Mein wirst du sein
an die Gurgel. Also bin ich gegangen.«
»Rein interessehalber, wie hieß die andere Frau?« Gab es eine potenzielle Gegnerin im Kampf um Goldmann? Und Susanne hatte den Kürzeren gezogen?
»Marina irgendwie.«
Ich schnappte nach Luft. »Waldner vielleicht?«
»Schon möglich, ich weiß es aber nicht mehr genau. So wichtig war sie mir nicht.«
Diese Information musste ich erst einmal verdauen. Hatte Marina nicht gesagt, dass sie niemals die gleichen Männer getroffen hatten? Gerade weil es keinen Streit geben sollte. War das ein blöder Zufall gewesen? Oder Absicht?
»Die Streiterei zwischen den beiden, wie war die?«
»Wie Gezanke zwischen Weibern halt so ist.«
Das half mir natürlich ungemein weiter.
»Eine Frage noch. Frau Dauber ist am 8. April verschwunden. Das war ein Mittwoch am Spätnachmittag. Was haben Sie da gemacht?«
»Ein Auto verkauft«, antwortete er wie aus der Pistole geschossen.
»Und das wissen Sie noch so genau?«
»Ja, Frau Neunmalklug. Ich verkaufe Autos. VWs, um genau zu sein. Und einen Touareg verkauft man nicht jeden Tag. Mit zwei im Jahr ist man schon gut. Und noch dazu an eine hübsche, junge Frau. Das kommt noch seltener vor. Meistens sind es die alten Knacker, die sich solche Autos leisten. Es wird Sie also nicht überraschen, dass ich ausgerechnet das noch weiß. Für den Termin habe ich mir den halben Nachmittag freigehalten. Ich habe mit ihr Kaffee getrunken, ihr dann das Auto erklärt und bin sogar noch eine Runde mit ihr gefahren.«
Ich schwieg unbeeindruckt.
»War’s das?«, fragte er schließlich.
»Vorerst. Wenn ich noch Fragen habe, rufe ich Sie wieder an.«
»Oder auch nicht.« Goldmann stand auf und ging zu dem jungen Mädchen zurück, das seinen Beobachtungsposten noch immer nicht verlassen hatte. Besitzergreifend legte er einen Arm um sie.
Ich verließ das ›Jungle‹. Hätte ich nicht im Anschluss mein Treffen mit Daniel Schönborn gehabt, wäre ich direkt zu Marina Waldner gefahren, um sie zur Rede zu stellen. Hatte sie geglaubt, dass ich nicht dahinter kommen würde? Sie selbst hatte mir den Tipp mit Tobias Goldmann gegeben.
Konnte es sein, dass der Streit zwischen den Freundinnen so eskaliert war, dass Marina Susanne umgebracht hatte? Aus Eifersucht?
Ich war mir nicht sicher, ob Marina zu so etwas fähig war. Aber wer konnte schon vorhersagen, was im Affekt alles passieren würde.
Söflingen war ein Ortsteil von Ulm, und er war wie ein Dorf in der Stadt. Hier gab es sogar noch einen Bauern, der mit seinem Traktor durch die engen, verwinkelten Gassen fuhr. Außerdem gab es jede Menge Aktivitäten und Veranstaltungen. Die Feste im Söflinger Klosterhof waren mittlerweile legendär, aber wenn man nicht dort wohnte, hatte man immer das Gefühl, allenfalls geduldeter Gast zu sein.
Der neueröffnete Biergarten Klosterhof lag ruhig inmitten altehrwürdiger Klostermauern, war urig gemütlich mit alten Holztischen und –bänken eingerichtet und lud zum Verweilen bei einem Klosterbier oder einheimischen Spezialitäten ein. Er war etwas wirklich Besonderes. An Markttagen bekam man gegen eine geringe Gebühr einen Teller, den man auf dem Wochenmarkt selbst mit Köstlichkeiten füllen konnte, die man dann im Biergarten verzehrte. Selbst an die Kleinsten war gedacht, es gab nicht nur einen Spielplatz, sondern auch einen kleinen Hasenstall.
Dr. Schönborn wartete bereits auf mich, als ich durch das kleine Gartentor eintrat.
Er war zur Abwechslung eine angenehme Erscheinung nach den Enttäuschungen, die auch Susanne mit ihren Blind Dates erlebt haben musste. Er war groß gewachsen, blond und schlank. Er trug eine beige Hose, ein schwarzes Hemd ohne Krawatte und hatte einen dunklen Pullover um die Schultern gelegt. Nach dem Gespräch mit Tobias Goldmann und seinem aufgeblasenen Verhalten wirkte er erfrischend normal.
Er blätterte in einer Zeitschrift, sein Handy lag auf dem Tisch. Als er mich kommen sah, stand er auf und streckte mir die Hand entgegen.
»Sie müssen Frau Flemming sein«, sagte er mit einer Stimme, die ein bisschen zu hoch war für einen Mann. »Bitte nehmen Sie Platz.« Er wartete, bis ich mich ihm gegenüber auf die Bank gesetzt hatte, ehe er sich niederließ. »Ich habe noch nichts bestellt.«
Die Kellnerin kam und nahm die Bestellung auf. Eine Cola für mich und ein Klosterbier für Dr. Schönborn.
»Nun, wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Dr. Schönborn und lehnte sich entspannt zurück. Die Zeitschrift hatte er zugeschlagen und zur
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