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Mein wildes Herz

Mein wildes Herz

Titel: Mein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kat
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primitiven, weit entfernten Welt, die so anders als ihre eigene war, niemals glücklich werden. Ihr Platz – ihr Leben – war hier in England.
    Wie immer auch ihre Zukunft aussah, sie würde sie nicht mit Leif teilen.
    Am späten Nachmittag kamen sie in Beresford-on-Quay an, zwei Stunden später, als Krista geplant hatte. Die Textilfabrik, ein dreistöckiges Backsteingebäude, stand auf dem Steilufer hoch über dem Fluss. Dieser Platz war bewusst gewählt worden, denn der Fluss brachte die mächtigen Räder zum Laufen, die wiederum die schweren Maschinen im Innern der Fabrik antrieben.
    „Ich denke, du wartest am besten hier“, sagte Krista zu Leif. „Vermutlich möchte Mr. Harding lieber …“
    „Nein.“
    „Es geht hier ums Geschäft, Leif. Ich bin wohl kaum in Gefahr, denn ich glaube nicht, dass Mr. Harding mich hierher eingeladen hat, um mich umzubringen.“
    „Wenn du gehst, gehe ich auch.“
    Verärgert stieß sie die Luft aus. „Du bist wirklich unerträglich.“
    Leif lächelte nur.
    Krista bezwang ihren Ärger und betrat das lange, schmale Gebäude durch die Tür, über der die große rote Inschrift Harding Textilien prangte . Sie wurde zu Cutter Harding geführt, der in seinem Büro arbeitete, den Kopf über einen Stapel Schreibarbeit gebeugt. Sein Sekretär, ein junger Mann in den Zwanzigern, der an einem Tisch im vorderen Teil des Büros arbeitete, hielt sie auf, bevor sie Harding erreichen konnte.
    „Kann ich Ihnen helfen?“
    „Mein Name ist Krista Hart. Das hier ist mein Kollege. Wir waren mit Mr. Harding verabredet, doch die Straßen erwiesen sich als schwieriger, als wir angenommen hatten. Deshalb kommen wir jetzt leider mit Verspätung zu unserer Verabredung.“
    Am anderen Ende des Raums erhob sich Harding von seinem Schreibtisch und kam zu ihnen. Er war Ende vierzig, hatte dichtes blondes Haar und hinkte leicht. „Miss Hart … ich glaubte schon, Sie hätten vielleicht Ihre Meinung geändert.“
    „Ganz und gar nicht, Mr. Harding. Wie ich schon sagte, verursachten uns die Straßen etwas mehr Schwierigkeiten, als erwartet. Das ist mein Kollege, Mr. Draugr.“
    „Erfreut, Sie beide kennenzulernen.“ Der Blick, den Harding Leif schenkte, drückte klar aus, dass er wusste, warum Leif hier war. Und der Blick, mit dem Leif ihn ansah, warnte ihn vor dem, was geschehen würde, wenn hier nicht alles mit rechten Dingen zuging.
    „Nun, dann kommen Sie mit. Es ist sicher noch nicht zu spät für mich, Sie herumzuführen. Wenn Sie erst einmal einen Rundgang durch die Fabrik gemacht haben, werden Sie erkennen, dass vieles von dem, was Sie und ihre reformfreudigen Freunde glauben, einfach nicht wahr ist.“
    „Ich hoffe es.“
    Harding führte sie aus dem Büro, und die nächste halbe Stunde besichtigten sie das Hauptgeschoss der Fabrik. Das riesige Rad, das den Strom für die Fabrik erzeugte, dominierte den Raum und machte einen unangenehmen Krach. Doch die Maschine war ein notwendiger Teil des Arbeitsablaufes.
    „Tut mir leid wegen des Lärms“, sagte Harding. „Ich brauche Strom, um die Fabrik zu betreiben. Und das heißt, das große Rad muss sich drehen.“
    Daran kann man wohl nichts ändern, vermutete Krista. Das Geklapper wurde nur noch von den Spinnmaschinen übertroffen – Spinn-Jennys genannt –, die in Reihen auf dem Dielenboden aus Eichenholz standen. Auch wenn die Luft staubig war und die Arbeiter dicht an dicht saßen, sah Krista doch kein Kind unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsalter von neun Jahren. Auch war der große Raum relativ sauber.
    „Was ist oben?“, fragte sie, als der Rundgang beendet war.
    „Nur Lagerräume“, erwiderte Harding.
    „Und unten?“
    „Eine ähnliche Betriebshalle. Doch ich befürchte, ich habe nicht mehr die Zeit, sie Ihnen zu zeigen. Ich habe noch eine Verabredung und bin bereits etwas spät dran. Wie ich schon sagte, ich glaube, Sie haben Ihre Meinung geändert.“
    „Das ist ganz richtig. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Die Arbeit in einer Fabrik ist nicht die angenehmste. Doch es hat auch nicht den Anschein, als würden Sie irgendein Gesetz brechen oder ihre Arbeiter schlecht behandeln.“
    „Kaum. Diesen Leuten wird ein fairer Lohn gezahlt. Sie werden von keinem eine Klage hören.“
    Nein, die Männer und Frauen, mit denen Krista gesprochen hatte, konnten nichts Schlechtes über Mr. Harding oder ihren Arbeitsplatz sagen. Da Harding daneben stand, hatte Krista das natürlich auch nicht erwartet.
    Harding machte gerade

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