Mein wirst du sein
bisschen was aus dem Leben eines Privatdetektivs.«
Wir verbrachten einen kurzweiligen Vormittag.
Seine Mutter arbeitete als Krankenschwester und hatte sowohl Nacht- als auch Wochenenddienste. Was erklärte, warum Leon so viel allein war.
Aber er war ein aufgewecktes Bürschen und löcherte mich mit Fragen zu meinem Beruf, die ich versuchte, kindgerecht zu beantworten.
»Haben wir jetzt einen Deal?«, fragte er, als er ging, und hielt mir feierlich die Hand hin. Ich schlug ein.
»Äh, ja. Haben wir. Ich helfe dir.«
Sein Taschengeld behielt ich vorläufig. Ich wollte ihn nicht kränken, indem ich es ihm gleich wieder zurückgab. Es gab sicher Möglichkeiten, wie ich es ihm auf Umwegen wieder zukommen lassen konnte.
Wie ich ihm aber helfen sollte, war mir noch ein Rätsel. Ich konnte ja schlecht in die Schule marschieren und den Bösewichten Prügel androhen. Vermutlich hatten sie alle ältere Brüder, Vettern oder Onkels, und das konnte ich jetzt nicht auch noch brauchen.
Noch immer fühlte ich mich in meiner Wohnung nicht wohl. Der Einbruch hatte mir mehr zugesetzt, als ich zuzugeben bereit war. Hätte der Einbrecher den Fernseher oder den Computer mitgenommen, hätte ich ihn für bescheuert gehalten, ich hätte es aber nachvollziehen können. Doch dass nichts gestohlen worden war, machte die Sache zu etwas Persönlichem. Und das nagte an mir.
In einem Anflug von latentem Schwachsinn beschloss ich, den versprochenen Besuch bei meiner Mutter zu absolvieren. Dann konnte ich mich wenigstens aufregen und musste nicht über den Einbrecher nachdenken.
Sie wohnte in Neu-Ulm im Donaucenter, einem Hochhauskomplex aus den Sechzigern, von dem aus man einen schönen Blick auf die Donau hatte. Wenn man in der richtigen Wohnung lebte. Seine besten Jahre hatte die Anlage aber definitiv bereits hinter sich.
Meine Mutter besaß keine gute Wohnung, und ihr Blickfeld erstreckte sich über die Dächerwelt der Innenstadt von Neu-Ulm.
Ich hatte an der Tür unten geklingelt und wurde sofort eingelassen. Oben empfing sie mich, aufgeregt wie ein Schulmädchen.
»Kind, dass du endlich einmal wieder hier bist! Wie schön, dich zu sehen!«
Meine Mutter riss mich an ihren voluminösen Busen und drückte meinen Kopf an ihren Hals, dass ihr krauses, rotgefärbtes Haar mich in der Nase kitzelte. Ich nieste.
»Bist du krank? Du solltest mehr Tee trinken. Komm rein, ich habe eine Kanne aufgesetzt.«
»Ich habe Heuschnupfen«, murmelte ich, aber sie war mit wehendem Kaftan schon in der kleinen Wohnung verschwunden. Es interessierte sie nicht.
Ich folgte ihr und stieß mit dem Kopf gegen einen Traumfänger, der im Flur im Halbdunkeln von der Decke hing. Schnaubend betrat ich das Wohnzimmer, das ein illustres Sammelsurium von allerlei Krimskrams beherbergte. An der Terrassentür hing ein Windspiel und klimperte leise unablässig vor sich hin.
»Setz dich«, forderte sie mich auf.
Ich sah mich um. Wohin? Ich sah keine Sessel oder Stühle, auch ein gemütliches Sofa vor dem Fernseher fehlte.
Mutter deutete auf eine Ansammlung nicht zusammenpassender Sofakissen, die als Haufen auf dem Boden lagen.
»Hast du deine Möbel verkauft?«
»Das ist der neueste Schrei. Das hilft dir, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren.«
Und verursachte Bandscheibenvorfälle.
Seufzend ließ ich mich nieder und sortierte eine Weile Sofakissen, um wenigstens halbwegs bequem zu sitzen. Es funktionierte nicht.
Meine Mutter zündete irgendein seltsames Kraut in einer Schüssel an, und helle Rauchschwaden zogen durch die Wohnung. Es stank erbärmlich, und ich fragte mich, was sie da wohl abfackelte.
Sie brachte Tee und schenkte mir in einen Tonbecher ein.
»Die habe ich selbst getöpfert. Hübsch, nicht?«
Ich beäugte diese Missgeburt einer Tasse und nickte vorsichtig. Ob sie den Henkel absichtlich weggelassen hatte?
»Äh, ja.«
Der Tee stank ähnlich grausam wie die Räucherschale. Hatte sie etwa Teeblätter angezündet? Ich bildete mir ein, dass mein Gehirn von den Düften bereits in Mitleidenschaft gezogen wurde.
»Erzähl mal, wie geht es dir?«
Tja, wie ging es mir? Ziemlich bescheiden, würde ich sagen. Ich holte Luft und wollte ihr mein Leid klagen.
»Hast du dich jetzt dazu entschieden, doch an einer Séance teilzunehmen?«
Spätestens jetzt bereute ich wirklich, dass ich hergekommen war.
Es klingelte, und sie stand erfreut auf. Ohne meine Antwort abzuwarten. Wenig später kam sie noch fröhlicher zurück. Im Schlepptau meinen Bruder
Weitere Kostenlose Bücher