Mein zauberhafter Ritter
durch Tess’ Speisekammer zu futtern. Und am meisten erboste sie, dass sie nicht etwa Lust hatte, ihn zu verhauen. Nein, sie hatte eher das Bedürfnis, sich in einer ruhigen Ecke zu verkriechen und sich so richtig die Augen auszuheulen.
Montgomery wandte sich an Peaches. »Bitte entschuldige uns, Schwester, wir unternehmen einen Spaziergang. Ich verspreche dir, alles, was du so wundervoll vorbereitet hast, später zu trinken und jeden Tropfen zu genießen.«
Peaches, die Feng-Shui-Liebhaberin, lächelte bei diesem Kompliment erfreut, aber Pippa ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie steckte die Hände in die Hosentaschen, wo sie am sichersten verstaut waren, und folgte Montgomery, den Fuß ein wenig heftiger als sonst aufsetzend, aus der Küche, ohne darauf zu achten, dass er ihr den Arm hinhielt. Eine Weile schlenderte er auf dem Hof hin und her und sah sich einfach nur um, als wolle er sich alles genau einprägen.
Pippa hatte beinahe Mitleid mit ihm. Sein Sedgwick war so heruntergekommen, dass es sicher eine Qual für ihn war, die Burg in ihrer ganzen Pracht des 21. Jahrhunderts zu erleben -mit fließendem Wasser, Spülklosetts und Ställen, die offenbar von einem Mann mit viel Geld und Liebe zu Vierbeinern erbaut worden waren. Offenbar teilte Montgomery diese Einstellung, denn er schlenderte mit ihr hinüber und den Mittelgang entlang, wo er an einer leeren Box stehen blieb und die Unterarme darauf stützte.
»Wir könnten jetzt nach Artane aufbrechen«, meinte er schließlich. »Wenn ich mir Stephens Automobil ausleihe.«
»Vermutlich nur über seine Leiche.«
Montgomery lächelte ihr kurz zu. »Ja, das hat er vorhin auch geantwortet, als ich es ihm vorgeschlagen habe.«
Sie holte tief Luft und platzte dann mit dem heraus, was ihr wirklich auf der Zunge lag. »Ich schaffe das nicht.«
»Was?«
»Das hier«, erwiderte sie und wedelte hilflos mit der Hand zwischen ihnen beiden hin und her.
Er runzelte verständnislos die Stirn. »Was meinst du?«
Konnte ein Mensch wirklich so begriffsstutzig sein? Eigentlich hatte Pippa das nicht gedacht, doch manchmal hatte sie ja auch ihre Zweifel, was sie selbst betraf. »Ich schaffe es nicht, so zu tun, als ob wir nur Freunde wären«, stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Und ich kann auch nicht so tun, als würde es deine dämliche Verlobte nicht geben und als würde es mir nicht total gegen den Strich gehen, dass du eine andere heiraten wirst.«
Ha, nun war es heraus. Sollte er doch damit machen, was er wollte, zumindest lagen die Karten jetzt auf dem Tisch. So strategisch unklug und unvernünftig es auch gewesen sein mochte, wusste er, was gespielt wurde, konnte darüber nachdenken und würde hoffentlich der Ungewissheit ein Ende bereiten, die sie nicht nur um den Verstand brachte, sondern ihr auch immer mehr das Herz brach. Und das Verrückteste daran war, wie schrecklich sie sich in ihn verliebt hatte. Es war der schlimmste Fall von unerwiderter Schwärmerei, den sie je ...
»Ich lüge nie.«
Es dauerte einen Moment, bis seine Worte in ihrem armen, überfrachteten Hirn angekommen waren, und sie starrte ihn verwundert an. »Was hast du gerade gesagt?«
»Ich lüge nie«, wiederholte er. »Niemals.«
»Und was, um alles in der Welt, hat das mit unserer Situation zu tun?«, fragte sie verdattert.
Er zuckte die Achseln. »Ich dachte nur, es könnte dich interessieren.«
Nun, warum auch nicht? Sie hatte ihm reinen Wein eingeschenkt - und er wechselte einfach das Thema. Mit einer Handbewegung forderte sie ihn zum Weitersprechen auf, denn wenn sie jetzt den Mund aufgemacht hätte, hätte sie ihm vermutlich eine Szene hingelegt.
»Ich bin«, fuhr er fort, »in der Tat stolz darauf, dass ich niemals die Unwahrheit sage, und meine Mutter war stets sehr froh darüber. Doch an jenem Abend, als deine Schwester versucht hat, mich in diese Farce einer Ehe zu drängen, habe ich gelogen.«
Sie war nicht sicher, ob sie den Rest hören wollte.
»Ich bin nicht verlobt.«
Im ersten Moment verstand sie nicht ganz. Und als sie es endlich doch tat, blieb ihr der Mund offen stehen.
»Was?«
Er drehte sich um und lehnte die Hüfte an die Tür der Box. »Ich bin nicht verlobt.«
»Warum hast du es dann behauptet?«
»Weil ich, abgesehen davon, dass ich nicht den Wunsch hatte, deine Schwester zu heiraten, eine andere liebe.«
Pippa wusste nicht, was schlimmer war - die vorgetäuschte Verlobung oder dass sie so viele Tage damit vergeudet hatte, auf ein
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