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Mein wundervolles Genom

Mein wundervolles Genom

Titel: Mein wundervolles Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lone Frank
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der Interpretation bleibt. Unser Verfahren ist, dass wir Personen testen, die erkrankt sind. Nur so können wir sicher sein, dass wir einen Zusammenhang zwischen der Krankheit und etwaigen Mutationen finden. Denn wissen Sie: Selbst in Familien mit vielen Krebserkrankungen, wo wir sicher sind, dass ein dominanter erblicher Faktor für Brust- und Eierstockkrebs vorliegt, finden wir nur bei weniger als einem Drittel der Erkrankten eine BRCA-Mutation. Das spricht dafür, dass es weitere Risikogene und Mechanismen gibt, die wir noch nicht kennen. Das Problem bei einer kompletten Sequenzierung ist, dass Sie so viel finden, dass Sie einfach nicht wissen, was es bedeutet.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie bei einer kompletten Sequenzierung meiner BRCA-Gene möglicherweise Veränderungen finden, die Sie bisher noch nicht gesehen haben?«
    »Es besteht eine erhebliche Möglichkeit, dass wir etwas finden, wozu wir nichts sagen können, weil wir nicht wissen, ob es ein erhöhtes Krebsrisiko bedeutet. Und das wäre sicher kein Vergnügen für Sie.«
    Nein, das wäre es nicht, aber es ist auch kein Vergnügen, mit dem Gefühl herumzulaufen, da könnte etwas sein, das man erkennen und interpretieren könnte. Ich beschließe, es noch einmal zu versuchen.
    »Wenn ich nun sehr beunruhigt und unzufrieden mit Ihrer Erklärung wäre und Sie drängen würde, eine komplette BRCA-Sequenzierung durchzuführen, um zu sehen, ob da etwas ist, das man von anderswo kennt …?«
    Die Ärztin wirkt erschöpft.
    »Dann würde ich antworten, dass die Wahrscheinlichkeit, etwas zu finden, sehr gering ist. Ihre Familie scheint kein besonders hohes Risiko zu haben, und ich habe noch nie mit jemandem zu tun gehabt, der solche Fragen stellt. Aber wenn ich merke, dass Sie verstehen, wo die Grenzen liegen, würde ich mit meinen Kollegen über die Möglichkeit sprechen.«
    Ich konzentriere mich darauf, meinen Welpenblick hinzukriegen. Offensichtlich funktioniert es, denn man lässt Dr. Anne-Marie Gerdes holen, seit kurzem Leiterin der Krebsgenetik; sie ist bereit, sich meinen Fall anzuhören und mir zu helfen, zu einer Entscheidung zu kommen. Ihr ist es vor allem wichtig zu erfahren, ob ich wirklich verstanden habe, welchen Schneeballeffekt ich in Gang setze, wenn ich einen BRCA-Test erreiche und er tatsächlich bekannte Mutationen zeigt – Mutationen, von denen man weiß, dass sie mit einer 65- bis 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, verbunden sind. Könnte ich damit umgehen?
    Ich denke schon. Schließlich lebe ich seit ungefähr meinem fünfzehnten Lebensjahr mit solchen Gedanken. Mir ist klar, vor welchen Entscheidungen ich stehen werde, wenn ich erfahre, dass ich Mutationen habe. Ich kann das Angebot von Kjergaard annehmen – jährliches Abtasten und Mammografie –, oder ich kann mir beide Brüste amputieren und durch Silikonimplantate ersetzen lassen, wie Kári Stefánssonso freundlich vorgeschlagen hat. Ich frage, ob sie Richtlinien haben, was sie in solchen Fällen empfehlen.
    »Wir sprechen über so etwas nicht«, sagt die Chefärztin mit einem fast entrüsteten Blick. »Das hier ist eine genetische Beratung, und meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Person, die ich berate, die Optionen versteht und das für sie Richtige auswählt. Ich habe keine Meinung dazu, was sie tun sollte. Das ganze Gerede über die Amputation der Brüste – die Presse schreibt mit Begeisterung darüber. Aber nur sehr wenige lassen es tatsächlich machen. Es ist eine schwerwiegende Entscheidung; Betroffene wählen diesen Weg, wenn in einer Familie sehr viele junge Frauen gestorben sind und wenn eine Frau in Gesprächen hier und mit Brustspezialisten und plastischen Chirurgen herausfindet, dass es das ist, was sie will. Dann unterstützen wir ihre Entscheidung.«
    In unverändertem Tonfall fügt Gerdes noch hinzu: »Das ganze Verfahren dauert über ein Jahr. Zuerst entfernt man beide Brüste und die Brustwarzen und pflanzt einen Gewebeexpander unter den Brustmuskel ein. Dann pumpt man ein bisschen Salzwasser hinein, und im Lauf von einigen Monaten wird das Gewebe gedehnt. Danach bekommt die Frau Silikonimplantate, und die Brustwarzen werden tätowiert.«
    »Ja, die Frage ist, ob in meinem Alter der ganze Aufwand lohnt«, sage ich und hoffe auf eine weitere Versicherung, dass ich noch jung bin. Sie kommt nicht, aber die Chefärztin erwähnt noch ein weiteres Organ.
    »Wir dürfen nicht vergessen, dass auch die Eierstöcke mit bedacht

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