Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
Vom Netzwerk:
mit Kleid in der anderen Hand die Kabine betreten hat. Ich blicke entsetzt an mir herunter. So schlimm?
    »Ich bin nicht schwanger!«, erwidere ich leicht beleidigt. Die Verkäuferin lacht.
    »Nein, das meine ich doch nicht. Wann die Hochzeit ist, wollte ich wissen.«
    »Ach so, die Hochzeit!« Erleichterung macht sich breit, ich dachte schon, ich sei derart außer Form. Ja, wann ist die Hochzeit? »5. Mai«, sage ich, weil Kikis Termin das erste ist, was mir durch den Kopf schießt. Und richtig gelogen ist es ja auch nicht, da ist ja wirklich die Hochzeit. Nur eben nicht meine.
    »Schön, dann ist es ja gar nicht mehr so lange hin.« Sie lächelt mich an. »Schon aufgeregt?«
    »Kann man wohl sagen.« Mir entfährt ein Kichern, weil die Situation so absurd ist.
    »Na, dann wollen wir mal.« Sie hält mir das Tüllmonstrum hin.
    »Und was ist das?«, will ich wissen. »Ein Reifrock«, erklärt sie, »der wird unter das Unterteil gezogen, damit es schön bauschig wirkt.« Sie zieht den Bund des Tülldings auseinander und geht auf die Knie. Einen Moment stehe ich unschlüssig herum und frage mich, was ich tun soll. Die Frau lächelt mich an. »Einsteigen, junges Fräulein«, fordert sie mich auf. Ich weiß nicht, ob mich jemals jemand »junges Fräulein« genannt hat. Aber irgendwie klingt es nett. Vorsichtig hebe ich ein Bein und steige in den Reifrock. Weil ich dabei schon wieder fast das Gleichgewicht verliere, stütze ich mich auf den Schultern der Frau auf. Wie als Dreijährige, als meine Mami mir noch beim Anziehen geholfen hat.
    »Entschuldigung«, meine ich und hoffe, dass meine Hände nicht zu schwer auf ihren schmalen Schultern lasten. »Keine Sorge«, beruhigt sie mich, »ich bin zwar nicht mehr die Jüngste, aber das halte ich noch aus.« Sobald ich mit beiden Beinen in dem Reifrock stehe, zieht sie das Monstrum hoch bis zur Taille und schnürt es fest.
    »Sehr schön«, kommentiert die alte Dame, nimmt den champagnerfarbenen Rock vom Bügel und geht wieder in die Hocke. »Und das gleiche noch einmal.« Ich frage mich, ob es in ihrem Alter eigentlich gesund ist, so oft auf Knien vor irgendwelchen Kundinnen herumzurutschen. Aber vielleicht hält sie gerade das vital, sie scheint jedenfalls kein Problem damit zu haben, wieder hochzukommen. »Jetzt fehlt nur noch der Neckholder«, erklärt sie. Mit flinken Bewegungen legt sie mir das Oberteil um und schließt es am Rücken mit einem derartigen Ruck, dass mir für einen kurzen Moment die Luft wegbleibt. Ich schnappe hörbar nach Atem, die alte Dame lacht leise auf. »Ja, ja«, sinniert sie vor sich hin, »wer schön sein will, muss leiden, nicht wahr?« Dann tritt sie einen Schritt zurück und betrachtet mich. »Wunderbar«, stellt sie zufrieden fest.
    »Wirklich?«, will ich unsicher wissen. Ich persönlich habe das Gefühl, dass das Kleid jeden Moment aus allen Nähten platzt. Kann mir nicht vorstellen, dass das so gedacht ist. Immerhin soll man es als Braut einen ganzen Tag lang darin aushalten und nicht sofort nach der Trauung bewusstlos zu Boden gehen. Mal ganz davon abgesehen, dass es in diesem Ganzkörperpanzer nicht leicht fallen dürfte, etwas von dem abendlichen Festmahl hinunterzuwürgen, ohne dass einem schon die Vorspeise zwischen den zusammengedrückten Rippen steckenbleibt.
    »Aber ja, meine Liebe«, bestätigt sie und zieht mit einem Ruck den Vorhang beiseite. »Sehen Sie selbst!« Ich trete ein paar Schritte aus der Kabine heraus und gebe mir Mühe, dabei nicht über den meterlangen Stoff zu stolpern.
    »Atemberaubend!«, kommentiert Herr Hübner, wenn er denn so heißt, und mustert mich ziemlich intensiv. Die Art und Weise, wie er mich ansieht, wirkt dabei ganz und gar nicht mehr schwul. Aber ich vermute, dass er dieses Glitzern in den Augen von jetzt auf gleich einschalten kann, Verkaufsstrategie sozusagen. Und bei mir scheint sie auch durchaus zu funktionieren, sofort fängt mein Herz an, ein bisschen schneller zu klopfen.
    Denk nicht mal daran, rufe ich mich innerlich zur Ordnung. Auch wenn seine Augen noch so blau sind und er dich noch so sehr anstrahlt! Erstens hast du dir vorgenommen, Männer nur noch als Spaßobjekte zu betrachten. Zweitens ist der Kerl vermutlich homo oder verheiratet. Und drittens: Selbst wenn er keins von beidem ist – immerhin denkt er, dass du dir gerade ein Brautkleid kaufen willst und demnach vergeben bist.
    Bei diesem Gedanken muss ich schon wieder kichern. Das würde andererseits sehr gut zu meinem schrägen

Weitere Kostenlose Bücher