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Mein wundervolles Genom

Mein wundervolles Genom

Titel: Mein wundervolles Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lone Frank
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es lieber so ausdrücken: Ihre Chance, ohne Brustkrebs durchs Leben zu kommen, ist sehr viel größer, als dass Sie erkranken.«
    In meinen Ohren klingt das ein bisschen ausweichend.
    »Aber falls Sie wirklich eine Zahl haben wollen...?«
    Ich will eine Zahl haben, und schließlich wandert ein Stück Papier mit Daten über den Tisch. Kjergaard hat mir ein einfaches Koordinatensystem mit zwei Kurven aufgezeichnet; die eine Kurve zeigt das durchschnittliche Erkrankungsrisiko für Frauen zwischen dreiundvierzig und dreiundachtzig, die andere Kurve zeigt mein persönliches Erkrankungsrisiko für diesen Zeitraum. Meine Kurve steigt ein bisschen steiler an als die andere, und bei dreiundachtzig Jahren erreicht sie 23 Prozent.
    »Ihr Lebenszeitrisiko, das wir anhand von Studien und Tabellen kalkulieren, beträgt zwischen 23 und 28 Prozent, und da Sie damit ein bisschen über dem Durchschnitt liegen, hat das Gesundheitssystem ein spezielles Angebot für Sie.«
    Ein bisschen höher? Der Satz hallt nach. Ich weiß, dass eine durchschnittliche Frau ein Risiko von 10 Prozent hat. Ich weiß auch, dass wir hier in Regionen oberhalb von »ein bisschen« sind, und denke, hierwäre ein BRCA-Test angebracht. Ich bin schon bereit, meinen Ärmel für die Blutentnahme hochzuschieben.
    »Unser Angebot ist, dass Sie einmal jährlich zur Untersuchung in die Universitätsklinik kommen können. Ein Brustspezialist wird Sie untersuchen, und wir machen eine Mammografie. Für junge Frauen – äh, wie Sie – ist auch eine Ultraschalluntersuchung vorgesehen.«
    Wovon spricht sie? Ein Brustspezialist? Da sitze ich im Herzen des dänischen Gesundheitssystems einer der bekanntesten Spezialistinnen gegenüber, und sie bieten mir an, dass sie meine Brüste abtasten und mich wie in alten Zeiten durchleuchten lassen? Ich lebe im genetischen Zeitalter, ich will molekulare Einsichten in meine Situation, Informationen auf der Höhe der Zeit. Es mag ja sein, dass sie nicht drei Generationen meiner Familie überblicken können, aber deswegen können sie doch nicht ausschließen, dass eine BRCA-Mutation bei meiner Großmutter oder sogar bei meiner Mutter aufgetreten ist. Die könnte ich doch geerbt haben.
    Die erfahrene Dr. Kjergaard hat diese Art von Rebellion vermutlich schon früher erlebt, denn sie bleibt ruhig.
    »Wenn Ihre Mutter noch leben würde, hätten wir angeboten, zuerst bei ihr einen BRCA-Test durchzuführen, und falls sie Mutationen haben sollte, dann auch bei Ihnen. Wir machen dieses Angebot normalerweise nur, wenn eine Erkrankte noch lebt, um festzustellen, um welche Mutation es sich handelt. Da wir nicht sicher sein können, ob es überhaupt einen dominanten erblichen Faktor in Ihrer Familie gibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei Ihnen eine BRCA-Mutation finden, nicht sehr groß. In den Fällen, in denen wir typischerweise Mutationen finden, sieht die Familiengeschichte anders aus.«
    Ich bin weder beruhigt noch überzeugt. Warum sequenzieren sie nicht einfach beide Gene bei mir – BRCA1 und BRCA2 – und vergleichen sie, Base für Base, mit bereits bekannten Mutationen, die in den Datenbanken gespeichert sind? Schließlich reden wir nicht darüber, Atome zu spalten, sondern es geht nur darum, ein bisschen DNA in eine Sequenziermaschine zu stecken und das Ergebnis von einem Computer ausdrucken zu lassen.
    Ich bin vorbereitet hergekommen. Auf der Homepage von Myriad Genetics heißt es, dass die Wissenschaftler in Fällen wie meinem, in dem noch keine Informationen über bestimmte genetische Varianten vorliegen, das Genom komplett sequenzieren und die Gene mit einer Referenzsequenz für BRCA1 und BRCA2 vergleichen. Wenn sie Abweichungen von der Norm finden, können sie in Datenbanken nachprüfen, ob ihre Ergebnisse schon einmal beschrieben wurden und ob es danach aussieht, dass die Abweichungen das Krebsrisiko erhöhen. Gleichzeitig können sie nach Mutationen suchen, die man als schädlich erachtet, weil sie verhindern, dass das BRCA-Gen ein bestimmtes Protein produziert. Das Gesundheitssystem sollte dazu auch in der Lage sein, denke ich und lege den Ausdruck vor meine Beraterin auf den Tisch.
    Sie wirkt ein bisschen nervös und stößt mit einem Finger darauf. Bevor sie meine Frage beantwortet, atmet sie tief durch. »Nach unserer Auffassung geht so etwas nur mit Beratung. Die Leute können solche Sachen nicht allein interpretieren«, insistiert sie. »Technisch ist es für uns einfach zu tun, was Sie da verlangen, aber das Problem

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