Meine allererste Scheidung
aber mir war nicht klar, dass ihr ihn so wenig gemocht habt.«
Ihre Mutter schnaubte. Schnaubte! »Nun, wir haben ihn nie gemocht, Liebling, aber du warst, was ihn betraf, vollkommen vernagelt. Und wir wussten niemals wirklich, ob wir im Recht waren oder nicht … Aber wir dachten immer, dass er, nun ja, irgendwie fürchterlich war.«
»Oh. Hm. Gibt es sonst noch jemanden, den ihr nicht mögt und von dem ich wissen sollte? Sarah? Ich? Die Kinder? Wie steht ihr zu ihnen?«
»Siehst du, deshalb haben wir nie etwas gesagt, weil du so loyal bist. Selbst jetzt verteidigst du den dummen alten Kerl noch.«
Dass ihre Mutter Caits künftigen Exmann alt nannte, war ein bisschen stark, doch sie ließ es ihr durchgehen.
»Aber dies hier ist ziemlich heftig – Ehebruch, vermute ich mal. Also können wir sagen, was wir wollen! Hurra, endlich frei«, rief ihr Vater im Hintergrund.
»Also, ihr habt meinen Mann nie gemocht«, bemerkte Caitlin mit gespielter Strenge, während ihr gleichzeitig zum Lachen und zum Weinen zumute war.
Es war traurig und komisch, dass sie so empfanden, vor allem nachdem sie sich solche Sorgen um sie gemacht hatte. Dass sie sie enttäuschen würde. Und dadurch in ihren Augen als Versagerin dastand.
Sie hatte vollkommen falsch gelegen. Sie klinkte sich wieder in das Gespräch ein, bei dem ihre Mutter und ihr Vater sich nach Jahren unterdrückter … Abneigung Luft machten!
»Wir haben ihn gehasst, Liebling! Oh, was für eine herrliche Erleichterung, es endlich auszusprechen. Richtig gehasst. Dieser selbstgefällige, arrogante Blender, der nie etwas anderes getan hat, als zu schnorren und …«
»Moment mal, Mum. Ihr habt ihn gehasst? «
»Oh, er war grässlich «, sagte sie genüsslich.
»Okay, ich hab’s kapiert! Interessiert es euch denn gar nicht, warum wir uns getrennt haben – oder wie die Kinder zurechtkommen – oder …«
»Er ist ein schmutziger Ehebrecher!«, schrie ihr Vater von irgendwo hinter der Theke, wie sie vermutete, während er sich das nächste Glas Champagner eingoss. »Das ist das Beste, das dir passieren konnte. Du hättest ihn nie verlassen. Auf die andere! Endlich ist sie aufgetaucht!«
Caitlin war etwas ungehalten.
»Wie kommt es, dass ihr so allwissend seid? Und warum habt ihr mich eigentlich nicht gewarnt?«, fragte sie, halb mürrisch, halb erleichtert.
» Natürlich hatte er eine Affäre. Er ist sehr gut aussehend, Liebling, und er ist sehr, sehr empfänglich für Schmeichelei. Er wird älter, und du hattest zu viel zu tun, um ihm genug bewundernde Aufmerksamkeit zu schenken. Ich bin überzeugt, dass er sich im Recht fühlt. Warte mal. Sie muss jünger sein als er – und als du –, weil er so grässlich eitel ist und Angst davor hat, alt zu werden.«
»Er hat immer gedacht, er sähe aus wie Harrison Ford! Pah!«, rief ihr Vater.
»Das stimmt, das hat er gedacht. Und dabei ist es dein Vater, der Harrison Ford wirklich ähnelt«, erklärte ihre Mutter selbstgefällig.
»Genau das, was ich gesagt habe! Er dachte immer, er sei so …«, nahm ihr Vater den Faden mit Feuereifer auf.
»Heiß!«, beendete ihre Mutter seinen Satz. Caitlin war entsetzt. Sie zuckte innerlich immer zusammen, wenn ihre Mutter Worte wie heiß benutzte. Sie zuckte häufig zusammen, wenn sie mit ihrer Mutter sprach. Aber dies war eine sehr ungewöhnliche Situation. Nicht einmal Caitlin konnte die Reaktion ihrer Eltern fassen. Ebenso wenig wie ihre eigene Ahnungslosigkeit.
(Hier mögen einige weiterführende Informationen angebracht sein. Caitlins Mutter, Madeleine, war eine sehr schöne Frau, die sich als Freigeist und Bohemien verstand. Was auch zutraf. So sehr, dass die Leute häufig glaubten, sie müsse irgendeine Berühmtheit sein, wenn sie ihr beim Einkaufen begegneten. Sie trug wallende Seidenkleider und behauptete, sie habe noch nie einen synthetischen Stoff an ihre Haut gelassen. Sie bevorzugte leuchtende Farben, die das Licht zurückwarfen und die Energie, mit der sie an diesem Tag arbeitete, speicherten. Sie verfügte über große Erfahrung als Heilerin und hätte den größten Teil ihres Lebens in Sarahs Yogazentrum verbracht, wenn sie in Sydney leben würde. Caitlin war erleichtert, dass das nicht der Fall war, denn Sarah und ihre Mutter kamen beinahe zu gut miteinander aus.
Sie hatte nicht allzu viele Patienten, weil sie auf die Frage der Leute, was sie tat, im Allgemeinen sagte: »Warum fragen Sie mich nicht, wer ich bin?« Die Fragesteller vermuteten im Allgemeinen, dass
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