Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
Vom Netzwerk:
mit dunklen Schränken und Regalen, auf denen Pokale in allen Größen standen. »Zufällig habe ich gerade Kaffee gemacht und einen Kuchen gebacken. Wenn die Herren wollen?« Ihr schmaler Mund lächelte vertraulich.
    Ehrlinspiel schluckte kurz, als sie in das Wohnzimmer kamen. »Erwarten Sie Besuch?« Nicht einmal eine Fliege hätte zwischen geblümten Kaffeegedecken, Milchkännchen und Zuckerdose, Kuchenplatten und Sahneschüssel auf dem Couchtisch noch Platz gefunden.
    »Ach … nicht direkt«, sagte Britta Zenker.
    »Wir wollen nicht lange stören.« Er sah sich um. Eine Seite des Zimmers wurde von einer dunklen Eichenschrankwand beherrscht, in deren Fächern sich Tausende von kleinen Porzellanfigürchen tummelten. Pferde mit und ohne Reiter, Füchse, Hasen und Rehe. Auf der Fensterbank standen Grünpflanzen, und neben dem Fernsehgerät in der Ecke stapelten sich Illustrierte. Die
Neue Post
lag ganz oben und titelte »Traumschiffproduzent hilft in großer Not«. Es roch nach einem künstlichen, süßlichen Raumerfrischer.
    »Aber Sie stören doch nicht!«, sagte Britta Zenker. »Nehmen Sie Platz, meine Herren.« Sie setzte sich auf die Kante eines grauen Sessels mit großem Blumenmuster und beugte sich nach vorn.
    Kaum dass Ehrlinspiel und Freitag saßen, lagen auch schon zwei riesige Tortenstücke mit schokoladigen und cremeweißen Schichten auf ihren Tellern, und die Frau wiederholte ihre Frage: »Ist er ermordet worden?« Sie beugte sich noch weiter vor, und Ehrlinspiel glaubte, ihre spitze Nase steckte genauso gern in anderer Menschen Angelegenheiten wie jetzt beinahe im Sahnetopf.
    Er nahm die Kuchengabel in die Hand, starrte auf den Teller und schluckte. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte er und dachte: Du bist ein neugieriges Klatschweib und willst dir mit Leckereien Informationen erschleichen. Du hast nur auf uns gewartet. Und wenn wir nachher zur Tür draußen sind, wieselst du durchs ganze Haus und erzählst jedem – selbstverständlich hinter vorgehaltener Hand –, was du weißt. Geschätzt wirst du deshalb nicht werden.
    »Essen Sie, essen Sie«, sagte Zenker und fuchtelte über dem Tisch herum. »Also?«
    »Wie gut kannten Sie Martin Gärtner?«
    »Wie man einen Nachbarn eben so kennt. Wissen Sie, er war ein ganz Stiller. Nur der Köter, der hat zu viel gekläfft. Mit dem ist er dreimal am Tag raus. Um acht Uhr, um kurz vor sechzehn Uhr und um einundzwanzig Uhr fünfundvierzig.«
    »Allein?«, fragte Freitag und schlug ein Bein über das andere.
    »Ich hab ihn nie in Begleitung gesehen. Wissen Sie, er war ein Einzelgänger.«
    »Frührentner, sagten Sie zu unserem Kollegen?«
    Sie nickte eifrig. »Der hatte schon lang keinen Job mehr. Ist hier nur faul herumgehängt.«
    »Seit wann war er ohne Arbeit?«
    »November 1997«, kam es ohne Zögern.
    »Sie haben aber ein gutes Gedächtnis.« Freitag lächelte.
    »Mein Mann, Gott hab ihn selig, ist da gestorben.« Sie bekreuzigte sich mit hastigen Bewegungen. »So etwas merkt man sich, das können Sie mir glauben. Witwe mit Mitte vierzig …«
    »Wo hat Ihr Nachbar gearbeitet?« Ehrlinspiel legte die Gabel beiseite. Er sehnte sich nach einem saftigen Steak.
    »Bei irgendeiner Spedition.«
    »Und weshalb hat er dort aufgehört?«
    Zenker nestelte in dem Filzklumpen herum. »Also ehrlich gesagt, das weiß ich nicht. Ich habe in der Zeit nicht so auf meine Nachbarn geachtet. Ich hab mich doch um die Beerdigung und den Nachlass kümmern müssen.«
    Ehrlinspiel lehnte sich zurück. Die objektiven Fakten würden sie schon selbst herausfinden. Sie mussten erst einmal Subjektives sammeln. Eindrücke über den Toten, Verhaltensweisen, mögliche Kontakte. »Wann haben Sie Ihren Nachbarn zum letzten Mal gesehen? Also, ich meine«, setzte Ehrlinspiel die Befragung fort, »
bevor
Sie sich Sorgen gemacht und« – er betonte jedes weitere Wort – »ganz richtigerweise gleich mit dem Schlüssel hinüber sind und nach ihm gesehen haben.« Schmeicheln war immer gut. Es brachte die Menschen oft dazu, vertrauensselig zu plaudern. Wobei sie da bei Zenker wohl nicht viel nachhelfen mussten.
    »Sorgen, genau. Ich hab mir Sorgen gemacht. Einer muss ja an seine Mitmenschen denken.«
    »Natürlich«, warf Freitag ein und deutete mit den Augen zu einem Fenster zur Straßenseite hin.
    Ehrlinspiel folgte seinem Blick. Hinter den Spitzenvorhängen lag ein Samtkissen auf der Fensterbank. Es war abgewetzt und zeigte die Abdrücke zweier Arme, die sicherlich nicht nur für einen

Weitere Kostenlose Bücher