Meine allererste Scheidung
Schwester, meine Mum und ich. Nur dass ich, wie ihr wisst, abgenommen habe«, fügte sie selbstgefällig hinzu.
Eine Woge der Müdigkeit erfasste Cait, und sie wusste, dass sie vernünftig sein sollte. Wieder mal. »Ich muss nach Hause.«
»Richtig«, bekräftigte Myra. »Aber hört zu, lasst uns das wiederholen. Und bevor alle zustimmend in ihren nicht vorhandenen Bart murmeln, insgeheim aber denken: Es ist doch alles scheiße, und wir werden uns nächstes Jahr irgendwann wiedersehen, lasst uns verabreden, dass wir uns jede Woche regelmäßig an diesem Abend treffen. Okay? Zumindest bis deine Scheidung durch ist. Wir können deine Selbsthilfegruppe sein!«
»Und wir können uns auf dem Laufenden halten, was passiert«, warf Sarah ein. »Ihr wisst doch, was das heißt? Wir haben eine Splittergruppe gebildet. Treffen jeden Mittwochabend. Wir gehören dazu. Und bis du unterschrieben hast, was du an schrecklichen, beschissenen Papieren unterschreiben musst, Cait, wird es diesen Club geben.«
Cait musste schmunzeln. Es erreichte nicht direkt ihren Mund, aber ihre Augen leuchteten. Alle bemerkten es. Besonders der Mann in der Ecke, der ihr zuzwinkerte. Womit das Lächeln endgültig durchbrach und die Bar plötzlich wie vom Licht überflutet schien.
8
»Ich nehme an, Madeleine ist bereits auf dem Weg hierher«, bemerkte Sarah am nächsten Abend beiläufig aus der offenen Küche.
»Ähm«, sagte Caitlin aus ihrer Sofaecke. »Tatsächlich habe ich nicht mit ihr gesprochen.«
»Bitte?« Sarah hielt inne, um sich umzudrehen und sie anzufunkeln. »Du hast nicht einmal mit ihr gesprochen?«
Sean blickte von ihren Hausaufgaben auf. »Du hast deiner eigenen Mutter nicht erzählt, was los ist?«, fragte sie und klang entrüstet.
»Autsch! Kein Grund zu schreien, Sean. Ich werde es ihr erzählen. Ich weiß nur nicht, was ich sagen soll«, fügte Caitlin etwas leiser in Sarahs Richtung hinzu, die sich neben sie gesetzt hatte und sie besorgt ansah.
»Erzähl ihr einfach, dass du und Dad euch getrennt habt. Dann wird sie mit Geschenken durch die Tür stürmen«, schlug Sean feixend vor. – »Ja. Erzähl es ihr bald. Dann kann ich mit ihr darüber reden«, stellte Sarah fest, die nicht nur Caitlins beste Freundin war, sondern wahrscheinlich auch die engste Freundin ihrer Mutter – eine Situation, der Caitlin sich schmerzlich bewusst war.
»Ich dachte irgendwie, du hättest vielleicht bereits mit ihr darüber geredet«, bemerkte Caitlin ein wenig einfältig.
»Das hast du gehofft? Es stimmt schon, ich rede über fast alles mit ihr. Aber darüber … auf keinen Fall«, erwiderte Sarah und schüttelte ihren hübschen Kopf. »Scheidung ist definitiv dein Gebiet.«
»Ja, Mum«, warf Sean mit leicht angespannter Stimme ein.
Caitlin betrachtete ihre älteste Tochter. Sie benahm sich so, als spielten sie alle Charaktere in einer Fernsehsendung, und sie hatte die Rolle des scharfzüngigen Teenagers, der mit allem fertig wurde, was die Welt ihm entgegenschleuderte. Das gefiel Caitlin ganz und gar nicht.
»Also schön«, sagte Caitlin, stand auf und wusch ihre Teetasse im Spülbecken ab. »Ich sage es ihr jetzt.«
»Dürfen wir zuhören?«, fragte Sean frech. »Dann weiß ich, was ich den Kindern in der Schule erzählen kann.«
»Sean!«, warnte Sarah.
»Die Antwort ist Nein. Und wenn Molly von Allie nach Hause kommt, lenk sie einfach ab, okay? Beschäftige sie, bis ich fertig bin«, befahl Caitlin. Sie warf Sean einen ernsten Blick zu, bevor sie das Wohnzimmer verließ, um sich in ihr Arbeitszimmer zurückzuziehen, wo sie relativ ungestört war.
Ihre Mutter anzurufen, um ihr mitzuteilen, dass sie sich von ihrem Ehemann getrennt hatte, sollte nicht so ein Problem sein, dachte Caitlin, während sie leise die Tür hinter sich schloss und sich in einen riesigen, viel zu dick gepolsterten Sessel sinken ließ. Sie wusste, dass sie sich nicht länger vor dem Anruf drücken konnte. Es fiel ihr verdammt schwer, Madeleine – ihrer Mutter – und ihrem Vater ihr Scheitern einzugestehen. Den beiden Menschen, die sie immer so sehr unterstützt hatten und die so froh gewesen waren, ihre Tochter glücklich zu sehen. Der Erfolg ihrer Ehe war ihr immer ebenso sehr als ein Geschenk an ihre Eltern vorgekommen, wie sie es als Errungenschaft für sich selbst betrachtet hatte. Caitlin, für die Scheitern eigentlich ein Fremdwort war, konnte sich des Gefühls nicht erwehren, ihre Eltern im Stich zu lassen und ihnen mit diesem Schmerz nur eine
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