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Mein wirst du sein

Mein wirst du sein

Titel: Mein wirst du sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rodeit
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nichts führten. Ich fühlte mich gerädert von der letzten Nacht und fragte mich, wer mich wohl angerufen hatte. Dabei wusste ich es längst. Und ich war soweit, zumindest mir selbst gegenüber zuzugeben, dass ich Angst hatte.
    Und dann lag mir das kleine Problem mit Leon im Magen. Ich wollte ihm helfen, keine Frage. Aber im Moment wusste ich nicht, wo mir der Kopf stand. Der Fall beanspruchte mich über die Maßen, und ich hatte keine Ahnung, wie ich mir die Zeit freischaufeln sollte, für Leon den Aufpasser zu spielen. Außerdem hatte ich noch immer keine Ahnung, wie ich ihm helfen konnte.
    Mangels Alternativen rief ich meinen Bruder an und bestellte ihn zu mir.
    Leon war hocherfreut, mich besuchen zu dürfen, warf mir einen verschwörerischen Blick zu und verabschiedete sich von seiner Mutter. Die zögerte, ihn mitgehen zu lassen.
    »Keine Angst«, sagte ich. »Wir werden uns die Köpfe schon nicht einhauen. Und eigentlich ist er ja ganz brav.«
    Zweifelnd sah sie ihren Sohn an und umarmte ihn dann mit der Ermahnung, nur ja anständig zu sein.
    »Cool«, sagte er, als er meinen Bruder zu Gesicht bekam. »Habe ich jetzt einen Bodyguard? So wie die im Film? Mensch, bist du groß!«
    Er sah bewundernd zu Sebastian hinauf. Der blickte skeptisch nach unten.
    »Sebastian, wir brauchen deine Hilfe«, sagte ich feierlich, als wir alle um den Tisch saßen. In der Mitte stand die Schachtel mit den Schaumküssen. Leon und Sebastian bedienten sich und kauten einträchtig.
    »Was’n los?«, nuschelte mein Bruder mit vollem Mund. Ich warf ihm einen strafenden Blick zu. Der Jugend ein Vorbild.
    »’tschuldigung.«
    »Leon hat ein kleines Problem in der Schule. Und du hast doch im Moment nichts zu tun. Wie wäre es, wenn du Leon in die Schule begleitest und ihn von dort wieder abholst, wenn er aushat?«
    Sebastian überlegte, und Leon und ich sahen ihm gleichermaßen hoffnungsvoll dabei zu.
    »Will dir einer ans Leder?«
    Leon nickte und erzählte seine Geschichte erneut.
    »Das geht ja nun mal gar nicht!«, sagte Sebastian, als er geendet hatte. »Klar helfe ich dir. Ich hatte früher auch mal Probleme mit solchen Kerlen. Das kriegen wir schon hin.«
    »Und ich überlege mir in der Zwischenzeit, wie wir uns die Bösewichte vom Hals schaffen, okay?«
    Beide nickten, und ich war froh, dass wir fürs Erste eine Lösung gefunden hatten. Keine zufriedenstellende, dessen war ich mir bewusst. Mir musste etwas einfallen, und zwar schnell. Aber es war für den Moment besser als nichts.
    Mittags war ich dann wieder allein. Abwechslung musste her, alles war besser, als hier zu sitzen und nachzudenken. Also beschloss ich, Jens anzurufen. Er hatte gesagt, ich solle mich bei ihm melden. Etwas, das ich nur zu gern tat, um der Einsamkeit in meiner Wohnung zu entfliehen. Ich hatte das Gefühl, hier ersticken zu müssen, wenn ich den Abend nicht anderswo verbrachte.
    »Jule, wie schön! Wie geht es dir?«
    Nicht gut.
    »Es geht so. Hast du heute Abend schon was vor? Sollen wir ein Bier trinken gehen? Ich brauche ein bisschen Abwechslung und Zerstreuung.«
    »Ich hätte dich für eine Weintrinkerin gehalten«, antwortete Jens. »Aber Bier ist auch gut.«
    »Prima.«
    »Ich habe nur nicht viel Zeit. Morgen geht ein bedeutender Prozess weiter, und meine Zeitung hat mich als Berichterstatter hingeschickt. Ich muss früh raus, weil ich nach Stuttgart fahren muss. Und klar denken können sollte ich auch. Wenn es dir also nichts ausmacht, dass es bei einem Bier bleibt, dann sehr gern.«
    Wir verabredeten uns für den Abend in der ›Teutonia‹, einem gemütlichen Biergarten in der Friedrichsau.
    Weil ich es zu Hause nicht mehr aushielt und meine Wohnung in den vergangenen Tagen zweimal gründlich geputzt hatte, zog ich meine Lederklamotten an und ging nach draußen.
    In der warmen Sonne schwitzte ich schnell, aber nach einer halben Stunde stand mein Motorrad startklar vor der Tür. Es hatte ein halbes Jahr Winterschlaf gehalten, nun war es an der Zeit, es wieder aufzuwecken.
    Ich stülpte den Helm über und startete den Motor, der nach so langer Pause Anlaufschwierigkeiten hatte und ordentlich hustete. Doch dann schnurrte er wie ein Kätzchen. Ich legte den Gang ein und brauste los in Richtung der schwäbischen Alb. Dort fuhr ich mit meiner Bandit durch kleine Dörfer und zwischen Feldern und spürte, wie die frische Luft und der Fahrtwind halfen, den gestrigen Abend in meiner Erinnerung auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
    Auf dem Motorrad

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