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Meine beste Feindin

Titel: Meine beste Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crane Sonja Hagemann
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vorbeikommen und mir die ganzen Bücher genauer anschauen«, erklärte Henry in einem Tonfall, den ich nicht recht einordnen konnte. Es klang beinahe … ehrfürchtig? Unmöglich.
    »Liest du denn viel?« Ich merkte sofort, dass es etwas zu ungläubig rübergekommen war, und blickte ihn mit großen, unschuldigen Augen an.
    »Ja, schon«, sagte er, als sei ich ganz besonders begriffsstutzig. »Du hast ja meine Bibliothek gesehen. Lass mich raten - du dachtest, die wäre nur zur Deko, oder?«
    »Darüber habe ich mir eigentlich keine Gedanken gemacht«, log ich. Ein wenig überheblich.
    Ein Themenwechsel konnte nicht schaden, besonders da ich geradezu spürte , wie er mich musterte. Ich legte ein Halstuch um und griff nach meinem Mantel.
    »Fertig?«
    »Sicher«, sagte Henry gedehnt, machte aber keine Anstalten aufzustehen.
    Wir blickten uns quer durch mein Miniwohnzimmer an, das mit jeder Sekunde noch kleiner wirkte. Plötzlich hatte ich den Eindruck, dass er nicht einfach so dalag, sondern dass er dort wartete . Seine hellen Augen schienen mich zu durchbohren, und je mehr sie sahen, desto heißer brannten meine Wangen.
    Das war dann natürlich der Moment, als ich merkte, wie gut er aussah, was mir vorher im Dunkeln wohl entgangen war. Die blonden Haare glänzten über dem braunen Mantel, den er offen über einem grauen Pullover und schwarzen Hosen trug. An jenem verhängnisvollen Abend vor einigen Wochen hatte er Jeans und T-Shirt getragen, und sein würziger Geruch hatte mich an Regen erinnert. Ich stellte mir vor, diesen Geruch wieder einzuatmen, und mein Körper schien zu zerfließen. Oder vielleicht lag es auch an dem Waschbrettbauch, von dem ich wusste, dass er dort in Reichweite verborgen lag.
    »Wollen wir?«, fragte ich, aber irgendwas stimmte nicht, und anstatt sauer und kurz angebunden klang es irgendwie atemlos.
    Henry lächelte ein wenig und stand auf. Er sah mich weiter unverwandt an.
    »Wo genau gehen wir eigentlich hin?«, wollte er wissen, aber dann lenkte ihn plötzlich etwas ab. Mein Mund.
    »Ich muss Helen umbringen«, setzte ich an, als er den engen Raum durchquerte, vor mir stand und die Hände zu beiden Seiten im Durchgang abstützte, der in den winzigen Flur führte. Ich fühlte mich beengt. Und völlig gebannt.
    »Warum vergisst du Helen nicht einfach«, schlug Henry vor.
    »Das würde ich ja«, gab ich zurück, und blickte ihn argwöhnisch an. »Aber es ist unumgänglich, dass ich ihr eine verpasse. Am besten mitten ins Gesicht.«
    »Gus, Gus, Gus«, seufzte er. Es klang fast wie eine Melodie.
    »… was denn?
    »Meinst du wirklich, das lasse ich zu?«
    »Als ob du mich aufhalten könntest!«
    »Ich bin größer als du«, betonte er unnötigerweise, denn ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen. »Und außerdem«, flüsterte er, »bin ich der mit dem Auto.«
    Dann wurde plötzlich alles ganz still. Es war, als würde ich ins Straucheln geraten und mich in seinem Blick verlieren.
    Tief in meinem Inneren wusste ich, dass es falsch war. Es war Verrat an Georgia. Und ich wollte doch Nate - Nate war es, nach dem ich mich sehnte. Oder etwa nicht? Selbst wenn er sich auf der Party wie ein Trottel aufgeführt hatte.
    Aber in diesem Augenblick zählte nur noch das wissende Glitzern in Henry Farlands Augen.
    Mir war nicht klar, was ich tun würde, bis ich es plötzlich tat.
    Ich streckte die Hand aus und legte sie auf Henrys Brust, ich spürte seinen Herzschlag und wie sich die Muskeln unter meiner Berührung anspannten. Ich sah, wie er die Augen aufriss und sie dann zusammenkniff, während ich mich bis zu dem Waschbrettbauch vorarbeitete und schließlich die Haut unter seinem Pullover berührte. Ich konnte sowohl fühlen als auch hören, wie er die Luft scharf einsog, aber er hielt noch immer den Posten im Durchgang. Es war, als wäre er dort festgewachsen.
    Ich genoss dieses Bild.
    »Für dieses Lächeln«, sagte er leise, »bräuchtest du eigentlich einen Waffenschein.«
    Ich lächelte noch breiter.
    »Küss mich«, befahl ich plötzlich, denn ich war davon überzeugt, dass er genau das hören wollte. Und ich erst. »Küss mich, und zwar richtig.«
    »Das tu ich doch immer.« Es klang wie eine Vorwarnung.
    »Also?« Ich legte den Kopf zur Seite und sah ihn herausfordernd an.
    Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. Vielleicht hatte er doch Skrupel. Aber das Verlangen war stärker, ohne ein Wort beugte er sich vor, und seine Lippen berührten meine. Er legte den Arm um

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