Mein wirst du sein
»Was weißt du noch, das ich wissen sollte?«, fragte er kalt.
»Überhaupt nichts. Aber wenn wir schon dabei sind, dann kümmer dich um den Ehemann. Er wusste auch von den Kontaktanzeigen. Und bei der Gelegenheit kannst du ihre Freundin auch gleich unter die Lupe nehmen. Die beiden hatten ziemlich Zoff wegen einem Kerl.«
Mark knallte die Bierflasche auf den Tisch, dass Schaum herausspritzte und sich über das Holz verteilte.
»Du triffst dich doch nicht etwa mit den Typen?«
»Und wenn? Hast du Angst um mich?«
Marks Gesichtszüge verkrampften sich, und es fehlte nicht viel, dann wäre er explodiert, ich konnte es genau sehen. Doch er beherrschte sich. Es waren nur wenige Sekunden, dann drehte er sich um und verließ die Wohnung. Die Tür fiel mit einem lauten Krachen ins Schloss.
Es herrschte eine unheimliche Stille, und Marks Worte und das Donnern der Tür hallten in meinem Kopf.
Dann zuckte ich die Achseln und trank einen Schluck Bier.
Was konnte ich dafür, wenn er langsamer ermittelte? Wahrscheinlich nagte es an seinem Ego, dass ich mehr wusste als er. Er hatte mir nicht zugetraut, dass ich mit meinen Nachforschungen tatsächlich erfolgreich sein würde. So konnte man sich täuschen.
Warte nur, Mark Heilig, wozu ich noch alles fähig bin. Den Fall lasse ich mir nicht aus der Hand nehmen. Du wirst noch dein blaues Wunder erleben.
Ich stellte meine leere Flasche sanft neben seine, die in einer Bierpfütze stand, und holte einen Lappen, um das Verschüttete wegzuwischen. Ich zögerte nur kurz, dann nahm ich seine Flasche und trank einen Schluck daraus. Es war ein eigenartiges Gefühl. Fast so, als würde ich seine Lippen berühren. Wie damals.
Das warme Gefühl in meinem Bauch war urplötzlich wieder da, doch es störte mich nicht. Es war angenehm und stärker als beim letzten Mal. Es kribbelte. Oder bildete ich mir das nur ein?
Schnell stellte ich die Flasche wieder weg und ging ins Bad. Es war spät geworden, und morgen hatte ich ein Date.
Während ich die Zähne putzte, klingelte das Telefon. Ob Mark sich entschuldigen wollte? Hastig spuckte ich die Zahnpasta ins Becken und spülte den Mund aus. Doch ich kam zu spät. Als ich den Hörer abnahm, hörte ich nur noch das Freizeichen. Wild drückte ich ein paar Tasten, um dem Telefon die gespeicherte Nummer des Anrufers zu entlocken. Doch die Rufnummer war unterdrückt gewesen.
Kurze Zeit später dachte ich nicht mehr daran und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf …
… aus dem ich wenig später unsanft gerissen wurde. Wieder läutete das Telefon, und ich hatte Schwierigkeiten, mich zu orientieren. Diesmal wurde eine Rufnummer angezeigt, die ich jedoch nicht kannte.
»Hier ist Rafael Winter.«
Der hatte mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt.
»Was wollen Sie?«
»Mich entschuldigen. Wir hatten einen schlechten Start, davon ist ein unangenehmes Gefühl in mir zurückgeblieben.«
So, so. Was ihn betraf, hatte ich auch nicht die besten Gefühle.
»Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?«
»Hast du etwa schon geschlafen?«
Jetzt reichte es.
»Also nur fürs Protokoll: Erstens, ja, ich habe bereits geschlafen, und zweitens sind wir nicht per du.«
»Jetzt hab dich doch nicht so. Ich würde mich gern entschuldigen.«
»Was hiermit erledigt wäre, ich wünsche keine weiteren Störungen dieser Art!«
Ich legte auf.
Donnerstag
Das durchdringende Geräusch meines Telefons riss mich aus dem Schlaf. Mühsam ergatterte ich den Hörer und lauschte. »Etwas Entsetzliches ist passiert!«
Verdammt, was denn jetzt schon wieder? Und warum immer so früh?
Ich linste auf den Wecker und stellte fest, dass es schon fast neun Uhr war. Ich gähnte ausgiebig und rieb mir die Augen, ehe ich antwortete.
»Was ist jetzt schon wieder los, Lou?« Ich mochte ihn. Wirklich. Aber in einem hysterischen Anfall von ihm aus dem Schlaf gerissen zu werden, war Höchststrafe. Und er war hysterisch!
»Grauenvoll, einfach schrecklich!«
Ja, das hatten wir bereits.
»Wo bist du?«
»Beim Arbeiten. Stell dir vor, die Polizei war heute Morgen schon da.«
»So oft, wie die in letzter Zeit bei dir waren, solltest du dich eigentlich langsam daran gewöhnt haben.«
»Es war die Mordkommission.« Seine Stimme war nur mehr ein ehrfurchtsvolles Flüstern.
Und ich hatte eine unheilvolle Ahnung. Ich setzte mich auf.
»Und wer war da?« Wollte ich die Antwort wirklich hören?
»Ein Kommissar Heilig. Und ich kann dir eines sagen, der ist alles andere als heilig.«
Ach
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