Meine beste Feindin
betrieb.
Ich weiß nur, je öfter sie das Wort Freund benutzte, desto klarer wurde mir eines: Sollte eine Frau tatsächlich an einer versöhnlichen Freundschaft ihres Partners mit dessen Ex interessiert sein, würde sie auf gar keinen Fall ihren Hintern am Wochenende quer durch die Stadt bewegen, um mit der besagten Ex darüber zu plaudern. Ehrlich gesagt fiel mir nur eine einzige mögliche Erklärung dafür ein, und die hatte nichts mit Großmut und hehren Beweggründen zu tun. Es hatte vielmehr mit dem zu tun, was ich glaubte, am Abend zuvor in Nates Augen gesehen zu haben. Als ob es da etwas gäbe, was nur wir beide wüssten. Helen musste uns länger beobachtet haben, als ich gedacht hatte. Und was sie da sah, hatte ihr wohl nicht gefallen. Halleluja!
Endlich - endlich! - hatte Helen sich zu weit aus dem Fenster gelehnt.
Ich konnte nicht anders.
Ich genoss die Schadenfreude in vollen Zügen.
Denn eins wusste ich genau über fiese, hinterhältige Frauenspielchen, egal ob es um die Superfrau ging oder nicht: Niemand war derart an der Freundschaft des eigenen Partners mit einer anderen Frau interessiert. Außer natürlich, der Partner hätte bei dieser Frau etwas ganz anderes als Freundschaft im Sinn.
Und diese Schlussfolgerung war Musik in meinen Ohren.
Nate empfand noch etwas für mich!
Nate wollte mich noch immer!
Zumindest genug, um Helen völlig aus dem Konzept zu bringen.
Die Schadenfreude war Balsam für meine Seele. An diesem grauen Novembertag fühlte sie sich nach Sommer an. Ich sonnte mich geradezu darin.
»Ich hoffe wirklich, dass du mich verstehst«, sagte Helen schließlich und sah mich prüfend an. »Ich will doch nur das Beste für alle.«
»Glaub mir«, sagte ich und konnte ein Grinsen nicht länger unterdrücken. »Ich verstehe dich nur zu gut.«
Kapitel 10
Ich hätte die nächsten Tage nur zu gerne damit verbracht, Helens Worte, ihre Mimik und Gestik mit Amy Lee und Georgia immer und immer wieder durchzugehen, aber die Feiertage kamen mir dazwischen.
Thanksgiving rückte näher, und das bedeutete, Georgia schob Dreiundzwanzigeinhalb-Stunden-Schichten im Büro, um ein paar Tage freinehmen zu können, denn die Feiertage musste sie natürlich bei ihrer Mutter verbringen. Sie wollte aber versuchen, wie sie mir verschwörerisch anvertraute, sich zwischendurch davonzustehlen, um Jethro oder Jamie oder wie auch immer er hieß im Park Plaza zu treffen. Ihrem Tonfall nach zu urteilen ging es bei ihnen jetzt schon zur Sache, etwa drei Tage nachdem sie sich kennen gelernt hatten.
Thanksgiving bedeutete auch, dass Amy Lee ihrem üblichen Feiertagskoller anheimfallen würde, ausgelöst durch die schon sprichwörtliche Unfähigkeit ihrer Schwiegermutter, klar und deutlich zu sagen, was sie wollte. Was unausweichlich zur Folge hatte, dass sie es nicht bekam, was dann wiederum zu Tränen und Vorwürfen führte, während Amy Lee nur in Ruhe Truthahn essen wollte. Meine Freundinnen hatten nun wirklich keine Zeit, Helens Besuch bei mir auf irgendwelche Hinweise hin zu durchleuchten, und damit musste ich mich abfinden.
Thanksgiving bedeutete auch, dass ich bis Dezember warten musste - also bis nächste Woche, aber ich hatte den Eindruck, dass es noch ewig dauern würde -, um Nate auf einer der vielen Partys zu sehen, die in der Vorweihnachtszeit so anstanden. Nach allem, was passiert war, konnte er mich schlecht anrufen, also musste ich mich in Geduld üben und die nächste Party abwarten. Dort würden sich die Dinge bestimmt klären, Helen würde einer anderen den Freund abspenstig machen können, und alles wäre wieder gut.
Dienstagnacht schlief ich kaum, weil ich zu meinen Eltern fahren würde und vorher noch die üblichen offiziellen Pressemitteilungen über mein Leben ausarbeiten musste. Es war ja nicht so, dass ich sie anlog - ich hatte nur im Laufe der Jahre gelernt, dass es das Beste war, die Highlights meines Lebens in leicht verdaubare Häppchen zu zerlegen. Je positiver, desto besser. Normalerweise verbrachte ich einen Großteil des Novembers damit, diese informativen Leckerlis vorzubereiten, um sie großzügig zu verteilen, sobald ich zuhause war. Nate, Helen und Henry hatten mich aber gleichermaßen von dieser geistigen Bastelarbeit abgelenkt, so dass ich diesmal in letzter Minute damit anfangen musste.
Um es anders auszudrücken: Ich tat kaum ein Auge zu und versuchte verzweifelt, die Tatsachen zu beeindruckenden Leckerbissen einzudampfen, mit denen ich am Mittagstisch um mich werfen
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