Mein zauberhafter Ritter
Ungetüm eine Straße entlang zu lenken.
»Offenbar hast du rasch Ersatz für mich gefunden«, stellte sie grinsend fest.
»Nur, bis wir wieder im Schloss sind. Dann wirst du die Beine in die Hand nehmen müssen, um mir zu entrinnen.«
Sie lachte auf und verfiel dann in Schweigen. Als Montgomery sie nach einer Weile ansah, beobachtete sie ihn nur liebevoll und schien sich nicht zu fürchten.
»Hast du Angst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Du beschützt mich schon.«
»Es gibt in der Nähe der Straße keine Bäume.«
»Nun, ich wollte dich nicht so direkt daraufhinweisen«, gab sie zu. »Aber du hast recht.«
Er gab Gas, wendete und fuhr noch eine Weile hin und her, bis er die tatsächlich sehr gerade Straße zwanzigmal hinter sich gebracht hatte. Dann stoppte er den Wagen und sah Pippa an.
»Darf ich jetzt einmal ganz schnell fahren?«
»Nein«, erwiderte sie, wie aus der Pistole geschossen. »Sorg nur dafür, dass wir wohlbehalten durch die Stadt kommen. Laut Stephen ist gleich neben dem Schloss ein Parkplatz. Dann müssen wir der Dame an der Kasse sagen, dass wir Gäste von Stephen sind. Sonst verlangt sie Eintrittsgeld von uns.«
»Geld?«, wiederholte er ungläubig. »Um meinem eigenen Zuhause einen Besuch abzustatten?«
»Willkommen in der Zukunft, Liebling.«
Kopfschüttelnd schaute Montgomery sich um, bevor er auf die Straße zurückkehrte.
Die Fahrt durch das Städtchen entpuppte sich als um einiges anspruchsvoller als die Übungsrunden auf der Straße, verlief jedoch ohne Zwischenfälle. Montgomery fand den Parkplatz, stellte Stephens Wagen ab, stellte den Motor ab und wandte sich dann nach links.
Ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter.
Er stellte fest, dass auch Pippa mit weit aufgerissenen Augen auf das Schloss starrte. Also war er offenbar nicht als Einziger von diesem Anblick überwältigt.
»Hier bist du aufgewachsen?«, stieß sie hervor.
Es gelang ihm sogar zu lächeln. »Ja. Beeindruckend, findest du nicht?«
»Es ist riesengroß.«
Er spähte an ihr vorbei. »Anscheinend hat sich nicht allzu viel verändert.« Er öffnete seinen Sicherheitsgurt und zog den Zündschlüssel ab. »Warte auf mich.«
»Natürlich.«
Als Montgomery ihr einen kurzen Blick zuwarf, erkannte er, dass sie ihn mit einem Ausdruck musterte, den er als Zuneigung zu deuten wagte. Er beugte sich vor, küsste sie rasch, aber mit Nachdruck, machte sich los und stieg aus. Dann steckte er den Schlüssel in die Hosentasche, als seien Hosentaschen und Autoschlüssel eine Selbstverständlichkeit für ihn, und umrundete dann den Wagen, um Pippa hinauszuhelfen, solange er noch klar denken konnte. Im ersten Moment zögerte er, doch als sie die Arme um seine Taille schlang, drehte er sich erleichtert um.
Er drückte sie fest an sich und stellte zu seiner Schande fest, dass er kurz die Augen schließen musste, um den Anblick auszusperren, der sich im bot. Sein Vater war jetzt seit achthundert Jahren tot, und dasselbe galt für alle seine Geschwister, deren Ehepartner und ihre Kinder. Und das war, wie er sich offen eingestand, eine schreckliche Erkenntnis.
»Montgomery?«, fragte Pippa leise. »Möchtest du vielleicht zuerst an den Strand?«
»Nein«, erwiderte er, allerdings ohne die Augen zu öffnen oder Pippa loszulassen. »Mir fehlt nichts. Ich fühle mich einfach nur, als würde ich über die Gräber meiner Eltern gehen. Damit habe ich nicht gerechnet.«
»Du kannst wieder nach Hause«, antwortete sie tröstend. »Da bin ich ganz sicher.«
Das war er eigentlich auch, nur dass dieses Wissen die Gegenwart nicht erträglicher machte. »Ich glaube, es gibt in England mehrere Tore«, sagte er nachdenklich. »Früher war eines davon in der Nähe von Artane.«
Das wunderte sie offenbar nicht. »Ich habe den Verdacht, dass ich schon einmal dort gewesen bin.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich habe damals im Sommer mit meinen Eltern England besucht. Wir hatten einen Stand auf einem kleinen mittelalterlichen Volksfest hier. Ich habe mir den Sonnenuntergang am Strand angeschaut, und als ich mich umdrehte, stand ein Mann im Kettenhemd hinter mir. Er war, wie ich in meiner Voreingenommenheit feststellen muss, der hinreißendste junge Mann, den ich je gesehen hatte.«
Er schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. »Und du warst die bezauberndste Fee, die mir je untergekommen war.«
Ihr blieb der Mund offen stehen. »Du hast mich auch gesehen?«
»Ja. Nun kannst du dir vielleicht meine Überraschung vorstellen,
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