Meine allererste Scheidung
sie eine Berühmtheit war und nicht die umwerfende Heilerin, mit der zu sprechen sie noch vor einer Sekunde geglaubt hatten. Also hatte sie viele verwirrte Anhänger und kaum einen zahlenden Kunden.
Madeleine, die es hasste, Mum genannt zu werden, war einer jener Menschen, die nur einen sehr geringen Unterschied zwischen ihren Auffassungen und der Wahrheit sahen. Tatsächlich glaubte sie nicht an objektive Wahrheiten, was es ihr sehr leicht machte, ihren Mann stets davon zu überzeugen, dass ihre Meinung obsiegen sollte. Sie war keine Tyrannin; tatsächlich war sie eine entzückende Person, unterhaltsam und sehr witzig.
Aber sie schätzte es eindeutig, wenn die Dinge auf eine gewisse Weise erledigt wurden. Und das Scheitern der Ehe ihrer Tochter war eine Gelegenheit, um – mit dem sicheren Blick auf die Vergangenheit – mit ihren hellseherischen Fähigkeiten zu prahlen.)
»Ich wusste es, als wir das letzte Mal unten waren … ich habe ihn beobachtet, wie er da saß, und ich konnte es sehen.«
»In seinen Augen?«, fragte Caitlin sich laut. Sie war sich nicht sicher, was die Fähigkeiten ihrer Mutter betraf – aber Madeleine hatte an dem einen und einzigen Tag, an dem sie und Sarah je die Schule geschwänzt hatten, sofort Bescheid gewusst. Und sie sah gewiss ein wenig unheimlich aus.
»Wie dem auch sei, er treibt es wahrscheinlich mit irgendeinem kleinen Flittchen … und jetzt wirst du dich wahrscheinlich auf eine widerliche Vermögensregelung einlassen müssen …«
Caitlins Magen krampfte sich alarmierend zusammen. »Was? Oh, Mum. Wie schrecklich, so etwas zu sagen. Außerdem ist es ja erst gerade passiert. Damit will ich mich noch gar nicht befassen.«
»Denk an meine Worte. Deine Nan hat dir dieses Haus hinterlassen, aber er tut so, als sei es seins. Ich wusste schon seit Jahren, dass es so kommen würde«, fügte sie unheilschwanger hinzu.
»Was bist du, das Orakel von Delphi? Mum, nein, er ist anständig. Jedenfalls was das betrifft. Und ich habe gesagt, dass ich nicht darüber reden will. Ich habe im Augenblick genug um die Ohren.«
»Er ist nicht anständig, Liebling! Er denkt, er sähe aus wie Harrison Ford! Und ständig über Mel Gibson zu reden …«
»Nun, oh weise Frau, man kann dir eigentlich gar nichts erzählen«, wechselte Caitlin das Thema, die einzig mögliche Art, um den Redefluss ihrer Mutter zu stoppen. »Zum Beispiel, dass die Kinder einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester bekommen.«
»NEIN! Das bist du nicht! « Ihre Mutter klang entsetzt.
»Nein, ich nicht. Aber sie .«
»Oh!« Es klang so, als hätte die Nachricht ihre beiden Eltern mundtot gemacht.
»Dieser Bastard!«, riefen sie wie aus einem Mund. Kein Wunder, dass sie noch immer zusammen waren, ging es Caitlin durch den Kopf.
Jemand ließ den Hörer fallen und offensichtlich fand eine Minikonferenz statt. Cait wartete leicht verärgert, aber von Zuneigung erfüllt. Außerdem hatte sie das unangenehme Gefühl, dass ihre Mutter einen wunden Punkt berührt hatte, den sie selbst im Augenblick einfach nicht genauer beleuchten wollte. Vielleicht musste sie dies doch nicht allein durchstehen, dachte sie. Ihre Eltern waren anstrengend, aber sie waren absolut auf ihrer Seite. In einer Welt voller Merkwürdigkeit waren ihre Zuneigung und Loyalität der Felsen, auf den sie bauen konnte. In ihrem Ohr ertönte ein Klappern, als jemand den Hörer wieder aufnahm.
»Nun, du kannst mir das alles persönlich erzählen!«, erklärte ihre Mutter in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
»Was?« Oh, Mist, dachte Cait. Sie kommt.
»Nun, ich werde natürlich bald unten sein … oh, was für ein Spaß! Wir können eine Therapie machen!«
Caitlins Mutter hatte immer den Wunsch gehegt, »in Therapie zu sein«.
»Wenn, dann wirst du nicht dabei sein, Mum«, bemerkte Caitlin, der angesichts der Schnelligkeit dieser Entwicklung der Kopf schwirrte.
»Scht. Du wirst Unterstützung brauchen! Was bedeutet, dass ich für eine Weile einziehen werde.«
In Madeleines Vorstellung verhielten sich Mütter so. Caitlins Vorstellung war davon geprägt, dass Gott beschloss, den Scherz eine Spur zu weit zu treiben. Sie vermutete, dass ihre Mutter einen Einzug bei ihr für eine entzückende, hilfreiche Geste hielt. Das war es auch. Nur dass ihre Mum tatsächlich einziehen würde.
Caitlin setzte sofort ein falsches Lächeln auf und schickte sich an zu protestieren. Sie wusste nicht, warum … schließlich konnte Madeleine sie ja nicht sehen.
Weitere Kostenlose Bücher