verabredeten Zeit bei den Harts vor der Tür, um Krista zu ihrem Ausflug in den Zirkus abzuholen. Eine frische Frühlingsbrise wehte, und die noch schwache Sonne beschien den Fluss, an dem der Zirkus seine Wagen abgestellt und das Zelt aufgebaut hatte.
    Krista trug einen kurzen Mantel über ihrem malvenfarbig und schwarz gestreiften seidenen Tageskleid, während Cora in ein hellblaues, mit rosa Tressen besetztes Seidenkleid mit dazu passender rosa Seidenhaube gekleidet war.
    „Es ist so aufregend“, sagte Corrie und schien wie immer voll unerschöpflicher Energie. „Ich war noch nie in einem Zirkus. Du etwa?“
    „Als ich noch ein kleines Mädchen war, hat mein Vater mich einmal mitgenommen. Jetzt erscheint mir aber alles ganz anders.“
    Vielleicht lag es auch an diesem Zirkus. Der Zirkus Leopold kam aus dem Norden, aus Newcastle-upon-Tyne. Durch kleine Städte und Dörfer war die Truppe zuerst Richtung Südwesten nach Manchester gezogen, dann in den Süden bis nach Bristol und hatte so schließlich London erreicht.
    Krista und Corrie spazierten umher, bis es Zeit für die Nachmittagsvorstellung war. Sie genossen die Atmosphäre unter dem Zelt aus schwerem Segeltuch mit der einfachen Manege, in der hauptsächlich Tierdressuren gezeigt wurden.

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