Mein wildes Herz
der in ihren unglaublich blauen Tiefen brannte. Noch nie zuvor hatte Krista eine so intensive Farbe gesehen.
„Großer Gott“, sagte Corrie ehrfurchtsvoll. „Wir müssen näher hingehen.“
Den Blick immer noch auf die Kreatur in dem Käfig gerichtet, folgte Krista Corries Drängen, und sie bahnten sich einen Weg durch Menge. Krista verspürte in ihrem Herzen Mitleid mit dem Mann und etwas in ihr wünschte sich, den Käfig nie entdeckt zu haben.
Lieber Gott, der schlimmste Verbrecher verdiente besser be handelt zu werden als der Mann im Käfig.
Zum zweiten Mal traf der Stock Leifs Rippen, und er stieß ein Brüllen aus, packte die Eisenstäbe und rüttelte daran. Denn wenn er es nicht tat, würde der Stock wieder sein Ziel finden, das wusste er. Leif hatte Narben an Armen und Beinen, Narben auf seinem Rücken und von den Fesseln, die er tragen musste, Narben an den Handgelenken und Knöcheln.
Ein Teil von ihm spürte die Schmerzen schon gar nicht mehr. Dieser Teil seines Selbst brachte kaum mehr den Willen auf, jeden Morgen aufzustehen und einem weiteren höllischen Tag entgegenzusehen. Diesen Teil seines Selbst kümmerte es nicht mehr, ob er lebte oder starb.
Doch der andere Teil seines Selbst, in dem sein wilder Lebenswille ungebrochen war, ließ ihn weitermachen; noch eine Minute, noch eine Stunde.
Er ließ ihn hoffen, irgendwie doch noch eine Fluchtmöglichkeit zu finden.
Ohne auf das Gebrüll der Menschen zu achten, die sich vor seinem Käfig versammelt hatten – einige deuteten auf ihn und lachten, andere zogen Grimassen –, sah er zu dem kleinen Wesen hin, das zwischen den Stäben hindurchschlüpfte, um ihm Gesellschaft zu leisten. Einen Affen nannten sie es. Er nannte es Alfinn – kleiner Kobold. Er war der einzige Freund, den Leif in dieser gottverlassenen Welt besaß, in die er hineingestolpert war, und ihm bedeutete diese Freundschaft viel.
Leif sprach zu dem Affen, als könnte der ihn verstehen, und machte sich über die Leute lustig, die sich über ihn lustig machten, auch wenn sie seine Worte natürlich nicht verstanden. Eines Tages, sagte er sich, würde er einen Weg aus diesem Käfig finden, würde frei sein von den Fesseln, die ihn so machtlos gegenüber seinen Feinden sein ließen. Eines Tages würde er dem fetten Snively den Stock entreißen und ihm diesen in seine verrotteten Eingeweide rammen.
Aufgeregt schnatternd hüpfte der Affe auf und ab, als Snively wieder auf Leif einstach, bis der einen Wutanfall bekam. Die Menge brüllte auf und wich zurück. Einige der Frauen schrien voller Angst.
Leif gefiel es, dass sie Angst vor ihm hatten.
Es war die einzige Macht, die er in einer Welt besaß, in der er ansonsten machtlos war, in der ihm sein Leben nicht länger gehörte.
Nach und nach zerstreute sich die Menge. Die Leute hatten gesehen, weswegen sie gekommen waren. Als Leif wieder nach draußen schaute, waren nur noch zwei Frauen übrig geblieben. Eine davon war rothaarig, kleiner als der Durchschnitt und auch hübscher, auch wenn sie nicht zu den Frauen gehörte, die anziehend auf ihn wirkten. Dazu ähnelte sie zu sehr einem Kind.
Er erinnerte sich daran, wie es war, eine Frau in den Armen zu halten, eine richtige Frau, die das Blut eines Mannes in Wallung bringen konnte.
Die Blonde war so eine Frau. Groß, üppig, reif für einen Mann, mit cremeweißer Haut und einem Mund, der für die Leidenschaft geschaffen zu sein schien. Er fühlte seine Männlichkeit erwachen. Es tat gut zu wissen, dass es seinen Feinden nicht gelungen war, ihn völlig zu zerbrechen, so sehr sie es auch versucht hatten. Und es tat gut zu wissen, dass er immer noch ein Mann war.
Leif grinste dem Affen zu. „Na, das ist mal eine Frau … eine richtige Frau“, sagte er. „Mit einem einzigen Blick dieser hübschen grünen Augen könnte sie das Blut eines Mannes zum Kochen bringen.“
Alfinn schnatterte, als würde er ihn verstehen. Die Blonde sagte etwas zu der Frau neben ihr, drehte sich dann um und wollte gehen. Leif beobachtete, wie ein Windstoß ihr die Haube vom Kopf wehte. Goldblond schimmernde Locken fielen ihr rechts und links auf die Schultern. Sie reckte sich, um den Hut noch zu erwischen, und obwohl die voluminöse Kleidung ihre weiblichen Formen verhüllte, konnte er ihre schmale Taille und ihr hübsch gerundetes Hinterteil erkennen.
„Schau dir das an, Alfinn. Ein Hintern wie geschaffen zum Vergnügen eines Mannes. Wäre ich nicht in diesem Käfig, ich würde ihr einen Ritt verschaffen,
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