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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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herrschaftlichen Fassade – da kann man nur gefühlsduselig werden. Und für den Rest sorgt der Glühwein, von dem bereits die dritte Tasse wärmend in unseren Bäuchen gluckert.
    »Das war echt eine klasse Idee«, meint Annika und strahlt mich an. Dann wird ihr Blick etwas nachdenklich. »Paul ist für so etwas leider überhaupt nicht zu haben, für den ist das alles nur Touristennepp.«
    »Ist doch egal«, stelle ich fest, »lässt man sich halt etwas neppen. Wenn’s Spaß macht.« Was ist dieser Paul nur für ein komischer Vogel? Scheint ja überhaupt nicht zu Annika zu passen, warum will sie den bloß heiraten?
    »Komm«, Annika stellt ihren leeren Becher auf den Tisch. »Lass uns mal etwas herumschauen.« Wir gehen – besser gesagt: wir schlittern – übers Eis und inspizieren die verschiedenen Buden. Größtenteils sind es wirklich nur Getränke- und Imbissbuden, aber hier und da kann man den gleichen Krempel kaufen wie auf dem Weihnachtsmarkt: Holzschnitzereien, Duftkerzen – all so was halt.
    »Darf ich?« Annika hakt sich bei mir unter. »Sicher. Dann fallen wir wenigstens zusammen hin.« Als hätte ich sie damit zu etwas aufgefordert, gerät sie tatsächlich
    ins Taumeln und rutscht mit ihren Füßen weg. »Hoppla!«, rufe ich aus, lege meine Arme um sie und kann sie im letzten Moment noch auffangen. »Das war knapp.« Etwas atemlos steht sie an meine Brust gelehnt da, und ich drücke sie noch etwas fester an mich, als es eigentlich sein müsste. Aber wie soll ich da widerstehen, so eine günstige Gelegenheit bietet sich bestimmt so schnell nicht wieder.
    »Danke«. Sie blickt zu mir auf. Wieder ist da diese kribbelige Stimmung wie im Café Fees, wieder klopft mein Herz wie wild, wieder muss ich mich schwer zusammenreißen, um sie nicht sofort zu küssen. Sie muss das doch auch spüren, verdammt, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie das tut. Aber irgendetwas hält sie zurück. Na ja, nicht irgendetwas – wenn es ihren Paul nicht gäbe, hätten wir uns bestimmt schon einmal geküsst.
    »Ist ja noch einmal gut gegangen.« Noch immer lasse ich sie nicht los, und sie macht ebenfalls keine Anstalten, sich aus meiner Umarmung zu befreien. Wir stehen einfach nur da, halten uns fest und gucken uns an.
    »Weißt du was?« Ich nehme all meinen Mut zusammen.
    »Hm?«
    »Es gibt da einen alten Brauch, den du wahrscheinlich nicht kennst.« »Einen alten Brauch?« Ich nicke. »Ja, ich bekomme in meinem Geschäft naturgemäß immer alle möglichen Geschichten zu hören. Also, rund ums Thema Hochzeit, meine ich. Und eine meiner Kundinnen hat mir von einer uralten Tradition erzählt, nämlich dass …«, spinne ich weiter, obwohl ich selbst nicht so genau weiß, worauf ich eigentlich hinauswill, »… also, diese Tradition besagt, dass … dass …«
    »Dass was?« Annika lächelt schon wieder so süß, dass ich versucht bin, mir mein Gelaber zu schenken und sie jetzt einfach so hemmungslos abzuknutschen.
    »Ja, wie war das noch?«, überlege ich weiter. »Ach ja!«, ich habe einen Geistesblitz, »so war das: Die Tradition verlangt, dass die Braut, nachdem sie den Antrag angenommen hat, noch ein einziges Mal einen anderen Mann küssen muss.« Annika
    legt den Kopf schief. »Davon habe ich ja noch nie etwas gehört. Wozu soll das gut sein?«
    »Na ja«, phantasiere ich weiter, »damit sie auch wirklich ganz sicher ist, dass sie den richtigen Mann heiratet.«
    »Dafür soll sie einen anderen küssen?« »Richtig. Denn erst bei diesem Kuss merkt sie, zu wem ihr Herz wirklich gehört. So heißt es wenigstens laut Tradition.« Annika guckt mich aus großen Augen an, und für den Bruchteil einer Sekunde habe ich den Eindruck, dass ihr Gesicht meinem ein Stückchen näherrückt. Doch zu meiner großen Enttäuschung löst sie sich stattdessen aus meiner Umarmung, hakt sich wieder bei mir ein, und wir gehen weiter.
    »Ich muss gar keinen anderen Mann küssen«, sagt sie dann. Tja, Hübner, Pech gehabt. Schöne Geschichte, die du dir da ausgedacht hast. Nur leider hast du damit keinen sonderlich großen Erfolg gehabt. »Denn ich bin mir schon jetzt nicht mehr sicher, ob Paul und ich wirklich heiraten sollen.«
    Mein Herz macht einen Hüpfer – besteht vielleicht doch die Chance, dass ihre Hochzeit ins Wasser fällt? Doch während ich mich über ihre Zweifel tierisch freue, kriecht plötzlich noch ein anderes Gefühl in mir hoch, von dem ich nicht verstehe, woher es kommt: Angst. Was passiert, wenn sie sich wirklich von

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