Mein wirst du sein
fragte ich vorsichtig.
»Na ja, ich weiß ja nicht, ob Sie Kaffee trinken. Vielleicht mögen Sie lieber einen Tee. Oder eine Cola oder einen Saft. Vielleicht darf es auch ein Eis oder ein Stück Kuchen sein.«
Was war nur in der letzten Nacht mit mir geschehen? Jahrelang hatte ich kein Date mehr gehabt. Und jetzt? Aber warum eigentlich nicht?
»Okay.«
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Morgen soll das Wetter gut werden. Wie wäre es, wenn wir an die Donau gehen, ein Eis essen und sehen, was dann passiert. Wenn Sie Lust haben, gehen wir noch etwas trinken, wenn Sie nicht mehr möchten, gehen wir heim. Sie waren mir gestern einfach sympathisch und Sie waren nett zu mir. Das ist mir schon lang nicht mehr passiert. Also dachte ich mir, ich rufe Sie an und versuche mein Glück.«
»Wo haben Sie eigentlich meine Telefonnummer her?« War ich durch irgendeine Unachtsamkeit doch im Telefonbuch gelandet?
Er lachte. »Ein kleines Geheimnis. Aber ich verrate es Ihnen morgen gern, wenn Sie möchten.«
Wir verabredeten uns für drei Uhr an der Eisdiele am Rathausplatz, und ich legte mit einem Gefühl der Hochstimmung auf. Ich kannte Krüger zwar nicht, aber er war mir auch nicht gerade unsympathisch gewesen. Und was sprach dagegen, sich bei einem Eis oder einer Tasse Kaffee näher kennenzulernen?
Nun musste ich mich aber endlich wieder auf die Arbeit konzentrieren. Bei Dr. Schönborn hatte ich Pech. Ich erreichte nur den Anrufbeantworter und hinterließ eine Nachricht mit der Bitte um Rückruf.
Bei Tobias Goldmann hatte ich mehr Glück, doch er ließ mich spüren, dass er keine Lust hatte, sich mit mir zu treffen. Schließlich gab er widerwillig nach und sagte, dass er ab 18 Uhr im ›Jungle‹ anzutreffen sei. Das ›Jungle‹ hatte erst kürzlich eröffnet, und im Moment fanden dort die angesagtesten Afterwork-Partys von Ulm und Umgebung statt.
Mir war egal, wo wir uns trafen, solang ich in Erfahrung bringen konnte, was ich wissen wollte.
Anschließend rief ich Jochen Eigner an.
»Du schon wieder. Hast du Sehnsucht nach mir?«
»Jochen, ich brauche noch einmal deine Hilfe. Ich habe einen Namen, kannst du kurz checken, ob etwas gegen ihn vorliegt?«
Er schwieg einen Moment. »Das darf ich nicht«, sagte er dann.
»Komm schon, weil ich es bin. Um der alten Zeiten willen.«
»Frag doch Mark.«
Diesmal sagte ich nichts. Er seufzte.
»Okay, lass hören.«
Ich nannte ihm Erich Webers Namen und Adresse, schmierte ihm noch ein bisschen Honig ums Maul und legte auf.
Weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, begann ich aufzuräumen und zu putzen, was mich selbst überraschte. Ich war die Letzte, die zu dieser Jahreszeit einen Hang zum Frühjahrsputz verspürte. Vielleicht schlummerten im Verborgenen doch Hausfrauenambitionen in mir? Es konnte aber auch daran liegen, dass ich ein Date hatte und das Bedürfnis verspürte, nicht nur in meinem Inneren aufzuräumen. Oder es lag schlicht an der Tatsache, dass Mark gestern Dinge in meiner Küche gefunden hatte, von deren Existenz ich nichts gewusst hatte.
Das Beruhigende war, dass der Elan nicht lang anhielt. Als Jochen anrief, um mir zu sagen, dass nichts gegen Erich Weber vorlag, nahm ich das zum Anlass, den Putzlappen in die Ecke zu werfen.
Gerade als ich mich mit einem Schinkenbrot und einer Tasse Kaffee an den Tisch setzte, klingelte das Telefon. Mit Dr. Schönborn konnte ich noch für den gleichen Abend um 19 Uhr ein Treffen vereinbaren. Bis dahin sollte ich aus Tobias Goldmann alles Wissenswerte herausbekommen haben.
Aufgrund des Fotos wusste ich bereits, wie Goldmann aussah. Vorteil für mich.
So unsympathisch er mir am Telefon gewesen war, so wenig änderte sich das, als ich ihn jetzt sah. Darüber konnte auch sein gutes Aussehen nicht hinwegtäuschen. Er war kleiner, als ich aufgrund des Fotos vermutet hatte, vielleicht knapp einen Meter 75. Sein Gesicht war ebenmäßig und glatt, und das dunkelbraune Haar trug er mit Gel ordentlich frisiert.
Ich konnte nicht sagen, was mich an ihm störte. Vielleicht lag es daran, dass es von allem ein bisschen zu viel war. Die Haare etwas zu lang, die Zähne einen Tick zu weiß und sein Lachen zu laut, wie ich am Eingang stehend bereits deutlich hören konnte. Er stand lässig an eine Wand gelehnt, einen Cocktail in der Hand, und unterhielt sich mit einem jungen Mädchen, das ihn anhimmelte.
Ich beobachtete die beiden ein wenig und stellte dabei zweierlei fest: Erstens wusste Tobias Goldmann, dass er nicht schlecht
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