Mein zukünftiger Ex
auszurechnen, wann er wieder zu Hause sein würde. Sein gesellschaftliches Leben hatte in letzter Zeit einen Sturzflug absolviert, weil er ständig am Arbeiten war und sich um Sally-den-quengeligen-Krüppel kümmern und gleichzeitig diese ganze, echt seelenzerstörende Sache mit Jaydena verdauen musste. Vielleicht brauchte er einfach einen freien Abend, ein paar Stunden, in denen er sich sinnlos betrank und mit alten Freunden abhing, Frauen anquatschte, vielleicht sogar endlich mal wieder Sex hatte … Ha, er musste mit der potentiellen Sexpartnerin allerdings in ihre Wohnung, denn wenn er jemand mit in die Radley Road brachte, würden sie mitten in der Nummer von Sally unterbrochen, die gegen die Wand zwischen ihren Zimmern hämmerte und brüllte: »Gabe, ich bin durstig, und mein Bein tut weh, und ich kann nicht aufstehen, bringst du mir bitte ein Glas Wasser?«
O ja, ihr Bein war definitiv eine Qual. Das einzig Gute daran, soweit es Gabe betraf, war der Umstand, dass Sally den ganzen Tag auf dem Sofa lag und ihr übliches Chaos sich auf diesen Bereich beschränkte. Der Rest der Wohnung blieb praktisch unberührt und sah ordentlich aus und …
Mannomann!
Als Gabe um eine Kurve bog, sah er eine Gestalt, die Einkaufstüten in der einen Hand hielt und in der anderen einen Hund an der Leine. Sie kam auf ihn zu. Seine Gehirnwindungen ratterten, als er die übergroße Jacke, die dürren Beine in den hautengen Jeans, die blonden Haare, die fast zur Gänze unter der Kapuze verborgen waren, und den dicken, grauen Schal um ihren Hals analysierte … Mannomann, das war sie wirklich, Savannah Hudson kam direkt auf ihn zu. Das war seine große Chance.
Dann sah sie auf und entdeckte ihn, und die Schauspielerinnenantennen wurden sofort ausgefahren. Der Wind blies ihr die Kapuze aus dem Gesicht, und sie blieb abrupt stehen, wie ein Reh, wenn es das Klicken des Gewehrs in der Hand des Jägers vernimmt. Gabe, der bereits nach der Kamera um seinen Hals griff, wurde klar, dass sie gleich davonlaufen würde, und er rief: »Bitte, darf ich nur ein einziges Foto von Ihnen …?«
Aber der Wind trug seine Worte fort. Savannah zog sich zurück, zerrte den Hund hinter sich her. Der Hund, ein schwarzbrauner Jack Russel, bellte wie wild und sprang auf seine Hinterbeine. Savannah zog härter an der Leine, um ihn unter Kontrolle zu bringen, und ließ dabei beinahe ihre Einkaufstüten fallen. Dann riss ein wilder Windstoß sie aus dem Gleichgewicht, und sie taumelte seitlich gegen die Hecke, die den Grünstreifen begrenzte. Sie stieß einen Schrei aus, als die Hecke unter den Windstößen mit ihren Ästen ausschlug, als würden spitze Finger nach ihr greifen.
»Hören Sie, es tut mir leid«, brüllte Gabe über den tobenden Wind hinweg und ging auf sie zu. »Ich wollte nur …«
Die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er ungläubig zusah, wie die wild schwankenden Äste sich in Savannahs Haar verhakten, es ihr vom Kopf rissen und wie ein begeisterter Mitstreiter im
Supermarket Sweep
herumwirbelten. Savannah Hudson stieß einen gequälten Schrei aus und ließ ihre Einkäufe fallen, während sie versuchte, ihren nackten Schädel vor Gabe zu schützen – klick, klick. Sie ließ die Hundeleine los und fingerte mit der freien Hand – klick, klick – nach der blonden Perücke, die in den dürren Ästen baumelte.
Mein Gott, sie war kahl wie ein Ei. Das war ein echter Knüller, noch sensationeller als seine Tankstellenenthüllung von Tom Dutton und Jessica Lee. Erschocken sprang Gabe zur Seite, als der Hund wild bellend auf ihn zugelaufen kam.
»Pst, ist schon gut, lass das.« Er griff nach unten und packte die Leine des Hundes, bevor noch ein Auto kam und ihn platt walzte. Gemeinsam gingen sie auf die Hecke zu, mit der Savannah Hudson immer noch um ihre Perücke kämpfte. Es war eine Weißdornhecke, und die Dornen waren scharf. Sie hatte Tränen in den Augen und wandte ihr Gesicht ab, als Gabe sich näherte, zuckte zusammen, als ihr die Dornen das Handgelenk aufrissen.
»Lassen Sie mich Ihnen helfen. Es tut mir so leid, so leid. Ich mache das schon«, sagte Gabe. »Halten Sie nur die Leine.«
»Bitte.« Ihre Stimme brach. »Lassen Sie mich allein. Bunty,
aus
.«
Bunty, was für ein Name für den größten Kläffer unter allen Terriern. Das Bellen tat Gabe allmählich in den Ohren weh. Gabe ignorierte die stetig zunehmenden Kratzer an seinen Händen und befreite eine fest verhakte Haarsträhne nach der anderen aus der Gewalt der
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