Mein wirst du sein
Mörder sie vielleicht verschwinden lassen wollen?«
Mark wiegte den Kopf.
»Du meinst, er hat sie mit etwas beschwert, damit sie in der Donau untergeht?«
Ich nickte mit vollem Mund.
»Der Gedanke kam mir auch schon. Ich glaube aber nicht, dass das der Fall ist. Dann hätte man Male an den Handgelenken, den Füßen oder meinetwegen dem Rumpf finden müssen. Nein, ich glaube eher, dass es dem Mörder egal war, ob und wann sie gefunden wird.«
Eine Weile aßen wir schweigend weiter.
»Wie kommt es eigentlich, dass du in dem Fall ermittelst?«
Ich überlegte, wie viel ich ihm erzählen sollte. Revanchieren musste ich mich, denn was Mark mir erzählt hatte, hätte er in diesem Umfang nicht tun dürfen.
»Jemand hat mich mit der Suche nach ihr beauftragt«, sagte ich nach einer kurzen Pause und sah ihn an. »Gut, die Sache mit der Suche hat sich jetzt erledigt. Aber ich helfe jemandem, und deswegen bleibe ich dran.«
»Und?«
»Komm schon, ich darf dir nicht mehr erzählen, das weißt du.«
»Wir werden es sowieso herausfinden«, sagte er und wandte sich achselzuckend wieder seinem Teller zu.
Sei dir da mal bloß nicht zu sicher, dachte ich und aß mit Genuss weiter.
»Ich war ganz schön überrascht heute«, sagte Mark schließlich, als wir fertig waren. »Du warst die Letzte, mit der ich gerechnet hätte.«
»Das habe ich gemerkt. War eine herzliche Begrüßung«.
»Tut mir leid. Ehrlich. Ich war nur so platt, dich zu sehen. Und du siehst nicht mehr so aus, wie ich dich in Erinnerung hatte, das musst du zugeben. Schon allein der Ring, den du da in der Lippe trägst.«
Ein Glück, dass er mein Bauchnabelpiercing nicht sehen konnte.
Wie kam ich nur darauf, jetzt daran zu denken?
»Ich habe mich eben ein bisschen verändert.«
»Ein bisschen verändert? Du hast nichts mehr mit der Person gemein, die ich einmal kannte.«
»Schlimm?« Die Antwort auf diese Frage interessierte mich ehrlich.
»Hm, anders einfach. Denke ich. Nicht nur dein Äußeres. Ich hätte nie gedacht, dass du jetzt Privatdetektivin bist. Dein ganzes Wesen ist anders. Wie ist das gekommen?«
Ich schwieg, und Mark seufzte.
»Okay, du willst nicht darüber reden.«
»Exakt.«
»Dann frage ich auch nicht weiter nach. Erzähl mal, was hast du so getrieben?«
Den Rest des Abends unterhielten wir uns über berufliche Belanglosigkeiten, alberten ein bisschen herum und wühlten in alten Geschichten aus der Polizeischule. Obwohl wir früher nicht viel miteinander gesprochen hatten, kam es mir vor, als wären wir engste Freunde gewesen, die sich nur für eine Weile aus den Augen verloren hatten.
Die Knutscherei auf der Party kam nicht zur Sprache. Einerseits war ich dankbar, andererseits hätte ich gern gewusst, ob Mark sich noch daran erinnerte.
»Mit deinem Fliesenleger würde ich ein Wörtchen reden«, sagte Mark, als er von der Toilette zurückkam.
»Warum?« Die Frage hörte sich eine Spur zu scharf an.
»Eine Fliese ist schief, sticht direkt ins Auge. Und die Fugen sind nicht alle sauber gearbeitet. Wie heißt er? Ich brauche einen Fliesenleger, und an den möchte ich nicht geraten.«
»Flemming.«
Er entschuldigte sich nicht, und ich ging nicht weiter darauf ein.
»Bist du eigentlich verheiratet?«, wollte Mark irgendwann wissen. »Oder liiert?«
Ich schüttelte den Kopf, die Bierflasche an den Lippen. Die Frage ärgerte mich.
»Solo.«
Mark sagte nichts.
»Und du?«, fühlte ich mich genötigt, in die Stille hinein zu fragen. »Noch immer so ein Weiberheld?«
Er lachte, und um seine Augen bildeten sich winzige Fältchen. Es war beruhigend zu sehen, dass auch an ihm die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen war. »Man wird mit dem Alter ruhiger«, antwortete er unbestimmt, und ich ging nicht weiter darauf ein.
Seine Frage hatte die freundschaftlich vertraute Stimmung der letzten Stunden zerstört.
»Ich glaube, ich gehe jetzt«, sagte er und sah auf die Uhr. »Wir müssen morgen arbeiten.«
Ich nickte und folgte ihm in den Flur.
»Also dann«, sagte Mark und öffnete die Wohnungstür. »Danke für die Pizza und das Bier.«
»Ja klar. Danke für Knoblauchbrot und Salat.«
»Tut mir leid wegen dem blöden Spruch mit dem Fliesenleger. Ich wollte niemanden aus deiner Familie beleidigen. Hat dein Bruder gefliest?«
»Nein. Ich.«
Ich war dabei, den Tisch abzuräumen und über Mark nachzudenken, als das Telefon läutete. Es war fast zehn Uhr, wer wollte jetzt noch etwas von mir?
»Er ist da«, flüsterte Fanny, dass ich
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