Meine allererste Scheidung
von Menschen, die von Spukerscheinungen heimgesucht wurden – Sarah hatte sie für sie aufgetrieben, und sie wollte sie in der Woche darauf filmen – und schon hatte sie ihr Exposé für Kevin.
Wenn alles gut ging. Hoffentlich waren die Frauen, die sie interviewen wollte, einigermaßen vernünftig, begnadete Hellseherinnen und sympathisch. Gutes Aussehen wäre auch kein Nachteil, dachte sie. Und zu vernünftig sollten sie natürlich nicht sein. Denn wenn sie langweilig waren, würde sich das auf die Show auswirken. Sie brauchte Charaktere. Überzeugend, aber trotzdem Menschen wie du und ich, überlegte sie, ohne lächerliche Alltagsdramen und mit beiden Beinen auf dem Boden stehend. Vielleicht jemanden, der auf eine reizende Weise konsequent mit den Menschen umging, die Geister anzogen, fügte sie lächelnd in Gedanken hinzu.
All dies sollte sie von der drohenden Vermittlungssitzung nächste Woche ablenken. Darum waren sie überhaupt alle auf dem Weg zu diesem Wochenende, davon war sie überzeugt. Auf keinen Fall würde sie durch dieses Wochenende kommen, ohne einer eigens für sie anberaumten Strategiebesprechung zu entgehen. Myra würde darauf bestehen, das war sonnenklar, und Madeleine und Sarah würden sie dabei unterstützen. Vielleicht, überlegte sie weiter, sollte sie einfach das ganze Wochenende mit Nadia herumhängen. Die würde sie wenigstens nicht herumkommandieren.
Die im Honda eingezwängte Gruppe war in Schweigen verfallen, einschließlich Madeleine (die eingedöst sein musste, denn nur dann war sie wirklich einmal still). Die Hügel mit den bestellten Feldern, durch die sie wie es schien stundenlang gefahren waren, hatten endlich dicht bewaldeten Bergen Platz gemacht. Auf Sarahs Aufforderung bog Myra abrupt von der geteerten Straße ab und hinein in die Dunkelheit. Die Sonne war noch nicht untergegangen, aber die Bäume berührten sich über der Straße, und kaum ein Sonnenstrahl erreichte die Frauen.
»Dort entlang«, sagte Sarah und zeigte nach rechts. Sie fuhren durch den Wald über eine von Lichterketten beleuchtete Straße.
»Hier ist es«, meinte Sarah und wies Myra den Weg. »Direkt geradeaus.«
Kleine Hütten standen säuberlich nebeneinander am Fuß eines gewellten Hügels; Nebel sammelte sich ringsum im Tal, und aus der Mitte ragte ein kleines Gebäude heraus, während auf der rechten Seite gerade noch eine lang gestreckte Halle sichtbar war. In der Ferne stand auf einem Hang ein Kreis von Bäumen. Vielleicht waren es Moreton-Bay-Feigen, dachte Caitlin und kniff die Augen zusammen, um sie in dem Zwielicht erkennen zu können. In der Mitte des Kreises stand ein kleines, steinernes Haus. Es sah faszinierend aus, wie ein Märchenhaus … das Hexenhaus … dachte sie. Vielleicht ein guter Ort, um zu filmen! – Durch das Tal floss ein Bach, und die Luft roch frisch und süß.
»Wow. Ich bin seit einer Ewigkeit nicht mehr aus der Stadt herausgekommen«, sagte Myra und streckte ihre langen Beine aus. Es machte ihr nichts aus zu fahren, aber das Sitzen trieb sie in den Wahnsinn.
»Ich auch nicht«, meinte Sarah, während sie sich umsah.
»Es ist zauberhaft«, pflichtete Nadia ihnen bei.
(Sie meinten es ernst. Die vier Stadtfrauen, von denen man vielleicht annehmen könnte, sie würden beim Anblick von Gebüsch und Eidechsen und Bienen und hüpfenden grünen Fröschen schreiend davonlaufen, trugen das Erbe von Menschen in sich, die viele Generationen lang auf dem Land gelebt hatten, länger, als diese jungen Frauen und ihre Mütter ihre Füße in enge, hochhackige Schuhe zwängten. Nadia stammte von jugoslawischen Bauern ab. Myras adelige irische Vorfahren hatten die große Hungersnot mit Raubzügen überstanden. Sarahs Ahnen hatten sich der Schafzucht gewidmet, und Caitlin sehnte sich einfach immer mal wieder nach diesem Leben. Zweitausend Jahre ländlicher DNA ließen sich nicht durch eine einzige Generation in der Stadt auslöschen.)
Myra parkte da, wo schon etwa zwanzig andere Autos (darunter überdurchschnittlich viel Kombis und Autos mit einem Aufkleber vom Magic-Happens-Festival ) neben einem baufälligen Schuppen standen. Kängurus hüpften träge aus dem Weg, als die Frauen ausstiegen und ihre Taschen aus dem Kofferraum nahmen. Die letzten Strahlen des Nachmittagslichts fielen durch Bäume, die die Gebäude überragten. Schmetterlinge umflatterten Früchte eines riesigen Feigenbaums.
Es war wirklich schön, auch wenn Nadia doch zusammenzuckte, als ihr bei jedem Schritt
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