Mein zauberhafter Ritter
sich dazu noch nicht äußern, und zwar ihr zuliebe. Cinderella war unten im Gemach beim Abendessen und oben in seinem Schlafzimmer gewesen. Sie hätte ihn wirklich überall verlieren oder absichtlich verstecken können. Im Schrank zum Beispiel. Er war nicht sicher, ob sein Mut ausreichte, um dieses heillose Durcheinander zu sichten, und das noch dazu auf der Suche nach einem Gegenstand, der etwa so groß war wie sein Daumen.
Er ging an Pippa vorbei, um ein neues Gewand aus seiner Truhe zu holen. Nachdem er den Deckel zugeklappt hatte, wandte er sich um und zögerte. »Pippa, seid Ihr ...«
»Nicht«, stieß sie hervor und reckte das Kinn. »Fragt nicht. Mit mir ist alles in Ordnung. Und falls dieser Kerl mir noch einmal zu nahe kommen sollte, wird es ihm sehr, sehr leidtun.« Sie nahm die Tunika entgegen und drückte sie an sich. »Dann kann ich für nichts garantieren.«
Montgomery schwor sich, dass Boydin nie wieder Gelegenheit erhalten sollte, Pippa auch nur einen schiefen Blick zuzuwerfen. Er griff nach ihrer Hand und führte sie aus seinem Schlafgemach. Auf dem Weg die Treppe hinunter und in den großen Saal brachte er es nicht über sich, die Hand wieder loszulassen.
Gunnild steuerte drohend auf ihn zu, offenbar in der Absicht, ihn wegen seines groben Umgangs mit Boydin zurechtzuweisen, doch Montgomery unterbrach sie mit einer Handbewegung, bevor sie zu ihrer Hasstirade ansetzen konnte.
»Dein Sohn hat in meinem Haus einen Gast angegriffen«, verkündete er streng. »Du solltest den Jungen besser im Zaum halten, wenn du nicht seiner Beerdigung beiwohnen willst.«
»Du vergisst dich, Bastard!«, schleuderte Gunnild ihm entgegen. »Was bildest du dir eigentlich ein, aus Artane hierher zu kommen und mir meine Burg wegzunehmen?«
»Ich bin kein Bastard, was meine Eltern beide bezeugen können«, entgegnete Montgomery gelassen, »und das hier ist nicht deine Burg, so leid es mir auch tut, dich immer wieder daran erinnern zu müssen. Mein Vater war bereit, dich mit einer beträchtlichen Summe abzufinden, aber du hast abgelehnt. Er hat dir freie Wahl zwischen zwei seiner sehr standesgemäßen Anwesen angeboten, was du ebenfalls abgelehnt hast. Da es nun mir obliegt, dich angemessen unterzubringen, schlage ich dir vor, dass du dich zwischen dem Anwesen deines Sohnes Arnulf und dem Kloster in Seakirk entscheidest.«
»Niemals!«, zischte Gunnild.
Montgomery zuckte die Achseln. »Selbstverständlich bin ich offen für weitere Möglichkeiten, falls du das wünschst. Doch eines ist klar, meine Liebe: Weder du noch deine Kinder wer-den bei Anbruch des Winters noch unter diesem Dach wohnen. Nicht nach dem heutigen Zwischenfall.«
Wenn sie es gewagt hätte, hätte sie ihm ein Messer ins Herz gestoßen, so viel stand für ihn fest. Stattdessen warf sie Pippa einen hasserfüllten Blick zu, wirbelte herum und schob Ada in Richtung Treppe.
Montgomery wandte sich mit einer leichten Verbeugung zu Pippa um. »Mein Gemach, Mylady?«
»Im Moment halte ich es nicht für ratsam, Euch zu widersprechen«, antwortete sie erschaudernd.
»Das werdet Ihr in Zukunft ohnehin unterlassen.«
Pippa drückte seine Hand. »Ihr seid ziemlich herrschsüchtig.«
»Mehr als Ihr ahnt.«
Sie lächelte ihm rasch zu und trat dann ins Gemach. Montgomery hatte Fitzpiers’ Sohn — einen mageren zwölfjährigen Jungen namens Maurice, der offenbar gut mit einem Messer umgehen konnte und gefährliche Missionen liebte - losgeschickt, um Nadel und Faden zu holen. Nun drehte er Phillip herum und wandte Pippa ebenfalls den Rücken zu, während sie seine andere Tunika anlegte. Dann nahm er die abgelegte entgegen, machte es sich vor dem Feuer bequem und ließ sich von Maurice das Gewünschte reichen. Ohne Pippa anzusehen, fädelte er den Faden in die Nadel ein.
»Hat er den Stoff mit dem Messer zerschnitten?«, erkundigte er sich beiläufig.
»Nein.«
»Dann darf er noch einen Tag leben.« Stirnrunzelnd hielt Montgomery das Kleidungsstück hoch und überlegte, wo er am besten anfangen sollte. Kurz spielte er mit dem Gedanken, Boydin zuerst ein paar mahnende Worte in den Körper zu schnitzen, aber das erschien ihm dann doch als übertrieben rachsüchtig.
»Wisst Ihr«, meinte Pippa. »Ich könnte das auch nähen. Schließlich ist es mein Beruf.«
Er warf ihr einen Blick zu, ehe er sich an die Arbeit machte.
»Ich habe geschworen, Euch zu beschützen. Da mir das heute nicht gelungen ist, gestattet mir, dass ich Euch wenigstens vor einer
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