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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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»Also«, meint er, »stell dich ganz locker hin und hebe die Arme an, und zwar so«, er zeigt es mir. »Moment«, er lässt mich kurz in der Position stehen, um ein paar Stühle und einen Tisch wegzuschieben. »Damit wir mehr Platz haben«, erklärt er, kommt zurück und nimmt mich in den Arm. »Auf eins gehst du nur mit deinem linken Fuß zurück, der Rest klappt dann von allein.«
    »Da bin ich skeptisch, ich werde dir höchstens auf deinen Füßen rumtrampeln.«
    »Pscht«, macht er und lauscht auf die Musik. Dann beginnt er zu zählen und mich hin- und her zu wiegen. »Eins, zwei, drei, eins, zwei, drei!« Wir tanzen los. Und zu meinem großen Erstaunen stolpere ich nicht schon nach dem ersten Schritt. Es geht tatsächlich ganz leicht, meine Füße bewegen sich wie von selbst, während Christoph mich mit sicherem Halt durch den Raum führt.
    »Ist ja irre«, wundere ich mich. »Ich tanze richtig Walzer!«
    »Hab ich dir doch gesagt«, meint er, »ist alles nur eine Frage des richtigen Partners.«
    »Also, was das betrifft, scheint Paul nicht der Richtige für mich zu sein«, schwindele ich. Hab im Leben noch nie mit Paul getanzt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er mich genau so gut im Griff hätte.
    Auf einmal wird die Musik richtig laut gestellt, die Kellnerin steht lächelnd in der Tür zur Terrasse und sieht uns zu. Ist mir nicht einmal peinlich, ich genieße es. Ich genieße die schöne Musik, Christophs Körper ganz dicht an meinem, seine Wärme, seine Hand auf meinem Rücken und die andere, mit der er meine hält. Ich könnte ewig so tanzen, es ist, als wäre ich vollkommen schwerelos.
    »Siehst du«, flüstert Christoph in mein Ohr, dass es kitzelt. »Du hast gar keine zwei linken Füße.« In diesem Moment kann ich nicht anders: Ich recke meinen Kopf ein Stück in die Höhe und drücke ihm einen Schmatzer auf die Wange. Christoph grinst – und schwingt mich weiter durch das Café.
    Viel zu schnell ist der Moment vorbei, die letzten Takte des Walzers verklingen, und Christoph macht einen eleganten Diener vor mir. »Vielen Dank für diesen Tanz, meine Dame.« Ich versuche mich mit einem Knicks.
    »Ich habe zu danken, mein Herr.« Von der Tür erklingt Applaus, die Kellnerin klatscht und ruft: »Was für ein schönes Paar! Ich kann mir schon gut Ihren Hochzeitswalzer vorstellen.« Christoph und ich zwinkern uns verschwörerisch zu.
    »Komm«, meint er. »Lass uns zahlen und gehen, einen besseren Abschluss könnte dieser Abend nicht haben.« Doch, könnte er, denkt das kleine Teufelchen in mir und sieht sich schon eng umschlungen mit Christoph im Auto sitzen. Gleich darauf wird es vom Engelchen in mir k.o. geschlagen. Nix is, schön brav bleiben!

    Christoph
    »Das war ein toller Abend«, sage ich zu Annika, als ich sie eine halbe Stunde später bei ihr zu Hause absetze.
    »Finde ich auch«, stimmt sie zu. »Und überaus erkenntnisreich. Wer hätte gedacht, dass ich so leichtfüßig bin?«
    »Das können wir gern jederzeit wiederholen«, biete ich an und gebe mir Mühe, dabei nicht allzu aufdringlich zu wirken.
    »Mal sehen«, antwortet sie. »Aber jetzt muss ich erst einmal ins Bett, sonst bin ich morgen den ganzen Tag über groggy.«
    »Soll ich dich denn morgen zu deinem Auto bringen?«
    »Das ist nett, aber du musst dir wirklich keine Umstände machen.«
    »Glaub mir, das sind überhaupt keine Umstände. Ich würd’s gern tun. Oder, wenn du dein Auto morgen nicht brauchst, können wir auch Dienstag fahren, da haben wir nämlich sowieso Bandprobe.« Vielleicht klingt das etwas zurückhaltender, ich will sie ja nicht verschrecken.
    »Na gut, Dienstag«, nimmt sie mein Angebot an, und ich freue mich. »Allerdings weiß ich noch immer nicht, wie wir die Karre dann zum Laufen kriegen, vielleicht rufe ich doch erst den ADAC an.«
    »Lass mal, ich hab da schon eine Idee.«
    »Aha? Ich denke, du hast keine Ahnung von Autos?«
    Ich grinse. »Du hast ja auch behauptet, du könntest nicht tanzen«, erwidere ich. Sie lacht und gibt mir einen Klaps auf den Arm. »Okay, dagegen kann ich nichts sagen.« Sie macht ihren Sicherheitsgurt los und öffnet die Beifahrertür.
    »Wann sollen wir uns denn Dienstag treffen?«
    Sie überlegt kurz. »Ich bin bis sechs oder sieben Uhr in der Redaktion. Vielleicht gegen acht?«
    »Gut, dann hole ich dich um acht zu Hause hab.«
    »Sogar mit Abholen, was für ein Service!« Sie nickt mir noch einmal freundlich zu, dann steigt sie aus. Schade, kein Abschiedsküsschen mehr.

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