Meine allererste Scheidung
Scheidung impliziert irgendwie Ehe, nicht wahr?
»Ja. Nein. Ich lebe getrennt.«
»Wie viele Jahre?« Auf Autopilot jetzt. Den guten Teil haben wir fast erreicht, ging es ihr durch den Kopf.
»Wir verheiratet waren? Sechzehn Jahre.« Sie überlegte kurz. Ein schmerzhafter Nebel von Erinnerungen lief durch ihren Kopf. Autsch. »Ja.« Sie zuckte zusammen. »Sechzehn.«
»Kinder?«
»Ja«, begann sie, während Wärme und Licht sie durchfluteten. »Zwei. Sechs und vierzehn. Sie sind wunderschön und so witzig und manchmal natürlich absolute Nervensägen, aber sie gehen wirklich gut mit der Situation …«
»Vermögen?«, blaffte Amanda Savage, um diesen faselnden Tagtraum zu unterbrechen. Als würde sie das interessieren.
»Ja. Ein Haus. Ähm, Rentenansprüche.« Caitlin blickte in ihren Schoß und hatte das Gefühl, als sei ihr ein gewaltiger Schnitzer unterlaufen, obwohl sie keine Ahnung hatte, worin dieser bestand.
»Aktien?«
»Nein.«
»Arbeiten Sie?«
Caitlin richtete sich entrüstet auf. Sie spürte, wie Empörung in ihr aufstieg, und machte sich nicht die Mühe, sie zu verbergen. Wer arbeitet nicht, dachte sie. Abgesehen von Max. »Ja, ich arbeite. Obwohl sich mein Job durch die Trennung etwas verändert hat … Lassen Sie mich erklären.«
Amanda Savage interessierte sich wirklich nicht dafür, hörte aber dennoch zu. Dann erfragte sie weitere Einzelheiten und erkundigte sich, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, wie hoch genau ihr Einkommen war und so weiter … bis sie alle Punkte abgehakt hatte. Der Stift flog über Amanda Savages weiße Formulare und füllte Kästchen um Kästchen aus, und das Gesicht der Anwältin wurde immer spitzer und magerer und missbilligender. Es war ja von Anfang an nicht so richtig warmherzig, aber mit jedem Häkchen sank die Temperatur im Raum weiter.
»Wie lange waren Sie noch mal verheiratet?« Amanda musste diese Frage nicht stellen. Ihr war einfach danach zumute, Caitlin zu piesacken. Wenn man die Frage wiederholt, kriegt man sie immer, dachte sie glücklich.
»Ich habe schon – okay, sechzehn Jahre …«
»Und das von der Familie bewohnte Einfamilienhaus ist vollständig bezahlt. Dann ist alles klar«, sagte Amanda Savage vergnügt. »Tatsächlich ist es so klar, dass ich gar nicht weiß, was Sie hier wollen.«
»Können Sie mir dann den Gefallen tun, es mir einfach zu erklären?«, erwiderte Caitlin und kniff die Augen zusammen. Es machte ihr nichts aus, wenn jemand sie darauf hinwies, dass sie etwas nicht wusste. Was ihr nicht gefiel, war diese Art und Weise.
»Das sind fünfzig Prozent«, sagte Amanda Savage mit jenem leichten Anflug von Häme, der andeutet, dass jemand eine Spur sadistisch ist.
Caitlin erwiderte nichts. Sie fühlte nichts. Wenn sie regelmäßig Schocks erlitten hätte, hätte sie deren betäubende Wirkung erkannt. Aber sie hatte keine Ahnung. Und sie fühlte nichts. Gar nichts.
Was es ihr nur umso leichter machte, sich wieder unter ihre Verleugnungsdecke zu kuscheln. Das Ganze war wie ein interessantes soziales Experiment, das einer anderen Person widerfuhr. Sie distanzierte sich noch ein wenig mehr und fragte sich, welche lächerliche Feststellung die von Frostbeulen befallene und melodramatische Amanda Savage als Nächstes machen würde.
»Ich schätze, Sie trachten danach, die Sache außergerichtlich zu regeln? Und wenn nicht, sollten Sie es tun. Die Gerichte werden sehen, was auf dem Papier steht, und Ihnen die Hälfte zusprechen.«
Sie betrachtete ihre Aufzeichnungen, nickte und tippte dann mit ihrem Kuli auf den Notizblock.
»Im Idealfall können Sie das Haus behalten, aber Sie müssen ihn auszahlen.«
»Was? Aber er hat mich verlassen …« Alles reine Theorie, beruhigte Caitlin sich. Er wird das nicht tun.
»Es gibt keine Schuld «, sagte Frostbeule missbilligend. »Es geht lediglich um die Teilung der Güter. Keine Schuld.«
»Warum? Warum betrachten wir nicht die Frage, wie es zu diesen Gütern gekommen ist? Ich meine, er hat keinen verdammten Beitrag geleistet. Dies ist mein Erbe! Meine Güter!«
»Das ist nicht die Einstellung, die das Gericht vertreten wird.« Superwoman zu sein zahlt sich nicht aus – außerdem ruiniert es das Aussehen, dachte Amanda selbstgefällig und verglich ihre eigene perfekte Haut mit den dunklen Ringen unter Caitlins Augen.
»Aber wir gehen nicht einmal vor Gericht. Und er würde so etwas nie tun.«
»Was würde er nie tun?« Amanda Savage klang langsam sehr frustriert. Dachten
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