Mein wirst du sein
abschneidest, stört dich die Locke nicht mehr«, sagte Mark und sah mich aus dunklen Augen an. »Wäre aber schade drum.«
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, deswegen wechselte ich das Thema.
»Ihr habt jemanden am Wickel, dem ihr versucht, die Morde anzuhängen. Habe ich recht?«
Mark sah überrascht auf, sagte aber nichts.
»Gregor Falke aus dem ›Jazz-Keller‹.«
Mark reagierte nicht.
»Er hat nichts mit den Morden zu tun.«
»Woher weißt du das?« Seine Stimme war gefährlich leise geworden.
»Ich weiß es eben. Punkt.«
»Ah, das ist wohl der berühmte Ermittlerinstinkt, habe ich recht?«
»Wenn du so willst, von mir aus.«
»Dann will ich deinem Instinkt mal ein paar Fakten entgegenhalten. Die Frau, von der ich dir neulich erzählte, die vor einem halben Jahr in Weißenhorn im See gefunden wurde, verkehrte wie Susanne Dauber im ›Jazz-Keller‹. Und der saubere Herr Falke ist kein unbeschriebenes Blatt. Er ist wegen Drogendelikten vorbestraft und hat sogar gesessen. Solche Kerle ändern sich nicht. Er ist im Moment unsere heißeste Spur.«
Und wahrscheinlich die einzige. Was erklärte, warum er so verbissen war.
»Er war es nicht«, beharrte ich.
»Willst du mir nicht sagen, wie du darauf kommst?«
»Nein.«
»Ach so. Dann soll ich dir das jetzt einfach so glauben und meine Ermittlungen diesbezüglich einstellen.«
»Ja. Ich will dich nur davor bewahren, Zeit in eine Sache zu investieren, die zu nichts führt.«
»Das ist aber nett von dir. Du verteidigst den Guten ja recht vehement. Gibt es dafür einen tieferen Grund? Ich meine, eine Liaison wirst du wohl nicht mit ihm haben.« Selten hatte er spöttischer geklungen.
»Er war es nicht. Belassen wir es einfach dabei.«
»Wie du meinst.« Wir wussten beide, dass er den Teufel tun würde.
Er schwieg einen Moment und sah dann wieder auf. »Der Einbruch gestern bei dir ist seltsam. Wir haben keinerlei verwertbare Spuren gefunden. Der Typ muss Handschuhe getragen haben.«
»Vielleicht war es einfach nur ein Spanner.«
»Spanner beobachten und brechen nicht ein. Ich mache mir wirklich Sorgen, dass es der Mörder war.«
Ich mir auch. Doch ich hütete mich, das laut zu sagen. Stattdessen stand ich auf.
»Nachtisch?«
»Immer.«
Ich holte Dessertschalen und das Apfeltiramisu aus dem Kühlschrank. Statt mit Amaretto war es mit Calvados gemacht, die geriebenen Äpfel waren mit gerösteten Mandeln bestreut.
»Lecker!«
Ich freute mich über sein Kompliment, ließ es aber unkommentiert.
»Erzähl mal, du warst verheiratet?«
Die Frage traf mich unvermittelt und rührte an einer alten Wunde. Ich nagte an meiner Unterlippe.
»Jeder macht einmal Fehler. Die einen wiegen leichter, manche schwerer.«
Ich stand auf, um Bier aus dem Kühlschrank zu holen, und öffnete die Flasche am Küchentisch.
»Hast du eigentlich keinen Flaschenöffner?«
Er hatte mir fasziniert zugesehen.
»Ich hatte ihn verlegt. Und als ich ihn wieder gefunden hatte, waren schon Macken im Tisch. Also war es egal. Ist einfacher.«
»Wieso habt ihr euch getrennt?«, nahm er den Faden wieder auf und aß einen weiteren Löffel seines Nachtischs. »Köstlich!«
»Ist eine lange Geschichte.« Ich starrte vor mich hin auf die Tischplatte und überlegte, wie viel ich ihm erzählen sollte. »Die übliche Geschichte.«
Er drängte mich nicht und hörte einfach zu.
»Junges Mädchen sucht die große Liebe und lässt sich vom ersten Dahergelaufenen becircen. Vielleicht hätte ich nicht gleich heiraten sollen, dann hätte ich festgestellt, dass er das nicht nur mit mir so gemacht hat. Er musste ständig und an jeder Hand zehn Mädchen gehabt haben, ich habe es nur nicht gemerkt.« Die Erinnerung an jenen Abend kehrte zurück, doch ich fühlte, dass es mir gut tat. Also redete ich einfach weiter. »Irgendwann bin ich dahinter gekommen und bin ausgezogen. Ich habe sie in flagranti in meinem Bett erwischt. War nicht gerade angenehm.«
Mark nickte. Mit schief gelegtem Kopf nippte er gelegentlich an seinem Bier und hörte zu.
»Dann folgte das Übliche: Auszug, Scheidung, neues Leben, neuer Job. Und jetzt sitze ich hier und suche einen Serienmörder.«
»Deswegen die Veränderungen?«
Ich zuckte mit der Schulter.
»Ich denke, es war einfach an der Zeit, etwas in meinem Leben zu verändern. Es hat mich verändert. Aber ich bin zufrieden.«
»Deshalb das Piercing in der Lippe?«
Ich lachte leise. Wenn er wüsste.
»Nein, das hat mir gefallen.«
Nun lachten
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