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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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ihm trennt? Dann wäre sie frei, und ich könnte … Quatsch, darüber sollte ich mir frühestens Gedanken machen, wenn es so weit ist. Falls es jemals so weit ist.

    Annika
    Ruhig Blut, Annika, läuft doch alles nach Plan! Du hast mit Christoph einen wunderbaren Abend, ihr hättet euch eben fast geküsst, und außerdem hat er dir mit seiner erfundenen Traditionsgeschichte eine wunderbare Steilvorlage geboten, um deine Zweifel über die Hochzeit loszuwerden. Alles bestens, könnte nicht perfekter sein. Nur blöd, dass ich ständig an Susanne denken muss, die hat mir mit ihrem bescheuerten Vortrag echt ein paar Flausen in den Kopf gesetzt. Und noch ein kleines Problem habe ich: Mein Herzschlag will sich überhaupt nicht mehr beruhigen, die Stimmung und der Glühwein tun ein Übriges dazu, dass bei mir alles drunter und drüber geht.
    Als Christoph mich eben im Arm hielt, bin ich nur haarscharf daran vorbeigeschrammt, ihm kurzerhand die Wahrheit zu beichten. Gott sei Dank habe ich mich da im letzten Moment noch einmal zusammenreißen können, sonst hätt’s einen Super-GAU gegeben. Na gut, den Rest für meine Geschichte könnte ich mir im Zweifel noch ausdenken, habe ich auch früher schon manchmal aus der Not heraus tun müssen. Aber ich möchte nicht wissen, wie Christoph darauf reagieren würde, wenn er wüsste, was hier wirklich los ist. Wahrscheinlich würde er ein Loch ins meterdicke Eis der Außenalster fräsen und mich darin versenken. Verdient hätte ich’s wohl. Wir spazieren weiter.
    »Möchtest du noch einen Glühwein?«, will Christoph wissen. »Nein«, lehne ich ab. »Mir ist schon ganz schwummrig, und ich muss ja später noch mit dem Auto nach Hause fahren.«
    »Ich glaube, die Autos sollten wir tatsächlich lieber stehen lassen«, meint er. »Aber wir könnten auch noch etwas essen gehen«, schlägt er vor. »Du hast da vorhin was von einem Lieblingsitaliener erzählt.«
    »Sicher, ich hab auch Hunger«, stimme ich zu, obwohl es für heute wahrscheinlich besser wäre, nicht noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen, weil ich schon verwirrt genug bin. Aber was soll schon groß passieren, wenn ich ihm beim Italiener gegenübersitze?
    Wir steuern das Ufer an, und nachdem ich mich vorhin absichtlich fast auf die Nase gelegt hätte, rutschen mir jetzt hin und wieder tatsächlich die Füße weg. Christoph schlittert ebenfalls gefährlich, wir haben für ein Unternehmen wie das hier offenbar nicht die perfekten Schuhe an. »Gleich haben wir’s geschafft«, meint Christoph, »nur noch ein paar Meter, dann …« Rumms. Wir sitzen beide auf dem Hintern, das Eis hat uns im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen weggezogen.
    »Autsch!«, rufe ich aus, weil ich ziemlich schmerzhaft auf meinem Steißbein gelandet bin. »Tut’s weh?«, will Christoph sofort besorgt wissen und legt mir seine Hand auf den Rücken.
    »Geht so«, stöhne ich, »der Untergrund ist ziemlich hart.«
    »Sorry, das war wohl diesmal meine Schuld, hab irgendwie den Halt verloren.« Seine Hand wandert weiter über meinen Rücken und streichelt mich so zärtlich, dass ich es selbst durch meine dicke Jacke hindurch spüren kann. Ich greife hinter mich und halte Christophs Hand fest, in diesem Moment dreht er sich zu mir und legt auch den anderen Arm um mich.
    »Ich bin doch dafür, dass wir das mit der alten Tradition mal ausprobieren«, flüstert er, während er sich über mich beugt. Im nächsten Moment spüre ich seinen warmen Mund auf meinem, und ich kann nichts weiter tun, als die Waffen zu strecken. So sitzen wir da, auf der eisigen Außenalster, Passanten stapfen an uns vorüber, und wir küssen und küssen und küssen uns, als wäre es ab morgen verboten. »Übrigens hab ich ein wenig gelogen«, sagt Christoph, als wir uns nach einer scheinbaren Ewigkeit voneinander lösen und wieder aufstehen.
    »Gelogen?« Ich gucke ihn irritiert an, die Schwindlerin von uns beiden bin ja wohl ich.
    »Was diesen alten Brauch betrifft«, meint er, nimmt mich wieder in den Arm und führt mich sicher ans Ufer zurück. »Es ging dabei gar nicht nur ums Küssen.«
    Im ersten Moment begreife ich nicht, was er meint, aber dann deute ich seinen schelmischen Gesichtsausdruck offenbar genau richtig, denn er winkt ein Taxi heran und sieht mich auffordernd an. »Kommst du mit?«, will er wissen. Als ich mit ihm in den Wagen steige, muss ich gar nicht fragen, wohin ich mitkommen soll, mit Sicherheit nicht zu meinem Lieblingsitaliener.

    Christoph
    Annika

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