Mein wildes Herz
aussah.
„Jetzt leg dich auf das Sofa.“
Leif lächelte schelmisch.“ Wenn das eine deiner Unterrichtstunden ist, honning , dann dürfte sie mir gefallen.“
Entnervt verdrehte Krista die Augen, ging zum Fenster und ließ das Rouleau herunter. Dann kehrte sie zu Leif zurück, der mit erwartungsvollem Blick dalag.
„Ich habe dich nicht hier heraufgebracht, um dich zu verführen. Ich möchte nur, dass du dich etwas ausruhst. Du schläfst ja fast schon im Stehen. Wenn du darauf bestehst, bis in die frühen Morgenstunden auszugehen, dann wirst du von nun an jeden Nachmittag mindestens zwei Stunden schlafen.“
Er lächelte. „Ich werde mich hinlegen, wenn auch du dich hinlegst.“
Krista ließ ein ärgerliches Brummen hören. „Du sollst dich ausruhen. Ich bezweifle, dass du an Schlaf denkst, wenn ich neben dir liege.“
Er lachte leise, als sie zur Tür ging. „Schlaf jetzt“, sagte sie weich. „Ich werde dich in ein paar Stunden wecken.“
Im nächsten Moment fielen ihm bereits die Augen zu. Sein Kopf sank auf das Kissen, seine langen Beine ragten über die Liege hinaus, als er in Schlummer sank. Einige Zeit lang stand Krista einfach nur in der Tür und betrachtete ihn. Seine breite Brust hob und senkte sich gleichmäßig, seine Wimpern lagen auf den hohen Wangenknochen. Sie waren dunkler als die goldblonden Haare.
Leise schloss Krista die Tür und fühlte einen seltsamen Schmerz in der Brust. Jede Nacht stieg sein Gewinn. Falls seine Geschicklichkeit sich nicht plötzlich in Luft auflöste oder das Glück ihn verließ, würde es nicht mehr lange dauern, und er hätte das notwendige Geld für seine Abreise zusammen.
Er würde gehen, und sie würde bleiben.
Zum ersten Mal erkannte Krista, wie weh es tun würde, wenn er fort wäre.
16. KAPITEL
Die Reise nach Beresford-on-Quay dauerte länger, als Krista erwartet hatte. Die ganze Nacht hatte es geregnet. Jetzt waren die Straßen voller Furchen und tiefer Schlammpfützen. Dunkle Wolken, die sich drohend am Himmel ballten, waren ein Zeichen, dass der nächtliche Sturm zurückkehren konnte. Vor dem Kutschfenster dehnten sich wogende, kreuz und quer von niedrigen Steinmauern durchzogene Felder aus. Eine schmale Straße wand sich einen entfernten Hügel hinauf, von dessen Kuppe aus ein herrschaftliches Gut die Landschaft unterhalb überschaute.
Lächelnd genoss Krista die Aussicht. Als die Kutsche durch die Dörfer fuhr, entdeckte sie Kinder, die auf den Straßen Ball spielten. Der Wagen eines Kesselflickers, der vor ihnen fuhr, wich zur Seite, damit sie ihn überholen konnten. Als die Stunden sich hinzogen, schlug Leif ein Kartenspiel vor, und Krista lachte, weil er sie wieder und wieder haushoch verlieren ließ.
„Das kannst du sehr gut“, meinte sie, als sein König ihren Buben schlug und Leif wieder einen – nur angenommenen – Gewinn einstrich. „Wie es scheint, zahlen sich deine Bemühungen aus.“
„Ich muss gewinnen“, sagte er schlicht. „Das ist die Chance, auf die ich gewartet habe.“
Krista strich den Rock ihres taubengrauen Reisekleids glatt und spielte dann mit dem schwarzen Schnurbesatz auf ihrer Jacke. „Ist es wirklich so wichtig für dich, Leif, ein Schiff zu kaufen? Wäre es so schrecklich, wenn du in London bliebest?“
Er blickte sie mit seinen strahlend blauen Augen an. „Ich würde bleiben, wenn ich könnte. Hier gibt es so viel zu lernen. Jeder Tag bietet mehr Wissen. In meinem ganzen Leben könnte ich all das nicht lernen. Doch ich kann nicht bleiben. Ich habe meinem Vater einen Schwur geleistet.“
„Was für einen Schwur?“
Er starrte aus dem Fenster. „Als die Männer beschlossen, aus den Holzbalken des Wracks ein Schiff zu bauen, stritten mein Vater und ich miteinander. Er verbot mir zu gehen, doch ich sagte ihm, dass ich gehen müsste. Ich versprach ihm bei meiner Ehre zurückzukehren. Ich sagte ihm, dass ich meine Pflichten als ältester Sohn nicht vergessen würde. Was auch geschieht, ich muss diesen Eid halten.“
Krista nickte. Sie wusste, was Ehre und Pflicht bedeuteten. Sie hatte selbst Pflichten zu erfüllen.
Sie sah zu Leif, der die Karten in seiner Hand studierte. Einen Augenblick lang erlaubte sie sich, davon zu träumen, wie es wäre, wenn er ihr Ehemann würde. Sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn er ihr das Kind schenken würde, das ihre Familie so nötig brauchte, einen goldblonden, schönen Knaben, so stark wie sein Vater.
Doch Leif konnte nicht bleiben, und sie würde in einer
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