Meine allererste Scheidung
sie nach Hause treiben.
»Nun, natürlich tut er das, genauso wie ich ihn vermisse«, erwiderte ihre Mutter sanft.
Caitlin unterdrückte ein Schnauben. Ihre Mutter hatte keins der klassischen Anzeichen gezeigt, dass sie irgendjemanden vermisste. Madeleine musste ihre Gedanken gelesen haben.
»Jemanden zu vermissen bedeutet nicht, in sein Nachthemd zu schluchzen und eine Schmollschnute zu ziehen, Cait«, erklärte Madeleine in der Manier einer uralten Weisen. »Es ist nun mal so, ich bin hier, er ist dort. Wir waren seit Jahren kaum voneinander getrennt, und um ganz ehrlich zu sein, diese Zeit ohne ihn hat mir sehr gut getan. Ich vermisse ihn tatsächlich. Aber ich habe eine Auszeit gebraucht.«
Oh nein, dachte Caitlin, voller böser Ahnungen. Sie wird nicht nächste Woche nach Hause fliegen! Vielleicht … nie!
Sie fasste sich sofort und schmiedete einen Plan. Sie musste sich dieser Frage vorsichtig nähern. »Ist er nicht dein erwählter Lebensgefährte?«
»Nun, ja, das ist er, Liebling. Aber selbst erwählte Lebensgefährten können einem ein wenig auf den Geist gehen!«
Zeit für eine andere Taktik, überlegte Caitlin. Deine Stimme muss weich, fürsorglich und beseelt klingen.
»Es ist nicht Dads Schuld, dass Max mich abserviert hat, Mum. Es ist keine Rache an allen Ehemännern.«
»Oh, das funktioniert nicht. Ich bin hier. Versuch mal, mich loszuwerden.«
»Ooh, ich glaube, ich höre die Kinder«, jaulte Sarah auf, sprang vom Bett und flitzte zur Tür.
»Ist das nicht mein Text?« Caitlin lächelte ihre Mutter an. »Nun, du weißt ja. Sie liebt sie.«
»Fehlanzeige …«, sagte Sarah, als sie wieder auftauchte. »Aber sie werden jeden Augenblick zu Hause sein«, fügte sie hinzu und machte ein Gesicht, als sei sie drauf und dran, davonzueilen und Kekse zu backen.
»Also, was ist mit deinem Heim und Herd? Bist du jetzt auch eingezogen oder irgendetwas?«
»Nun«, begann Sarah bedächtig. Sie fühlte sich offensichtlich unbehaglich. Oh-oh. Sie kann mich nicht ansehen, dachte Caitlin. (Sarah pflegte immer Blickkontakt, es sei denn, sie wollte etwas verbergen. Da sie so aufrichtig war, war das nicht gerade ihre Stärke.)
»Darüber wollte ich mit dir reden …«
»Nun, was ist mit deinem Zuhause … Du weißt schon, deinem Leben?«, bemerkte Caitlin leichthin und hoffte, dass sie nicht gleich etwas Dramatisches zu hören bekommen würde. Sie deutete verlegen auf ihre Mutter und ihre beste Freundin. »Ihr könnt nicht beide alles stehen und liegen lassen und hier einziehen. Was ist mit all den Männern, die darauf brennen, mit dir auszugehen, Sarah?«
»Nun, ich wollte dir die ganze Zeit schon etwas erzählen«, erwiderte Sarah.
Mir was erzählen, dachte Caitlin, wappnete sich und schwieg.
Sarah sah sie an und atmete hörbar aus. »Ich habe jemanden kennengelernt.«
Sarah hatte Caitlin nicht erzählt, dass sie sich verliebt hatte. Und sie stand Todesängste aus. Sie hatte das Gefühl, dass Scheidung zwar das jetztzeitliche Equivalent des kleinen Schwarzen der Achtziger oder des extravaganten BHs von Gaultier der Neunziger war (nur erheblich teurer, schwer zu tragen und unbequem), dass es aber schlicht nicht mehr zeitgemäß war, sich zu verlieben. Und dann auch noch in … nun, lassen wir es dabei bewenden, dass es kompliziert war.
»Ich wollte es dir schon seit einer Ewigkeit sagen«, erklärte Sarah später, als sie sich in Caitlins Bett kuschelte. Sie lagen in der Löffelchenstellung und weinten gelegentlich. Nur dass es diesmal Sarah war, die weinte, während Caitlin sie tätschelte und ihren eigenen Groll unterdrückte. Sie fühlte sich verraten. Und das gehörte, wie sie wusste, nicht in eine Freundschaft.
»Warum hast du es mir dann nicht gesagt?«, fragte Caitlin sanft.
Sarah seufzte, und ihr Busen hob und senkte sich dramatisch. »Ich wollte nicht. Ich wusste nicht, wie. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Du stecktest in einer Krise. Als es dann bei dir drunter und drüber ging, war das die perfekte …«
»Ausrede?«, hakte Caitlin nach.
Sarah nickte. Ihre Unterlippe zuckte. »Ausrede, einfach nichts zu sagen. Ich weiß, dass klingt schrecklich, aber es war wie vorherbestimmt. Der beste Grund, damit durchzukommen. Ohne anzuecken. Ich konnte wie eine gute Freundin dastehen, statt … statt …«
»Oh, ich bitte dich. Du bist eine gute Freundin«, tröstete Caitlin. »Du bist ein guter Mensch. Bist es immer gewesen, vom ersten Augenblick an, als ich dich in der Schule
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