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Mein wirst du sein

Mein wirst du sein

Titel: Mein wirst du sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rodeit
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sie kaum verstehen konnte.
    »Wer ist wo?«
    »Erich ist da.«
    »Der komische Typ? Wo ist er?«
    »Er sitzt an einem Tisch und trinkt Bier.«
    »Und warum flüsterst du dann? Wenn du im Büro bist, kann er dich nicht hören.«
    Sie antwortete nicht.
    Ich seufzte. »Ich komme.«
    Ich zog mich um und verließ die Wohnung. Wenig später traf ich im ›Jazz-Keller‹ ein, wo ich zunächst Lou in die Arme lief.
    »Himmel«, begrüßte er mich. »Hast du etwas? Bin ich aus dem Schneider?«
    »Nein, Lou, leider noch nicht. Aber es läuft, ich kriege Informationen von der Polizei, die wichtig sein könnten.«
    »Dann hast du dir das mit dem Duett überlegt?«
    Klar hatte ich.
    »Vergiss es.«
    »Jule, jetzt sei doch nicht so. Das war phantastisch! Und es wäre so eine Überraschung für die Gäste. Ich hatte Gänsehaut neulich.«
    Ich auch.
    » Nein! «
    Ich ließ ihn einfach stehen. Er plapperte immer noch vor sich hin, wie schön es wäre, wenn… Ohne mich. Das war eine einmalige Ausnahme gewesen, und ich bereute, dass es überhaupt irgendjemand gehört hatte. Wenn es nach mir ginge, würde ich es ungeschehen machen.
    »Da ist er«, flüsterte Fanny. Sie hatte sich von hinten an mich herangeschlichen und mich am Arm gepackt.
    Ich fuhr herum. »Mensch, hast du mich erschreckt!«
    Aufgeregt deutete sie in den Zuschauerraum.
    Der Laden war wieder brechend voll. Die Band machte eine Pause, und auch Cosima hatte sich zurückgezogen. Im Hintergrund dudelte leise Jazz. Der Raum summte von den Gesprächen der Gäste. Es wurde gelacht und getrunken, und alles in allem herrschte eine fröhliche Stimmung.
    Nur an einem Tisch relativ weit vorn saß ein einzelner Mann. Soweit ich sehen konnte, war er nicht besonders groß. Er hatte volles, graues Haar und trug einen Schnurrbart. Ein bisschen füllig mochte er vielleicht sein, ein kleiner Bauch zeichnete sich unter seinem weißen Hemd ab.
    Er blickte ausdruckslos vor sich hin auf die Tischplatte.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Und?«
    »Na, der ist doch komisch, oder?«
    »Fanny, bitte hör auf zu flüstern. Er hört dich da drinnen sicher nicht, und mir würde es die Sache etwas erleichtern.«
    Sie ließ meinen Arm los und bedeutete mir, ihr an die Bar zu folgen.
    »Magst du etwas?«
    Ich dachte an das Bier, das ich bereits getrunken hatte und rutschte auf einen Barhocker. »Lieber nicht.« Ich wollte fit sein, ich musste einen Mord aufklären. »Und was an ihm ist jetzt komisch?«, fragte ich, während ich Erich beobachtete. Von der Bar aus, die etwas erhöht lag, hatte man einen guten Blick über das Geschehen. Er hatte sich nicht bewegt.
    »Na, sieh ihn dir doch an. Er sitzt da, einfach so, trinkt etwas und redet nie auch nur ein Wort.«
    »Das allein ist noch nicht komisch. Ich meine, er sieht nicht einmal besonders aus. Damit meine ich nicht besonders gut. Er wirkt nicht ungepflegt, hat ein sauberes Hemd an und genießt seinen Drink bei guter Musik. Das machen viele.«
    »Aber er sitzt immer allein da. Er ist wie die beiden Frauen kurz nach Weihnachten zum ersten Mal hier gewesen. Und eine davon ist jetzt tot.«
    Ich sah eine Weile hinunter. Erich rührte sich nicht, er sah einfach vor sich hin. Mein Verstand weigerte sich zu akzeptieren, dass er deswegen ein Mörder sein sollte. Trotzdem, wenn er die Frauen womöglich hier kennengelernt hatte?
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Also gut, ich nehme ihn mal genauer unter die Lupe. Vielleicht kommt ja etwas dabei heraus.«
    Das Mineralwasser, das Fanny mir hingestellt hatte, trank ich dann doch. Von hier oben wirkte der ›Jazz-Keller‹ einladend und gemütlich. Überall wurde geplaudert und gelacht.
    Dann entdeckte ich Cosima seitlich der Bühne, für die Gäste noch von einem Vorhang verborgen.
    Lou hatte die Empore erklommen, um freudestrahlend den nächsten Auftritt anzukündigen, und die Band hatte Stellung hinter den Instrumenten bezogen.
    »Und nun, meine verehrten Damen und Herren, habe ich die Ehre, Ihnen etwas ganz Besonderes und Einmaliges hier im ›Jazz-Keller‹ vorstellen zu dürfen.« Sein Gesicht glänzte, die Augen strahlten, und sein Lächeln konnte breiter nicht sein. »Selten habe ich Ihnen mehr versprochen.«
    Ich sah Cosima hinter dem Vorhang strahlen wie ein Honigkuchenpferd. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, und eine zarte Röte hatte ihr Gesicht überzogen. Oder lag es am Licht?
    Ich persönlich fand, dass Lou da ein bisschen übertrieb. Cosima war nicht schlecht, aber eine solche Lobeshymne war dann

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