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Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
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hatte sie irgendetwas an sich, das Frauen feindselig auf sie reagieren ließ. Irgendwann hatte Angie beschlossen, sich einfach nichts daraus zu machen. Männer waren in dem Beruf, den sie zu ergreifen beschlossen hatte, sowieso mächtiger. Und praktischerweise gab es da von ihnen auch viel mehr.
    Dies war jetzt ihr viertes Praktikum, und wann immer sie in eine neue Redaktion kam, veränderte sie sich. Als sie bei einem Stadtmagazin war, hatte sie auf ihre Jugend gesetzt, war viel ausgegangen, hatte sich, was Musik anging, auf den neuesten Stand gebracht, und es so zu einer eigenen kleinen Kolumne gebracht, schlecht bezahlt, aber mit Foto, immerhin. Im Feuilleton einer Sonntagszeitung hatte sie sich für Literatur interessiert, nachdem ihr klar geworden war, dass die Sparte Film, auf die sie spekuliert hatte, personell bereits überbesetzt war. Auf einmal trieb sie sich auf Lesungen herum, bevorzugt auf solchen, auf denen kein Redakteur sich je blicken ließ, setzte in Konferenzen eine Brille auf, die sie eigentlich nicht brauchte, und trug meistens schwarz. Während ihrer drei Monate beim Lokalteil einer großen Wochenzeitung hatte sie dann Theater als ungenügend besetzte Nische erkannt. Sie hatte angefangen, Stanislawski zu lesen, sich eine Orientierung über die laufenden Produktionen verschafft und selbst für obskure Off-Inszenierungen Pressekarten besorgt.
    Seit zwei Wochen war sie beim Kulturteil einer auflagenstarken Tageszeitung, seit zwei Wochen interessierte sie sich für Kunst. Dass ihre Wahl darauf gefallen war, lag daran, dass sie dem dafür zuständigen Redakteur zu gefallen schien. Obwohl er erst Anfang 30 war, hieß er Herrmann, was auf ein freudloses Elternhaus schließen ließ. Seinem Aussehen nach war er Erfolg beim anderen Geschlecht nicht gewohnt, und das waren Angie die liebsten. Sie war begabt darin, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, ihre Therapeutin vermutete, dass das daran lag, dass sie ein Scheidungskind war. Scheidungskinder lernen intuitiv zu erspüren, was dem Vater und was der Mutter gefällt, hatte sie ihr erklärt, es war noch gar nicht so lange her. Und dann hatte die Therapeutin sie mitfühlend angesehen und dieses traurig erworbene Talent zu einem Geschenk fürs Leben erklärt.
    Bisher war Angie zweimal mit Herrmann im Bett gewesen, und zu ihrer Überraschung hatte er sich gar nicht mal so ungeschickt angestellt. Ihrer Traumvorstellung von Sex, die darin bestand, auf einer öffentlichen Toilette von hinten genommen zu werden und vom Mann dabei den Mund zugehalten zu bekommen, kam die Sache zwar nicht unbedingt nahe – beide Male hatten sie es bei g Wokelöschtem Licht in Herrmanns Bett getan, und auch erst beim zweiten Mal und nur ganz zum Schluss von hinten – aber er hatte sich als begabt in Cunnilingus herausgestellt. Schade nur, dass er Raucher war. Das brannte bei ihr immer so.
    Wie bei allem im Leben sah sie auch in der Affäre mit Herrmann Krauße Pros und Contras. Dafür sprach, dass er sie mit immer wichtigeren Terminen betraute und ihr geduldig beim Umschreiben ihrer Texte half. Dagegen, dass er augenscheinlich drauf und dran war, sich in sie zu verlieben. Und das war ein Problem. Denn Angie hatte nicht vor, den Rest ihres Lebens oder auch nur des Praktikums ausschließlich lokale Theaterproduktionen zu rezensieren. Ihr schwebte Größeres vor, Themen von nationaler Reichweite, Essays, vielleicht sogar ein eigenes Buch. Sie hatte sich längst ausgeguckt, wer ihr bei den nächsten Schritten behilflich sein könnte: der Leiter der Kulturredaktion. Nur hatte sich dieser ihren Reizen gegenüber bislang unempfindlich gezeigt, obwohl sie partout nicht verstand, wieso. Selbst wenn sie ihm interessierte Fragen stellte, seine Artikel lobte oder ihn bei einem Text, bei dem sie angeblich nicht weiter wusste, um Hilfe bat – Herr Bartholomé schien in ihr nur eine Praktikantin zu sehen. Und das wurmte sie. Sehr.
    Nachdem sie im Internet entdeckt hatte, dass Bartholomés Ehefrau blond war, ging sie zum Friseur und ließ sich die Haare aufhellen. Nicht so, dass es jemandem aufgefallen wäre, doch sie selbst nahm sich jetzt als Blondine wahr, und das war ja schon mal ein erster Schritt. Als zweite Maßnahme begann sie, ohne BH in die Redaktion zu gehen. Zwar waren ihre Oberteile immer noch formloser und bescheidener als das, was sie privat zum Ausgehen trug, doch wenn sie sich während der Konferenzen, zu denen sie jetzt immer sehr zeitig erschien, um sich einen Platz

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